Management

Intensive Kundenbeziehungen als wichtigstes Ziel

Wie man die unterschiedlichen Kunden in der Apotheke betreut

Kundenbeziehung ist nicht gleich Kundenbeziehung. Während es beim "Rezept"-Kunden darauf ankommt, schnell und effektiv den Rezeptwunsch zu erfüllen, ist es bei demjenigen Kunden, der regelmäßig im Frei- und Sichtwahlbereich Luxusartikel im Hochpreissegment ersteht, notwendig, mit aller Kraft eine intensive Wir-Beziehung aufzubauen.
Bei Kunden, die regelmäßig im Frei- und Sichtwahlbereich Luxusartikel im Hochpreissegment erstehen, muss "Service" groß geschrieben werden. Intensive "Wir-Kundenbeziehungen" zahlen sich hier aus.
Foto: AZ/Schelbert

Der Kunde ist König. Trotzdem sollte der Apotheker nicht alle Kunden über einen Service-Kamm scheren. Sicherlich lässt sich ein Kunde, der immer nur sein Rezept einlösen will, zu einem Apothekenbesucher entwickeln, der auch einmal Zusatzkäufe in Erwägung zieht und sich im Frei- und Sichtwahlbereich umschaut. Aber natürlich gibt es auch Apothekenbesucher, die gar nichts anderes wünschen als das Rezept einzulösen. Bei ihnen wäre es sogar kontraproduktiv, eine allzu intensive persönliche Beziehung herzustellen. Es nutzt nur wenig, wenn die PTA ihre Energie und Kraft in die Verbesserung der Beziehung zu denjenigen Kunden investiert, die gar kein oder nur wenig Interesse daran haben.

Wichtig ist, dass der Apotheker und sein Team die jeweiligen Kunden den jeweiligen Gruppen möglichst zweifelsfrei zuordnen können, also wissen, ob es sich um einen "Rezept"-Kunden handelt oder einen Kunden, bei dem sich die intensiv-persönliche Beratung lohnt.

Innovative Kundensegmentierung

Untersuchungen der AchieveGlobal GmbH haben ergeben, dass sich die Qualität von Kundenbeziehungen deutlich erhöhen lässt, wenn Unternehmen – und damit auch Apotheken – sowohl die Effektivität der Organisation als auch die Effektivität der Führungskräfte und Mitarbeiter in den Fokus rücken. Übertragen auf die Apotheken heißt das: Das Apothekenteam handelt vor allem dann effektiv, wenn es die richtigen Kunden mit den richtigen Produkten und Dienstleistungen versorgt, die von den richtigen Mitarbeitern angeboten werden.

Was bedeutet das? Das Apothekenteam muss analysieren, bei welchen Kunden Beratungspower derart eingesetzt werden sollte, dass ein Beziehungsprozess in Gang gesetzt wird, der für den Kunden relevant ist und für ihn einen wahrnehmbaren Nutzen hat.

Die Nutzenerwartungen der Kunden sind natürlich höchst unterschiedlich: Während der eine Kunde mit gegebenen Mitteln einen höchstmöglichen Effekt erzielen oder ein angestrebtes Ziel mit aus seiner Sicht minimalen Einsatz erreichen möchte, wünscht der andere einen individualisierten Topservice. Dem dritten schließlich geht es darum, von einem bestimmten, weil sehr sympathischen Mitarbeiter beraten zu werden. Der vierte Apothekenkunde will all dies zugleich.

Aus der Sicht des Apothekers ergibt sich daraus die folgende Kundensegmentierung, deren Begrifflichkeit auf die Untersuchungen der AchieveGlobal zurückgeht:

  • Produktbasierte Beziehungen, bei denen die Kunden die Apotheke lediglich als Mittel zum Zweck betrachten, nämlich zum Erwerb des gewünschten Produkts. Solange es dem Apothekenteam gelingt, dem Kunden ein "unschlagbares" Angebot zu unterbreiten, ist der produktorientierte Kunde äußerst loyal.

  • Komfortbasierte Beziehungen zeichnen sich dadurch aus, dass sich das Kaufmotiv aus einer unkomplizierten Transaktion ableitet. Der Kunde sieht seinen Nutzen vor allem darin, einen spezifischen Service zu erhalten.

