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Kooperationsgipfel und Zukunftskongress

Peter Ditzel

Als sich vor einigen Jahren die ersten Apotheken zu Arbeits- oder Einkaufsgemeinschaften zusammenschlossen, um vor allem wirtschaftliche Vorteile durch gebündelten Wareneinkauf zu erzielen – den Begriff Kooperation wollte man seinerzeit noch nicht in den Mund nehmen –, wurden sie von der Berufsvertretung kritisch beäugt: Wird hier klammheimlich eine Apothekenkette aufgebaut? Was führen die im Schilde und das sogar mit Unterstützung von Großhandlungen? Mit dem Ausbau von Serviceleistungen, mit nachweisbaren wirtschaftlichen Vorteilen für die Mitglieder und mit glaubhaften Beteuerungen, nicht gegen die inhabergeführte Apotheke zu arbeiten und keine Kette aufbauen zu wollen, gewannen Kooperationen an Vertrauen und etablierten sich. Mittlerweile arbeiten regional oder mehr oder weniger bundesweit rund 40 solcher Apothekenarbeitsgemeinschaften in Deutschland. Ihr Erfolg in den letzten Jahren fußte auch auf der Sorge, es könnten Ketten kommen. Mit der Mitgliedschaft in einer Kooperation, mit einem starken Wir-Gefühl hätte man Ketten Paroli bieten können. Die Sorge vor Ketten löste sich mit dem EuGH-Urteil auf. Haben Kooperationen nach dem Mai ‘09 ihre Daseinsberechtigung verloren? Braucht eine Apotheke überhaupt eine Kooperation oder geht’s auch ohne? Auf dem "Kooperationsgipfel" am 3. und 4. Februar in Starnberg, dem vom Bundesverband der Deutschen Apothekenkooperationen veranstalteten Branchentreff, zeigte man sich überzeugt, dass die Mitgliedschaft in einer Kooperation ein Erfolgsfaktor sein kann. Davon dürften auch die meisten Apotheken in Deutschland überzeugt sein. So haben sich rund 70 Prozent aller Apotheken für eine solche Arbeitsgemeinschaft entschieden, manche sind sogar Mitglied in mehreren Kooperationen gleichzeitig – es muss also Vorteile geben. Sie liegen in der Durchführung und Unterstützung bei Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen, bei der Planung und Ausarbeitung von Aktionen, im Category Management, bei Einkaufsvorteilen und anderen Leistungen. Umsonst sind diese Leistungen nicht, sie kosten Geld: Die Mitgliedsapotheke muss einen monatlichen Beitrag dafür bezahlen, der je nach Kooperation und Leistung nicht gering ist. Ob man sich den sparen kann, ob es auch ohne Kooperationsmitgliedschaft geht, kann und muss jeder für sich entscheiden. Für manche Apotheken ist das zu bejahen – sie sind alleine stark, haben Power und ihr Konzept gefunden. Für viele können die Leistungen, die die Kooperationszentrale zur Verfügung stellt, allerdings eine echte Hilfe sein – wenn, ja wenn sich die Apotheke mit dem Konzept, dem Programm und den angebotenen und beschlossenen Leistungen und Diensten identifiziert. Eine Kooperation ist umso stärker am Markt, je mehr Apotheken hinter dem Konzept stehen. Und da heißt es heute und in Zukunft genau hinsehen, bevor man sich bindet. Eine wichtige Frage: Inwieweit "regiert" eine Kooperationen in die eigene Betriebsführung hinein? Inwieweit ist man noch Herr über das Sortiment und seine Daten? Wie stellt sich die Kooperation nach außen auf? Eher dezent oder legt sie einen kettenähnlichen Auftritt an den Tag? Man sollte den Eintritt in eine Kooperation oder einen Wechsel vor dem Hintergrund überlegen, inwieweit man seine eigene Individualität aufgeben muss.

Und noch etwas – Insider prognostizieren: Die Kooperationslandschaft wird sich ausdünnen, es wird zu Fusionen und Mega-Kooperationen kommen, aber auch gut aufgestellte regionale Gruppen werden eine Stärkung erleben. Auch das sollte in die Entscheidung, Kooperation ja oder nein und wenn ja, welche, mit einbezogen werden.

Auf dem Zukunftskongress öffentliche Apotheke, den der Apothekerverband Nordrhein am 6. Februar in Bonn ausrichtete, spielte das Thema Kooperation keine Rolle. Hier stand eher die Ausrichtung des Apothekerberufs als Heilberuf auf dem Programm. Und diese Rolle fordert die Politik von den Apothekern deutlich ein, wie Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Laumann deutlich machte. Beratung bei der Arzneimittelabgabe ist und bleibt ein Muss, auch in Zukunft. Ein weiteres Thema: Da der Apotheker immer stärker in die Arzneimittelauswahl eingebunden sein wird, beispielsweise aufgrund von Rabattverträgen, ist vermehrt pharmazeutischer Sachverstand gefragt. Der Apotheker sollte nicht austauschen, wenn er pharmazeutische Bedenken hat, die gegen einen Austausch sprechen. Die Krankenkassen retaxieren in diesen Fällen nicht. Pharmazeutischer Sachverstand ist auch nötig, wenn es um das Zukunftsfeld der prädiktiven Gendiagnostik geht: der Apotheker kann mithilfe der Gendiagnostik voraussagen, ob ein Patient ein Arzneimittel und in welcher Dosierung verträgt. Dass der Apotheker diese Aufgabe in Zukunft übernehmen kann und will, diese Position sollten wir vor der Politik und der Öffentlichkeit besetzen. Da der Apotheker neben der heilberuflichen Komponente seines Berufs ein wirtschaftliches Standbein braucht, muss auch dieses zukunftssicher gemacht werden. Die wirtschaftlichen Prognosen sehen nicht allzu rosig aus, vor allem dann, wenn keine Strategien, keine Handlungsoptionen entwickelt werden. Wer sich dagegen heilberuflich gut aufstellt und seinen Betrieb wirtschaftlich optimiert, wird seine Position ausbauen können.


Peter Ditzel

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