Arzneimittel und Therapie

Krebspatienten informieren und motivieren

Die Motivation eines Patienten kann fünf Verhaltensmustern, sogenannten Motivationstypen zugeordnet werden. Jeder Typ hat unterschiedliche Bedürfnisse und erfordert eine individuelle Führung, um das Verhältnis zwischen Arzt und Patient und die Mitarbeit des Betroffenen tragfähig zu gestalten. Das Zuordnen des Gegenübers zu einem bestimmten Typus erleichtert die Kommunikation und kann zur Lösung von Konflikten herangezogen werden.

Die Mitarbeit eines onkologischen Patienten hängt unter anderem von seinem Wissensstand, seiner Persönlichkeitsstruktur, seinen individuellen und kulturellen Vorstellungen, seinem Krankheitsverständnis und der Interaktion zwischen Arzt und Patient ab. Um Kommunikation und Motivation zu erleichtern, kann der Patient einem bestimmten Grundtyp zugeordnet werden (siehe Tabelle). Die Zuordnung bestimmt dann Richtung und Schwerpunkte des Gesprächs zwischen Therapeut und Patient mit dem Ziel, die Eigeninitiative und Motivation des Patienten zu stärken. Dieses, von Werner Correll entwickelte Modell stammt aus der Lernforschung und Verhaltenspsychologie und kann auf unterschiedliche Bereiche übertragen werden. Wie dies bei der Betreuung onkologischer Patienten aussehen kann, erläuterte Prof. Wiedemann beim diesjährigen NZW in Hamburg.

"Wenn es nicht so große individuelle Unterschiede gäbe, wäre die Medizin eine Wissenschaft, so ist sie eine Kunst."

William Osler (1849 –1919); kanadischer Arzt und Wegbereiter der psychosomatischen Medizin

Individuell motivieren

Bei einem Patienten, der Typ 1 zugeordnet wird, sollten Prestigeargumente und die Exklusivität des Patienten hervorgehoben werden, um seine Aufmerksamkeit und Mitarbeit zu unterstützen. In der Palliativsituation sind Konflikte nahezu unvermeidlich, da dann die Grenzen des Machbaren aufgezeigt werden.

Gehört ein Patient dem Typ 2 an, ist es sinnvoll, Aspekte der Sicherheit hervorzuheben, um die Ängste des Betroffenen zu lindern und seine Bedenken in Bezug auf unerwünschte oder zweifelhafte Wirkungen auszuräumen.

Ein Patient Typ 3 ist der Überzeugung, eine allgemein anerkannte Therapie helfe auch ihm. Das Mitteilen positiver persönlicher Erfahrungen unterstützt seine Motivation und stärkt seine Überzeugung, sich in den richtigen Händen zu befinden. Die persönliche Zuwendung ist für ihn sehr wichtig.

Für einen Patienten Typ 4 sind präzise Erläuterungen und exakte Details geeignet. Die Behandlungspläne sollten schriftlich, in einer humorfreien und eindeutigen Sprache abgefasst werden.

Bei einem Patienten, der dem seltenen Typ 5 zugeordnet wird, ist es hilfreich, Lösungsversuche und wichtige Zusammenhänge in groben Zügen zu schildern und ihn in seiner Eigenverantwortung zu stützen. Einzelheiten der Therapie werden im Verlauf der Erkrankung besprochen.

Das Zuordnen eines Patienten zu einer bestimmten Gruppe und eine darauf abgestimmte Gesprächsführung ist jedoch nur eine Facette der Motivationsstärkung. Auch der Therapeut sollte seinen eigenen Motivationstypus kennen, um möglichen Konflikten, die aus gewissen Konstellationen entstehen können, vorzubeugen. Diese sind etwa beim Zusammentreffen von Typ 1 und 4 sowie von Typ 3 und 4 vorprogrammiert.

Quelle

 

Prof. Dr. Günther Wiedemann, Ravensburg: "Wie lassen sich Krebspatienten motivieren? Versuch einer Typologie". Hamburg, 31. Januar 2010, 18. onkologisch-pharmazeutischer Fachkongress (NZW).

 


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

Die fünf Motivationstypen


  • Typ 1 (12%), das Großmaul: "Ich weiß schon alles!"
  • Typ 2 (40%), der Ängstliche: "Funktioniert das auch wirklich?"
  • Typ 3 (10%), das Herdentier: "Wir brauchen unbedingt Referenzen!"
  • Typ 4 (36%), der Erbsenzähler: "Das müssen Sie mir aber viel genauer erklären!"
  • Typ 5 (2%), der Gelassene: "Die Details besprechen wir irgendwann."

Die fünf Motivationstypen nach Correll

Typ
Erscheinungsbild
Kommunikation
Verhalten
Passionen
Hobbys
Lebenseinstellung
Typ 1
soziale Anerkennung
auffällig, modisch
ich-betont, laut
initiativ,
wortführend
extravagant
optimistisch
(naiv)
Typ 2
Sicherheit,
Geborgenheit
konservativ, bieder
bescheiden, leise
anpassend,
zurückhaltend
basteln, sammeln
ängstlich
Typ 3
persönliche Zuwendung, Vertrauen
konventionell,
solide
wir-betont, freundlich
kooperativ,
personenfixiert
Familie, Verein
gegenwartsbezogen
Typ 4
Selbstachtung
korrekt, ordentlich
pointiert, bestimmt
pedantisch,
kompromisslos
engagiert sich
in hohem Ausmaß
pessimistisch
Typ 5
Unabhängigkeit,
Verantwortung
lässig, salopp
bestimmt, sachlich
tolerant,
konstruktiv
viele Hobbys,
Reisen
positiv
[nach Werner Correll; Ordinarius für pädagogische Psychologie an der Universität Gießen und befasst sich mit Problemen der Lernforschung, der Verhaltenspsychologie und Fragen ihrer praktischen Anwendung.]

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