Gesundheitspolitik

Abgeschlagen

Peter Ditzel

Früher dachte ich immer, eine Schiedsstelle sei dazu da, strittige Fragen zu klären nach bestem Wissen und Gewissen, wobei sich die streitenden Parteien vorher darauf verständigt haben, den Schiedsspruch, wie er auch ausfallen mag, zu akzeptieren. Naiv gedacht, weit gefehlt.

Das Tohuwabohu um den Apothekenabschlag lehrt uns eines Besseren: Schiedsstellen-Entscheidungen sind dazu da, sie nicht zu akzeptieren, sie anzufechten und dann jahrelang darüber zu streiten. Aber wird damit nicht das Wesen einer Schiedsstelle, der Schiedsspruch selbst ad absurdum geführt? Was bei Tarifstreitereien in der Regel funktioniert – dass nämlich die Parteien, wenn sie nicht mehr weiterwissen, einen Unparteiischen als Schlichter holen und seine Entscheidung akzeptieren – ist zwischen Krankenkassen und Apotheken sichtlich nicht machbar.

Was da im Nachhinein alles hin- und hergerechnet wurde, ist unglaublich. Umsatz, Gewinn Personalkosten, Packungszahlen alles konkrete Zahlen, die allerdings von Richtern und Schiedsstellenvorsitzenden, die vielleicht nicht tief genug in der Apothekenmaterie und Betriebswirtschaft stecken, kurios verknüpft werden. Der Apothekenabschlag von 2009 hat das Zeug zur unendlichen Geschichte zu werden, zum Dauerbrenner, jedenfalls solange, bis man bei der obersten juristischen Instanz angelangt ist. Es wird also noch dauern, bis wir endgültig wissen werden, welchen Zwangsrabatt wir den Kassen in 2009 und 2010 gewähren müssen.

Haben Sie sich auch schon mal gefragt, was gewesen wäre, wenn der erste Schiedsspruch pro Krankenkassen ausgegangen wäre und wir Apothekers das Nachsehen gehabt hätten? Hätte der Deutsche Apothekerverband den Spruch akzeptiert oder wäre er nach Kassenart vor Gericht gegangen? Müßig zu fragen, aber spannend.

Was lernen wir aus alledem: Wir sollten aufpassen und darauf drängen, einen Passus wie den mit der Schiedsstelle nicht mehr ins Gesetz zu nehmen oder nur dann, wenn festgelegt ist, dass eine Entscheidung letztlich unantastbar ist und nicht mit juristischen Mitteln darüber gestritten werden kann.

Ähnliches gilt im Übrigen auch für unser Honorar: Auch hier werden wir mit der wachsweichen Formulierung, wie sie derzeit im Gesetz steht, über den Tisch gezogen und müssen um eine längst überfällige und für jede deutlich notwendige Anpassung bitter kämpfen. Wir brauchen eine Dynamisierung des Honorars!


Peter Ditzel



AZ 2011, Nr. 19, S. 1

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