Medizin

Wenn Fettwerte außerhalb der Norm liegen

Hohe Cholesterin- und Triglyceridwerte machen zunächst keine Beschwerden. Sie sind jedoch bedeutende Risikofaktoren für eine Arteriosklerose. Wer diese Werte senken will, muss liebgewonnene Ernährungs- und Lebensgewohnheiten ändern. Je nach Risikokonstellation sind Zielwerte definiert worden. Sie lassen sich oft nur mit Hilfe von Medikamenten erreichen.

Bedenklich sind erhöhtes Cholesterin und erhöhte Triglyceride v. a., wenn sie sehr hohe Werte erreichen oder in Kombination mit anderen Risikofaktoren wie Diabetes, Hypertonus oder Rauchen auftreten: Die schädigenden Wirkungen addieren sich nicht einfach, sondern das Risiko steigt exponenziell. Daher wird den Dyslipoproteinämien ähnlich viel Aufmerksamkeit geschenkt wie dem Hypertonus.

Die Ursachen von Dyslipoproteinämien werden in primäre und sekundäre eingeteilt. Primäre sind seltener und genetisch bedingt. Oft treten bei ihnen erhöhte Werte erst bei entsprechendem Essverhalten und Inaktivität auf. Isoliert stark erhöhte Cholesterinwerte sind oft genetisch bedingt. Häufiger sind sekundäre Dyslipoproteinämien, z. B. bei Diabetes, Fehlernährung, Alkoholmissbrauch oder Nierenerkrankungen.

Fettstoffwechsel

Triglyceride werden im Darm aufgenommen, z. T. in Fettsäuren zerlegt und als Bestandteil von Chylomikronen (s. Tabelle) zu den Geweben transportiert. Dort werden sie entweder zur Energiegewinnung oxidiert oder gespeichert. Auch die Leber synthetisiert Triglyceride, aber aus vorhandenen Fettsäuren. Die Konzentration im Blut ist also deutlich vom Essverhalten und Energiebedarf geprägt.

Cholesterin wird zu zwei Drittel von der Leber synthetisiert, nur ein Drittel stammt aus der Nahrung. Die Zusammensetzung der Nahrung beeinflusst trotzdem die Konzentration im Blut: Gesättigte Fettsäuren erhöhen den Cholesterinspiegel, mehrfach ungesättigte erniedrigen ihn.

Cholesterin ist Grundbaustein der Gallensäuren und wird somit mit der Galle ausgeschieden. Allerdings werden über 90% im Darm resorbiert und wieder der Leber zugeführt.

Triglyceride und Cholesterin lagern sich auch in Gefäßwänden ab. Bei einer zu hohen Konzentration oder in Kombination mit Funktionsstörungen oder Schäden des Gefäßendothels werden Entzündungen in Gang gesetzt, die das Endothel schädigen und zu einer Arteriosklerose führen. Die Vorgänge sind komplex, die stark fördernden Wirkungen von Triglyceriden und v. a. Cholesterin aber sicher nachgewiesen.

Laborwerte

Marker für die Gefahr der Anreicherung ist neben der Blutkonzentration der Triglyceride und des Cholesterins die Konzentration "zuführender" Lipoproteine wie VLDL und v. a. LDL. Dagegen bilden die "abführenden" Lipoproteine, das HDL, einen Schutz. Daher ist das Gesamtcholesterin zwar ein Anhaltspunkt, besser ist jedoch die gleichzeitige Bestimmung von LDL und HDL. Der Quotient LDL zu HDL sollte je nach Anzahl der Risikofaktoren unter 4 oder 3, bei Patienten mit Diabetes sogar unter 2 liegen. Es gibt jedoch auch Forderungen, generell für Werte unter 2,5 zu sorgen.

Im Rahmen einer Gesundheitsvorsorge bestimmt der Arzt meistens die Triglyceride und das Gesamtcholesterin. Wichtig ist eine 14-stündige Nahrungs- und Alkoholkarenz vor der Blutabnahme. Sind schon Risikofaktoren bekannt, sollten LDL und HDL mitbestimmt werden.

