Gesundheitspolitik

Packungsgrößen sorgen für Ärger

GKV-Spitzenverband: Ziehen mit Apotheken an einem Strang

Berlin (lk). Zur Lösung der aufgetretenen Probleme mit der neuen Packungsgrößenverordnung wollen Deutscher Apotheker Verband (DAV) und gesetzliche Krankenkassen an einem Strang ziehen: Mitte Januar treffen sich DAV und GKV-Spitzenverband zu einem Spitzengespräch. "Wir wollen eine vernünftige Lösung finden und idealerweise mit den Apotheken an einem Strang ziehen", sagte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, zur AZ.

Das Problem sei erkannt. Darin seien sich DAV und GKV-Spitzenverband einig, sagte Lanz. Die Packungsverordnung habe Defizite, die bereinigt werden müssten. Mit dem DAV wolle sich der GKV-Spitzenverband auf ein Verfahren einigen, wie mit Abweichungen von den Normgrößen umgegangen werden könne. Lanz forderte darüber hinaus das Bundesgesundheitsministerium auf, bis zur angekündigten ersten Anpassung der Messzahlen zum 1. März einen grundsätzlichen Lösungsvorschlag zu unterbreiten.

Folgt eine Abmahnschlacht unter den Herstellern?

Die Umstellung der Packungsgrößenverordnung führt aber nicht nur zu Verwirrung in den Apotheken: Einzelne Hersteller, deren Packungen aus den Normgrößen herausgefallen sind, verspüren nach AZ-Informationen bereits nach wenigen Tagen im neuen Jahr deutliche Umsatzeinbußen. Experten rechnen daher mit einer "Abmahnschlacht" gegen Hersteller, die sich mit unkorrekten Angaben gegenüber der Informationsstelle für Arzneispezialitäten (IFA) Wettbewerbsvorteile verschafft haben.

Noch gibt es keine exakten Daten über das Ausmaß des Problems. Aber Indizien deuten darauf hin, dass es sich nicht nur um Einzelfälle wie beim Protonenpumpenhemmer Omeprazol handelt. Laut Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) gab es bereits im Dezember rund 3000 Änderungsanträge zur Packungsgrößenverordnung. Zum 1. Januar habe sich der von den Herstellern angemeldete Änderungsbedarf gegenüber der IFA sprunghaft verdoppelt. Mit Sicherheit könne davon ausgegangen werden, dass es sich dabei zum allergrößten Teil um Fertigarzneimittel außerhalb der neuen Normgrößenspannbreiten N1, N2 und N3 handele.

Korrekte Software wird auf sich warten lassen

Wie viele Hersteller gegenüber der IFA unkorrekte Angaben gemacht haben, ist nicht bekannt. Die IFA prüft nach AZ-Informationen angesichts der aufgetretenen Probleme, alle Hersteller nochmals anzuschreiben und zur korrekten Meldung ihrer Daten aufzufordern. Ob die Apotheken-EDV dann bereits zum 1. Februar fehlerfrei korrigiert sein wird, ist fraglich. Der IFA müssten dazu die Herstellerdaten bis zum 13. Januar vorliegen.

Evident ist das Problem beim Protonenpumpenhemmer Omeprazol. Dort beinhaltete nach BAH-Angaben die gängigste Packungsgröße 15 Tabletten. Nach der neuen N1 Kennzeichnung dürfen N1 Packungen Omeprazol aber nur noch 16 bis 24 Tabletten enthalten. Offenbar haben nicht alle Hersteller ordnungsgemäß ihre N1 Packungen bei der IFA "abgemeldet". Das führt jetzt zu Wettbewerbsverzerrungen. Marktexperten rechnen daher damit, dass es in Kürze zu Abmahnverfahren gegenüber Herstellern kommt, die unkorrekte Angaben gemacht haben.

Hersteller: neues Fehlerkorrekturverfahren

Werden aber unkorrekt gekennzeichnete Packungen, deren Inhaltsmenge tatsächlich jedoch außerhalb der gültigen Spannbreite liegt, abgegeben, könnten den Apotheken im Extremfall Retaxationen drohen. Unklar ist bislang, wie die gesetzlichen Krankenkassen mit diesem Problem umgehen werden. Allerdings weisen die pharmazeutischen Hersteller darauf hin, dass das AMNOG die Verpflichtung der Unternehmer zur vollständigen und zutreffenden Übermittlung der erforderlichen Produktangaben ergänzt hat. Zugleich habe man dem GKV-Spitzenverband und dem DAV die Möglichkeit eingeräumt, fehlerhafte Produktangaben in einem vereinfachten Verfahren selbst zu korrigieren. Diese korrigierten Angaben sind für die Abrechnung der Apotheken gegenüber den Krankenkassen und die Abrechnung der Herstellerzwangsabschläge verbindlich – im Streit müssen sich die Kassen direkt an die Hersteller wenden.

Als relativ wirkungslos entpuppt sich auch die sechsmonatige Übergangsregelung zur Abgabe alter Packungsgrößen. Zwar dürfen auch Packungen mit von den neuen Normgrößen abweichenden Mengen weiterhin abgegeben werden. Aber nur, wenn der verordnende Arzt ausdrücklich die exakte Menge in seiner Verordnung angibt. Dies geschieht aber offenbar nur in seltenen Fällen mit dem Ergebnis, dass diese Alt-Packungen de facto aus dem Markt ausscheiden.



AZ 2011, Nr. 1-2, S. 1

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.