Gesundheitspolitik

Apotheken unter Druck

Peter Ditzel

Seine schlimmsten Befürchtungen haben sich bestätigt – so Fritz Becker, Präsident des LAV Baden-Württemberg und Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands, zu den Auswirkungen des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG). Nach den ersten 100 Tagen des AMNOG bestätigt sich in einer Umfrage unter Apothekerinnen und Apothekern, was vorhergesehen wurde: Die Mehrheit der Apotheken stöhnt gewaltig unter der Last dieses knüppelharten Spargesetzes. Und sie greifen zu ersten Maßnahmen, zum Beispiel mehr Direktbezug. Da sich die Großhandelskonditionen verschlechtert haben, erhoffen sie bessere Bedingungen bei den Direktbestellungen. Ob dies sinnvoll ist angesichts der größeren Kapitalbindung und der höheren Handlingskosten, muss jede Apotheke für sich entscheiden.

Nachdenklich muss stimmen, dass zahlreiche Apotheken Maßnahmen im Personalbereich planen: Entlassungen und Rückstufungen von Voll- auf Teilzeitstellen. Der LAV hat einen Abbau von 1000 Stellen allein in Baden-Württemberg prognostiziert. Auch das Ausbildungsplatzangebot steht zur Disposition: Über ein Viertel aller Apotheken wollen ihre PTA- und PKA-Ausbildungsplätze reduzieren. Umfragen in anderen Bundesländern dazu werden in Kürze vorliegen, sie dürften ähnliche Ergebnisse bringen.

Außer durch das AMNOG stehen die Apotheken nach wie vor durch die Rabattverträge immens unter Druck. Die pharmazeutische Beratungsarbeit kommt zu kurz, im Vordergrund steht die Suche nach dem geeigneten Rabattarzneimittel in der richtigen N-Packungsgröße.

Hinzu kommt, dass Apotheken – in Abhängigkeit von neuen Vertragsabschlüssen der Krankenkassen mit Generikaherstellern – etwa alle zwei Jahre ihr Warenlager umkrempeln müssen wie jetzt bei der neuen Rabattrunde der AOK: 1A Pharma, bisher mit von der Partie, soll bei der nächsten Rabattstaffel nicht mehr dabei sein. Die Apotheke, die nicht rechtzeitig reagiert, bleibt auf Ladenhütern sitzen. Apotheken sind zu Erfüllungsgehilfen der Krankenkassen geworden. Und dürfen hierfür noch einen Rabatt von 2,05 Euro an die Kassen abdrücken.

Vor diesem Hintergrund bleibt der laufende Prozess um den Apothekenabschlag spannend. Die Schiedsstelle hat nun festgestellt, dass den Apotheken aufgrund der gestiegenen Packungszahlen ein Mehraufwand entstanden ist, der beim Kassenabschlag berücksichtigt werden müsse. Im Klartext: Der Abschlag von 1,75 sei gerechtfertigt, er müsste sogar auf 1,66 Euro sinken …


Peter Ditzel



AZ 2011, Nr. 14, S. 1

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