DAZ aktuell

Zu jeder Zeit in jeder Apotheke die richtige Information

DAVOS (du). Den Bürgern sind bei Apotheken vor allem zwei Dinge wichtig: die Wohnortnähe und die Beratung, so Erika Fink, Präsidentin der Bundesapothekerkammer, in ihrer Eröffnungsrede zum Pharmacon Davos 2010. Die Wohnortnähe werde durch die flächendeckende Versorgung mit 21.500 Apotheken sichergestellt. Vor dem Hintergrund der immer wieder aufkeimenden Kritik an der Beratungstätigkeit der Apotheker appellierte Fink an ihre Kolleginnen und Kollegen, jedem Patienten zu jeder Zeit in jeder Apotheke fachlich einwandfreie und auf den Patienten zugeschnittene Informationen zu jedem abgegebenen Arzneimittel zu vermitteln.
Erika Fink
Foto: DAZ/du

Gleich zu Beginn ihrer Rede lobte Fink die Politik: Sie habe in den vergangenen Jahren den Apotheker als Heilberuf konsequent gestärkt. Als wichtige Belege dafür führte sie die Änderung der Arzneimittelpreisverordnung im Jahr 2004 und das Rabattverbot beim Einkauf der Arzneimittel durch die Apotheke an. Diese Entwicklung führt Fink auf das konsequente Bestreben der Berufsorganisationen der Apotheker zurück, die Position des Apothekers als Arzneimittelfachmann, als freien Heilberuf und unverzichtbaren Partner im Gesundheitswesen zu stärken. Eindrucksvoll sei diese Position durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Fremd- und Mehrbesitzverbot am 19. Mai 2009 bestätigt worden. Aus dem EuGH-Urteil leitete Fink allerdings auch eine Verpflichtung ab. Tagtäglich müsse für jeden, der in die Apotheke kommt, erlebbar gemacht werden, dass Arzneimittel eine Ware der besonderen Art sind, deren Abgabe nur Personen vorbehalten ist, die für den richtigen Umgang und die notwendigen Informationen sorgen können. Fink warnte davor, sich nach dem EuGH-Urteil in Sicherheit zu wiegen. Das in Deutschland geltende Fremd- und Mehrbesitzverbot sei nicht auf Ewigkeit in Stein gemeißelt.

Bürgerwünsche: Wohnortnähe und Beratung

Einer Infas-Umfrage aus dem Jahr 2007 zufolge schätzt die Bevölkerung an der Apotheke vor allem zwei Dinge: Die Wohnortnähe und die gute Beratung.

Fink betonte, dass in Deutschland 21.500 Apotheken die flächendeckende Versorgung sicherstellen. Auch wenn man in ländlichen Gebieten teilweise längere Wege in Kauf nehmen müsse als in der Großstadt, könne man nicht von einem sich anbahnenden Notstand der Versorgung auf dem Land sprechen, zumal auch ländliche Apotheken einen Botendienst anbieten. Vor diesem Hintergrund sei der Versandhandel mit Arzneimitteln entbehrlich. Die ABDA habe vor und nach der Einführung des Versandhandels vor den Ausfransungen gewarnt, aber die Politik habe die Augen davor verschlossen. Das dm-Urteil zu Pick-up-Stellen habe sie erst aufwachen lassen. Große Hoffnung setzt Fink jetzt auf ein Verbot der Pick-up-Stellen. Dies sei im Koalitionsvertrag der Regierung festgeschrieben. Ein Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln sei dagegen politisch nicht gewünscht.

Plädoyer für pharmazeutischen Wettbewerb

Eines der zentralen Argumente der Gegner des Fremd- und Mehrbesitzverbots ist der fehlende Wettbewerb unter den Apotheken. Doch Apotheken in Deutschland befinden sich im Wettbewerb, so Fink. Wettbewerb entstehe durch die Niederlassungsfreiheit. Jeder Apotheker könne frei entscheiden, ob und wo er eine Apotheke eröffne. Wettbewerb gebe es auch im Bereich der OTC-Arzneimittel. Allerdings sei es fraglich, ob Wettbewerb bei OTC-Arzneimitteln Sinn macht. Denn wie ein solcher Wettbewerb funktioniert, würden Öl- und Energiekonzerne vormachen. In Zeiten, wenn die Menschen die Produkte benötigen, seien die Preise hoch, bei mäßiger Nachfrage würden sie sinken. Diese Form von Wettbewerb, übertragen auf den Arzneimittelbereich, würde beispielsweise dazu führen, dass in Zeiten von Grippewellen die Preise für Grippemittel steigen. Es sei aber eine der Errungenschaften unseres Sozialstaates, dass alle Menschen unabhängig von ihrer persönlichen Situation Zugang zu Arzneimitteln haben. Sie dürften nicht dafür bestraft werden, dass sie zum falschen Zeitpunkt krank werden. Fink forderte die Politik dazu auf, sich zu entscheiden: Für einen Wettbewerb mit seinen eigenen Spielregeln oder für ein gewisses Maß an Reglementierung im Sinne des Patientenschutzes.

Wettbewerb unter Apotheken müsse vor allem ein pharmazeutischer Wettbewerb sein. Freundlichkeit, Empathie und das Gespräch an sich reichen dabei nicht aus. Auch die fachlichen, auf den Patienten zugeschnittenen Informationen müssen einwandfrei sein. Nur wenn jeder Patient in jeder Apotheke zu jedem Zeitpunkt die richtigen Informationen erhalten würde, könne man den Testkäufen von Stiftung Warentest und anderen Organisationen Paroli bieten, so Fink. Denn je besser die Beratung sei, umso uninteressanter würden Apotheken für die Initiatoren der Testkäufe.

Neuausrichtung der Fortbildung

Um die Beratung in den Apotheken zu verbessern, werden die Apothekerkammern der Länder weiterhin BeratungsChecks durchführen. Möglichst viele Kolleginnen und Kollegen sollen so dafür sensibilisiert werden, ihr Wissen über das Arzneimittel an die Patienten weiterzugeben. Flankierend dazu soll die Fortbildung der Kammern anders ausgerichtet werden. Problemorientiertes Lernen ist ein wichtiger Baustein. Inhalte sollen stärker fallorientiert und unter Einbeziehung der Teilnehmer vermittelt werden.

Doch Fortbildung kann das Problem Nichtberatung nicht lösen. Mit Nachdruck verwies Fink darauf, dass Nichtberatung ein Verstoß gegen die Berufspflichten sei. Es gebe auch Situationen, in denen nicht nur über Sanktionen nachgedacht, sondern diese auch durchgeführt werden müssten.

Pharmacon Davos 2010 Seit 40 Jahren bietet die Bundesapothekerkammer jedes Jahr neben einer wissenschaftlichen Fortbildungswoche in Meran eine Fortbildungswoche in Davos an. In diesem Jahr stehen Herz-Kreislauf-Krankheiten im Focus.
Foto: DAZ/du

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.