Recht

Ärger im Hausflur: Was ist erlaubt?

Die Treppenhäuser sind meistens "kinderfreundlich"

(bü). Grundsätzlich steht das Treppenhaus allen Mietern gleichermaßen zur Verfügung. Das bedeutet nicht, dass dort jeder seinen Krempel abstellen dürfte; gegenseitige Rücksichtnahme ist oberstes Gebot unter Nachbarn. Gebote werden aber nicht immer befolgt. Die neueste Rechtsprechung:

Kinderwagen: Das Landgericht Berlin hat entschieden, dass eine Mieterin ihren Kinderwagen im Hausflur abstellen darf, wenn es keine andere Möglichkeit im Haus gibt, sie im zweiten Stock wohnt und der Aufzug zu eng für den Transport des Kinderwagens ist. Es sei den Mietern in einem solchen Fall nicht zuzumuten, den Wagen die Treppen hoch zu tragen. Auch den "Brandschutz" ließen die Richter nicht gelten, solange "eine konkrete Verletzung der Brandschutzbestimmungen" nicht vorliege. (LG Berlin, 63 S 487/08)

Ebenso kinderfreundlich entschied das Amtsgericht Aachen. Dort hatte eine Mieterin ihren Kinderwagen regelmäßig im Hausflur abgestellt. Die Nachbarn waren der Ansicht, die Frau könne den Kinderwagen auch einige Stufen in ihre Wohnung tragen oder in der Garage abstellen. Nicht so das Gericht. Weil "eine unangemessene Einschränkung der Nachbarn" nicht vorlag und auch der Fluchtweg des Treppenhauses sowie der Weg zu den Briefkästen nicht versperrt worden war, stand es der Mutter bei. Das gelte auch dann, wenn die Wohnung nur fünf Stufen "höher" liege, die Mutter aber per ärztlichem Attest ein Rückenleiden nachweise. Auch die ihr zur Verfügung stehende Garage sei nicht geeignet, um den Kinderwagen zu parken – sie diene nur dem Abstellen von Kraftfahrzeugen. (AmG Aachen, 84 C 512/07)


Kamera: Ein Vermieter hat nicht das Recht, eine Kamera zur Überwachung des Eingangsbereichs seines Hauses zu installieren, durch die jeder aufgenommen wird, der das Gebäude betritt und verlässt. Das gelte auch dann, so das Amtsgericht München, wenn in der Vergangenheit Fahrräder vor dem Anwesen gestohlen und der Eingangsbereich sowie die Tür mit Farbe besprüht worden sind. Kamen die Zwischenfälle bisher nur jeweils einmal vor und ist die Kamera so ausgerichtet, dass sie den Außenbereich gar nicht erfasst, so wiegt das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mieter schwerer. Denn sie haben ein Recht darauf, nicht kontrolliert und durch Dritte überwacht zu werden. (AmG München, 423 C 34037/08)


Deko: "Dekoriert" eine Mieterin eines Mehrfamilienhauses den Hausflur, indem sie etliche Dekorationsgegenstände aufhängt, Lampen abmontiert und durch eigene schmückende Leuchtkörper nach ihrem Geschmack ersetzt, und bringt sie ferner zwei Deko-Türfüllungen an, so geht das über den "vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache" hinaus. Die Frau nehme ihren Mitmietern die Möglichkeit, sich an der Verschönerung des Gemeinschaftsbereichs beteiligen zu können. Sie müsse die Dekorationsartikel (zu denen auch eine antike, türkisfarbene Nähmaschine gehörte) wieder entfernen. (AmG Münster, 38 C 1858/08)


Rollatoren: Regelt die Hausordnung, dass "Fahrräder u. ä. nicht und Kinderwagen übergangsweise im Hausflur abgestellt werden können", so ist das – an sich nicht zu beanstandende – Abstellverbot für die Fahrräder nicht auch auf Rollatoren (= Gehhilfen oder Stützapparate für Alte und Kranke) übertragbar. Das Benutzungsrecht des Treppenhauses muss allerdings "in gemeinschaftsverträglicher Weise" umgesetzt werden, so dass Personen, die unsicher auf den Beinen sind, ihre Gehhilfen (die ihnen Bewegungsfreiheit und damit mehr Lebensqualität geben) zusammengeklappt im Hausflur stehen lassen dürfen – vorausgesetzt, Mitbewohner werden nicht unzumutbar beeinträchtigt. (LG Hannover, 20 S 39/05)


Garderobe: Bringt die Eigentümerin einer Erdgeschosswohnung vor ihrer Tür eine Garderobe im Hausflur an, so muss sie ihre Kleiderablage wieder demontieren, wenn nicht alle Eigentümer der "baulichen Veränderung" zugestimmt haben. Die Erdgeschossbewohnerin hat ohne Absprache mit den Nachbarn für einen Teil des gemeinschaftlichen Treppenhauses ein Sondernutzungsrecht für sich in Anspruch genommen. (OLG München, 34 Wx 160/05)


Schuhe: Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass Treppenhäuser und Flure zwar zur Mietsache gehören, so dass ein Mieter sie mitbenutzen darf. Das gilt aber nur so lange, wie er Mitbewohner damit nicht unangemessen beeinträchtigt. So dürften Fußabtreter vor der Tür liegen und bei schlechtem Wetter auch Schuhe dort vorübergehend abgestellt werden, meint das Oberlandesgericht Hamm. Dutzende Schuhpaare oder einen Schuhschrank müssten die Mitmieter jedoch nicht hinnehmen. Liegt die Wohnung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft, so kann diese per Beschluss die ausufernde Nutzung untersagen. (OLG Hamm, 15 Wx 198/08)



AZ 2011, Nr. 13, S. 7

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