Erwachsene ab dem 35. Lebensjahr sollten auch ohne bekannte Risikofaktoren alle fünf Jahre ihr Gesamtcholesterin bestimmen.

Therapie

Die Therapie beruht auf drei Pfeilern:

  • Begleitende Risikofaktoren beseitigen oder verringern
  • Angepasste Ernährung und Bewegung
  • Medikamente.

Zuerst erhebt der Arzt eine genaue Familienanamnese, da Gefäßerkrankungen bei direkten Verwandten schon ein Risikofaktor sind. Anschließend schließt er weitere mögliche Risikofaktoren aus, in erster Linie falsche Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten, Diabetes, Hypothyreose, Cholestase und Nierenversagen.

Neben der Behandlung von Grunderkrankungen ist die Beratung der Betroffenen wichtig, da die Änderung von Lebensgewohnheiten der effektivste Hebel ist, die Lipidwerte unter die gewünschte Grenze zu drücken.

Die Triglyceride lassen sich diätetisch stärker senken (30 – 40%) als Cholesterin. Auch Bewegung wirkt direkter und stärker. Oft sinkt der Triglyceridspiegel schon durch eine ausgewogene Ernährung, Gewichtsreduktion und reduzierten Alkoholkonsum auf Normalwerte.

Die Regeln einer Diät bei einer Hypercholesterinämie werden auch bei einer Hypertriglyceridämie angewandt:

  • Der Gesamtfettgehalt der Nahrung soll unter 30% der Kalorien liegen. Da Fett einen doppelt so hohen Kaloriengehalt wie Kohlenhydrate und Eiweiß hat, bedeutet das einen Gewichtsanteil von unter 15%!
  • Der Anteil gesättigter Fette – und damit mehr oder weniger der tierischen Fette – soll unter 7% bzw. 3,5% Gewichtsanteil liegen. Dafür sollen möglichst mehrfach ungesättigte Fette gegessen werden.
  • Gewicht normalisieren!
  • Regelmäßig Fisch essen!
  • Nahrungsmittel mit Pflanzensterolen, -stanolen (in fast allen Pflanzen) und löslichen Faserstoffen wie Pektin (in Karotten, Obst) bevorzugen!

Bewegung, Verzicht aufs Rauchen und höchstens mäßiger Alkoholkonsum sind weitere wichtige Bausteine.

Die Bestimmung der Lipidwerte in der Apotheke kann die Compliance erhöhen.

Für die medikamentöse Therapie stehen Ionenaustauscherharze, HMG-CoA-Reduktase-Hemmer (Statine), Fibrin- (Fibrate) und Nicotinsäurederivate zur Verfügung. Wirksam sind auch Phytosterine wie das Sitosterol, Allicin und Ajoene in Knoblauchpräparaten sowie Artischockenblätter-Trockenextrakt.

Medikamente werden eingesetzt, wenn die Behandlung von Grunderkrankungen und eine Umstellung der Lebensgewohnheiten die Lipidwerte nicht ausreichend senken.

Die Prognose ist insgesamt gesehen schlecht, weil oft erst bei bestehenden Gefäßschäden mit einer Therapie begonnen wird. Bei frühem Beginn und gut eingestellten Lipidwerten ist die Prognose dagegen gut.


Quelle

Neumeister, B. (Hrsg.): KLF Labordiagnostik, Elsevier, 4. Aufl.

Renz-Polster, H. et al: Basislehrbuch Innere Medizin, Elsevier. 4. Aufl.

Schäffler, A., N. Menche (Hrsg.): Gesundheit heute Laborwerte, Knaur. 1. Aufl.

Schäffler, A. (Hrsg.): Gesundheit heute, 2. Aufl. 2009, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart

Thomas, L. (Hrsg.): Labor und Diagnose, Th-Books, 7. Aufl.