  • Personenbasierte Beziehungen, bei denen sich der Kunde mit einem bestimmten Mitarbeiter oder dem Apotheker selbst besonders eng verbunden fühlt – Mitarbeiter und Kunde schwimmen auf einer Wellenlänge, man vertraut sich fast bedingungslos.

  • Intensive Wir-Beziehungen sind geprägt durch ein wechselseitiges Vertrauensverhältnis, bei dem "alles zusammenpasst". Dies schlägt sich in Kundenäußerungen nieder wie: "Ich gehe jetzt schon jahrelang in diese Apotheke, die haben mir immer geholfen, sogar dann, als es galt, meine Interessen gegen die eines Arztes durchzusetzen." Oft ist dem Kunden bei Fragen der Gesundheit der Rat des Apothekers wichtiger als der ärztliche Rat.

Tolle Produkte, nützlicher Service, gute Beziehungen

Aufgabe des Apothekers ist es, die Bestandskunden in diesem Viereck zu positionieren und kundenindividuelle Maßnahmen zu beschließen. Bei den produktorientierten Kunden warten Apotheker und Mitarbeiter mit detaillierten Produktkenntnissen auf, damit sie sie jederzeit im Frei- und Sichtwahlbereich mit "Zahlen-Daten-Fakten"-Argumenten überzeugen können.

Das Wort "Service" muss beim komfortinteressierten Kunden groß geschrieben werden – der Apotheker sollte die Serviceorientierung in seiner Apotheke überprüfen. Der komfortorientierte Kunde belohnt es, wenn er von Zuhause aus etwas bestellen und sich das Produkt ins Haus liefern lassen kann.

Zudem sollte der Apotheker im Bereich der personenbasierten Beziehungen "Kunden-Mitarbeiter-Teams" aufstellen und prüfen, ob ein Mitarbeiter eine besonders enge und individuelle Beziehung zu einem wichtigen Kunden aufgebaut hat.

Eine zielführende Fragestellung lautet: Für welche Kunden ist bei einem Abschluss weniger der materielle Aspekt relevant, sondern eher die Festigung des persönlichen Vertrauensverhältnisses zum Mitarbeiter?

Intensive Wir-Beziehung als Hauptziel

Die Königsfrage ist natürlich: Wie lassen sich intensive Wir-Kundenbeziehungen herstellen, bei denen Apotheker, Mitarbeiter und Kunde es als vorteilhaft ansehen, eine langfristige Partnerschaft oder gar "Freundschaft" einzugehen?

Die Quadratur des Kreise gelingt, wenn der Apotheker Effektivität auf allen Ebenen anstrebt, mithin seine Produkte und Serviceaktivitäten, seine Strategie, Abläufe und Prozesse sowie außerdem die Kompetenzen und die Einstellung seiner Mitarbeiter so ausrichtet, dass eine optimale Kundenbetreuung möglich ist. Jeder potenzielle Stolperstein, der diese Effektivitätssteigerung ausschließt oder behindert, muss beseitigt werden, sodass die vom Apotheker angestoßenen Beziehungsprozesse gefördert werden.

Der Aufbau derartiger Beziehungen verlangt den vollen Einsatz und kann kostspielig ausfallen. Er ist also mit einem gewissen Risiko behaftet. Andererseits: Jede intensive Wir-Beziehung verschafft der Apotheke einen begeisterten Kunden, der ständig Weiterempfehlungen ausspricht und sich zum "Werbechef" entwickelt.

Beim Aufbau intensiver Wir-Beziehungen arbeitet das Apothekenteam unter verschärften Bedingungen: Ob Beziehungsmanagement, Vertrauensaufbau, Gesprächsführung, Einwandbehandlung, Nachbetreuung – überall muss es noch besser sein als in den anderen Kundenkontakten. Permanente Höchstleistungen sind gefragt, schließlich muss das Team eine Antwort auf die Frage des Kunden finden: "Warum soll ich immer wieder diese Apotheke aufsuchen – und keine andere?"

Der Kunde muss spüren, dass das Team sich nichts sehnlicher wünscht, als IHN, und nur IHN, als Kunden zu gewinnen. Dieses Verlangen sollte in jeder der Aktivitäten des Teams zum Ausdruck kommen..


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater



AZ 2011, Nr. 16/17, S. 6

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