Gesundheitspolitik

Mehr Direktbezug

STUTTGART (diz). Da sich die Großhandelskonditionen seit dem Inkrafttreten des AMNOG deutlich verschlechtert haben, bestellen die Apotheken wieder mehr im Direktbezug. Dies ergab eine Online-Umfrage unter Apothekerinnen und Apothekern, die Fritz Becker, Präsident des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg (LAV), am 30. März der Öffentlichkeit vorstellte.

Die Umfrage des LAV unter seinen Mitgliedern zu den Auswirkungen des AMNOG zeigt, wie auf das Gesetz reagiert wird und mit welchen Reaktionen in den Apotheken in den nächsten Monaten noch zu rechnen ist. Die Mehrheit der Befragten erwartet starke Umsatz- (58,8%) und Ertragsrückgänge (95,6%).

Treue zum Großhändler unverändert groß

Deutlich wurde in der Umfrage, die im Zeitraum von Mitte Februar bis Mitte März 2011 durchgeführt wurde, dass sich nahezu für alle Apotheken die Bezugskonditionen beim Großhandel im Vergleich zum letzten Jahr leicht oder deutlich verschlechtert haben (97%). Die Apotheken sind mehrheitlich (94,9%) der Auffassung, dass die Vorlieferanten die ihnen durch die Reform zugedachte finanzielle Belastung zu deutlichen Teilen oder gänzlich an sie durchreichen. Die Reaktion der Apotheken als Folge auf die verschlechterten Konditionen: Sie bestellen mehr im Direktbezug (60,6%) und weniger über den Großhandel. Dennoch, die Treue zu den bisherigen Großhändlern ist groß: Nur 12,3% haben sich von ihrem bisherigen Großhändler getrennt, 29,3% denken darüber nach. Mehr als die Hälfte will ihren Großhändler trotzt schlechterer Konditionen beibehalten.

Zudem erwarten oder beobachten bereits die Apotheken, die an der Umfrage teilgenommen haben, dass ein Mehr an bürokratischem Aufwand auf sie zukommt.

Personalabbau geplant

Wie Becker andeutete, wird das AMNOG auch für die Patienten nicht ohne Konsequenzen bleiben. Da die Apotheken auch Maßnahmen im Personalbereich planen (mehr Teil- statt Vollzeit und Entlassungen), dürfte weniger Personal auf Sicht längere Wartezeiten in den Apotheken bedeuten.

"Meine schlimmsten Befürchtungen haben sich bestätigt", so Fritz Becker, "das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) fordert von den Apotheken nicht nur einen Sparbeitrag, es geht vielmehr an unsere Existenzgrundlage!" Über ein Viertel aller Apothekenleiterinnen und -leiter, die sich an der Umfrage beteiligten, beabsichtigen, Personal zu reduzieren. 58% davon erwägen hierbei die Reduzierung von Vollzeitkräften auf Teilzeit, der restliche Teil (42%) geht von einem notwendigen Stellenabbau (Entlassungen) aus.

Noch drastischer sieht es im PTA-Bereich aus. Hier planen 42,9% der Befragten Personalmaßnahmen, davon wiederum 39,8% eine Reduzierung auf Teilzeitstellen.

Ähnlich stellt sich die Situation bei den PKA-Arbeitsplätzen dar. Hier sind Personalmaßnahmen in 36% der Apotheken geplant, davon erwägen 27% eine Reduzierung von Vollzeit- auf Teilzeit und in 73% der Fälle Personalentlassungen.

Somit könnte es schon bald allein in Baden-Württemberg zu einem Stellenabbau von Apothekenpersonal von rund 1000 Stellen kommen.

470 Ausbildungsplätze gefährdet

Selbst im Bereich der Ausbildungsplätze sehen die baden-württembergischen Apothekenleiterinnen und -leiter die Notwendigkeit, das Ausbildungsangebot zu reduzieren oder sie planen es zumindest. In 27,5% der Apotheken könnten PTA-Ausbildungsplätze wegfallen, in 39,5% der Apotheken die Ausbildungsplätze für PKA. Dies entspricht einem Verlust von rund 470 Ausbildungsplätzen.

Bei der Fortbildung allerdings sind die Apotheken zurückhaltend, hier denken nur knapp 20% daran, die Fortbildung ihres Personals zu reduzieren.

Fritz Beckers Fazit: "Das AMNOG muss schnellstens nachgebessert werden. In der aktuellen Fassung wird der apothekerliche Mittelstand als Arbeitgeber und Garant für wohnortnahe, persönliche und verantwortungsvolle Arzneimittelversorgung massiv überlastet."

Ähnliche Umfragen zu den Auswirkungen des AMNOG laufen oder liefen auch in anderen Bundesländern, beispielsweise in Hessen, Bayern und Schleswig-Holstein. Diese Ergebnisse sollen in den nächsten Wochen vorgestellt werden.



AZ 2011, Nr. 14, S. 1

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