Arzneimittel und Therapie

Paroxetin lässt Brustkrebssterblichkeit steigen

Werden Brustkrebspatientinnen mit Tamoxifen und parallel dazu mit dem Antidepressivum Paroxetin behandelt, wird die Umwandlung von Tamoxifen in seine aktiven Metaboliten eingeschränkt. Als Folge dieser Wechselwirkung steigt die Brustkrebssterblichkeit bei den betroffenen Patientinnen. Das hat eine im British Medical Journal veröffentlichte Kohortenstudie gezeigt.

Tamoxifen ist ein selektiver Estrogen-Rezeptor-Modulator (SERM) und kann bei Hormon-abhängigem Brustkrebs sowohl die Remissionsrate als auch die Sterblichkeit senken. Tamoxifen selber hemmt die Bindung von Estrogenen an zytoplasmatische Hormonrezeptoren und damit das Wachstum estrogen-abhängiger Zellen. Darüber hinaus wird die Wirkung durch die aktiven Metaboliten 4-Hydroxytamoxifen und 4-Hydroxy-N-Desmethyltamoxifen (Endoxifen) moduliert, die sowohl estrogene als auch antiestrogene Eigenschaften haben. Für die Umwandlung von Tamoxifen in Endoxifen ist vor allem das Cytochrom-P450-Isoenzym CYP2D6 zuständig.

Zu den wichtigsten Nebenwirkungen einer Tamoxifentherapie zählen Depressionen, aber auch Hitzewallungen und andere Beschwerden, die sich auf die antiestrogenen Tamoxifenwirkungen zurückführen lassen. Sie werden häufig mit Vertretern aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Reuptake-Inhibitoren (SSRI) behandelt.

Schon vor Jahren war davor gewarnt worden, dass solche Arzneistoffe über CYP2D6-Interaktionen die Wirkung von Tamoxifen abschwächen könnten. Denn unter den SSRI finden sich potente CYP2D6-Inhibitoren, so zum Beispiel Paroxetin. Dass solche Interaktionen klinisch relevant sein können, hat jetzt eine Studie des Institute for Clinical Evaluative Sciences in Toronto gezeigt. Dazu wurden die Daten von 2430 Brustkrebspatientinnen ausgewertet, die in der Zeit zwischen 1993 und 2005 mit Tamoxifen behandelt worden waren und gleichzeitig einen einzigen Vertreter aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Reuptake-Inhibitoren (einschließlich Venlafaxin) erhalten hatten. Am häufigsten war Paroxetin verordnet worden (n = 630), gefolgt von Sertralin (n = 541), Citalopram (n = 467), Venlafaxin (n = 365), Fluoxetin (n = 253) und Fluvoxamin (n = 174). In der Paroxetin-Gruppe ließ sich abhängig von der Dauer der Paroxetineinnahme eine erhöhte Brustkrebssterblichkeit feststellen, nicht dagegen bei den anderen Antidepressiva. Dabei führte eine Paroxetin-Behandlung über die Dauer von 41% der Tamoxifen-Einnahmezeit innerhalb von fünf Jahren unter 20 Patientinnen zu einem zusätzlichen Brustkrebstodesfall. Für eine Paroxetin-Einnahme während der gesamten Tamoxifen-Therapiedauer errechneten die Autoren eine number needed to harm von 6,9 innerhalb von fünf Jahren. Um den Erfolg einer Tamoxifenbehandlung nicht zu gefährden, wird daher empfohlen, auf Antidepressiva auszuweichen, die CYP2D6 gar nicht oder nur schwach inhibieren.

Quelle Kelly MC et al: Selektive serotonin reuptake inhibitors and breast cancer mortality in women receiving tamoxifen: a population based cohort study. BMJ 2010; 340: c693 doi:10.1136/bmj.c693 

 

du

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