Autoren: Hans Reuter, Dr. A. Schäffler, Schäffler & Kollegen, Augsburg, www.schaeffler.cc

Laborwerte

Gesamtcholesterin

  • soll < 200 mg/dl liegen. Manche fordern sogar < 160 mg/dl, aber selbst viele Gesunde liegen über 200 mg/dl
  • erniedrigt: Hyperthyreose, schwere Erkrankungen, Apolipoproteindefekt
  • erhöht: fett- und cholesterinreiche Ernährung, Hypothyreose, Diabetes, Cushing-Syndrom, Nierenversagen, Cholestase

HDL-Cholesterin soll > 40 mg/dl liegen

LDL-Cholesterin je nach Risikofaktoren:

  • < 160 mg/dl bei einem Risikofaktor
  • < 100 mg/dl bei zwei oder mehr Faktoren

LDL/HDL-Quotient

  • < 4 bei höchstens einem Risikofaktor
  • < 3 bei zwei oder mehr Risikofaktoren
  • < 2 bei Arteriosklerose oder Diabetes

Risikofaktoren: M > 45 J., F > 55 J., Hypertonus, Rauchen

Triglyceride - Normbereich ist strittig:
< 150 – 200 mg/dl.
Erhöht bei:

  • familiärer Hypertriglyceridämie
  • Fehlernährung, Diabetes, Cushing- Syndrom, Nierenversagen, Hypothyreose
  • Alkoholmissbrauch
  • einigen Medikamenten, z. B. Cortison, Kontrazeptiva, Thiazide
  • Schwangerschaft

Begriff
Erklärung

Lipide, Lipoide

Fette, u. a. Cholesterin und Triglyceride, bzw. fettähnliche Substanzen

Cholesterin

Zentrales Molekül für die Zellmembranen und die Synthese von Gallensäuren und Steroidhormonen

Triglyceride

Energiespeicher. Besteht aus Glycerin und drei Fettsäuren.

Fettsäuren

In Fetten vorkommende Säuren mit langen C-Ketten, Bestandteil der Triglyceride. Man unterscheidet:

  • gesättigte: nur Einfachbindungen zwischen den C-Atomen,
  • einfach gesättigt (MUFA, monounsaturated fatty acids): eine Doppelbindung zwischen C-Atomen, können vom Körper aus ungesättigten Fettsäuren produziert werden, wichtig u. a. für Zellmembranfunktion,
  • mehrfach gesättigt (PUFA, polyunsaturated fatty acids): mehrere Doppelbindungen zwischen C-Atomen, essenziell = können nicht vom Körper synthetisiert werden, wichtig u. a. für Stoffwechselsteuerung.

Gesättigte Fettsäuren kommen v. a. in tierischen Nahrungsmitteln vor, ungesättigte in pflanzlichen und in Fisch.

Lipoproteine

Bestehen aus Lipiden und Proteinen. Dienen v. a. dem Transport der wasserunlöslichen Fette im Blut. Bestandteil der Chylomikronen, VLDL, LDL und HDL.

Dyslipoproteinämie

Erhöhte oder erniedrigte Werte oder ungünstige Verteilung auf die Lipoproteinfraktionen, z. B. LDL/HDL-Quotient.

Chylomikronen

Transportieren die mit der Nahrung aufgenommenen Lipide über die Lymphe in das Blut. Die Triglyceride werden in der Peripherie vom Gewebe aufgenommen. Die cholesterinreichen Reste (remnants) werden von der Leber aufgenommen. Chylomikronen bestehen i. d. R. nur einige Stunden im Blutkreislauf.

VLDL
(very low density
lipoprotein)

Transportiert in der Leber synthetisiertes Cholesterin und Triglyceride in andere Gewebe. VLDL überdauern nur 20 Minuten im Blut. 40% der VLDL werden zu LDL.

LDL (low density lipoprotein)

Das "schlechte" Cholesterin. Rest der VLDL. Transportiert Cholesterin von der Leber zu Geweben. Atherogen. 3 – 5 Tage im Blut.

Lipoprotein a

Untergruppe des LDL, die das Glykoprotein Apo(a) enthält und sehr atherogen wirkt. Konzentration ist genetisch determiniert.

HDL (high density lipoprotein)

Das "gute" Cholesterin. Transportiert Cholesterin von den Geweben zur Leber. Antiatherogene Wirkung.

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