Apothekenlabor

Weihnachtliche Rezepturen

Von Michael Schmidt

Ob Dragees oder Globuli, Lutschpastillen oder aromatische Wässer – in Apotheken wurden viele Zubereitungen entwickelt, die die Einnahme übel schmeckender Wirkstoffe ermöglichten. Zum pharmazeutischen Know-how gehörten neben der Herstellung weihnachtlicher Leckereien auch Düfte und Silberkugeln, wie die folgenden ausgewählten Beispiele aus der Fachliteratur von vorgestern zeigen.

Blick zurück

Die Beschäftigung mit weihnachtlichen Rezepturen ist lebendige Pharmaziegeschichte. Sie führt in eine Zeit, in der die Apotheken – ausgenommen kleine Landapotheken – über viel Personal, große Räume und eine umfangreiche apparative Ausstattung verfügten. Stattliche Ansätze mussten eingewogen, auf dem Feuer oder Wasserbad bewacht, gerührt und abgefüllt werden. Und so mancher Ausgangsstoff war teuer und schwierig in guter Qualität zu bekommen. Im folgenden Beitrag werden einige Rezepturen aus rund hundert Jahre alten Standardwerken vorgestellt und, wo erforderlich, in die Nomenklatur und Vorschriften der heutigen Zeit übertragen und kommentiert.

Kaffee-Likör

Als festlicher Aperitif oder zum Wachbleiben und Genießen zwischen langen, gehaltvollen Feiertagsmahlzeiten bietet sich ein Gläschen Kaffee-Likör nach einer Rezeptur von Eugen Dieterich an [1], die an die heutige Nomenklatur angepasst wurde.


Man nehme:

500 g gerösteten Kaffee, gemahlen (Pulver)

200 g Kognak

20 g versüßten Salpetergeist

4,5 l Kornsprit 90 pCt

6 l Wasser


Die abgemessenen Zutaten werden in eine Destillierblase eingebracht und 12 bis 24 Stunden mazeriert. Dann zieht man 6000 g über und gießt hierzu eine kochend heiße Lösung von 4500 g Zucker in 2000 g Wasser. Abschließend werden hinzugefügt:


50 g gebrannter Kaffee (Pulver),

10 g Vanilletinktur

2 Tropfen ätherisches Bittermandelöl


Nach 24-stündigem Stehen in einem bedeckten Gefäß und anschließender Filtration ist das Getränk servierfähig.


Kommentar:

Zunächst fällt auf, dass die Glasgeräteausstattung heutiger Durchschnittsapotheken die früher üblichen Ansatzgefäßgrößen nicht mehr kennt. Auch das Know-how zu speziellen und aufwendigen Röstverfahren für Kaffeebohnen ist in Apotheken nicht mehr erforderlich, da gerösteter und gemahlener Kaffee in guter Qualität fertig gekauft werden kann. Die vor hundert Jahren als gebrannter Kaffee oder "Dampfkaffee" bezeichnete Zutat kann heute durch ein lösliches Instantpulver ersetzt werden.

Unter Kognak ist ein Weinbrand aus Weißweinen zu verstehen, aus der Gegend der südwestfranzösischen Stadt Cognac und mit einem Alkoholgehalt von 40 Vol.-%. Derartige Spirituosen spielen im Sortiment heutiger Apotheken längst keine Rolle mehr. Als Kornsprit 90 pCt würde man heute (vollversteuerten) Weingeist 90% (V/V) einsetzen.

Versüßter Salpetergeist ist gleichbedeutend mit dem im DAB 6 monografierten Salpeterätherweingeist, Spiritus Aetheris nitrosi oder Spiritus Nitri dulcis – eine aus Salpetersäure und Weingeist aufwendig herzustellende, ätherisch riechende und süßlich-brennend schmeckende Flüssigkeit, die heute über den Chemikalienhandel beziehbar ist, ebenso wie die Vanilletinktur (Tinctura vanillae EB 6) oder das ätherische Bittermandelöl (Oleum Amygdalarum amararum, blausäurefrei).

Pfefferminz-Branntwein

Wer von den süßen Likören Sodbrennen bekommt oder höherprozentige Spirituosen bevorzugt, wird an folgender Rezeptur von Eugen Dieterich [1] Gefallen finden.


Man nehme:

2,5 g bestes englisches Pfefferminzöl

5 Tr. Anisöl

10 g versüßten Salpetergeist

5 g Gerbsäure

800 g Zucker

5 l Kornsprit 90 pCt


Diese Zutaten werden gemischt und mit 6 Litern kochendem Wasser übergossen. Nach dem Erkalten kann mit geeigneten Lebensmittelfarbstoffen blassgrün gefärbt werden.


Kommentar:

Der Qualität von "bestem englischem Pfefferminzöl" mindestens ebenbürtig ist das im Europäischen Arzneibuch monografierte Pfefferminzöl (Menthae piperitae aetheroleum EuAB). Auch die pharmazeutischen Qualitäten von Anisöl (Anisi aetheroleum), Gerbsäure (Tannin) und Zucker (Saccharose) sind im EuAB beschrieben. Den versüßten Salpetergeist kennen wir aus der Rezeptur des Kaffee-Likörs, ebenso den Kornsprit (= Weingeist, Spiritus).

Als Lebensmittelzusatzstoffe zugelassene Farbstoffe für eine grüne Färbung sind Chlorophyll (E 140), Kupferkomplexe der Chlorophylle (E 141) oder Brillantsäuregrün (E 142).

Schoko-Pastillen

Zur Grundausrüstung einer ordentlichen Apotheke zählte vor rund hundert Jahren auch ein Pastillenformer, ähnlich den Gießformen für Suppositorien. Eugen Dieterichs Neues Pharmazeutisches Manual macht folgende Angaben zu den Inhaltsstoffen sowie zur praktischen Herstellung der rund ein Gramm wiegenden Pastillen [1].


Man nehme:

5 g feinstes Zuckerpulver sowie

5 g Kakaomasse

Mische diese Bestandteile und bereite daraus 10 Pastillen.


Ausführung: "Man setzt eine Reibschale mit dem Zuckerpulver und der Kakaomasse auf den Ofen oder auf ein Wasserbad. Nachdem die Kakaomasse geschmolzen ist, mischt man tüchtig und streicht die Mischung in die schwach erwärmte, mit einigen Tropfen Mandelöl geölte Form, schlägt den Apparat alsdann ein paar Mal leicht auf die Hand, damit die Oberfläche der Pastillen glatt wird und stellt ihn an einen kalten Platz. Wenn die Pastillen erkaltet sind, hält man den Apparat mit dem unteren Teil einen Moment über eine Flamme, steckt den Stift in die kleine Öffnung der Platte und zieht damit den Apparat auseinander, worauf man die Pastillen von oben nach unten leicht herausdrücken kann."


Kommentar:

Die Gebrauchsanweisung bezieht sich auf den um 1920 von der Firma Wenderoth in Kassel zu beziehenden Rezeptur-Pastillenformer nach Apotheker Piehler. Grundsätzlich müsste das einfache Verfahren auch mit einer Gießform für Ovula oder Suppositorien funktionieren – den Genießer stört sicher nicht, dass die "Pastillen" deutlich mehr als 1 g wiegen und ungewöhnlich geformt sind ...

Morsellen

Morsellen (von lateinisch "morsa" = Stückchen, Bissen), Morsuli oder Tabulae sind länglich-viereckige Täfelchen aus eingedampfter Zuckerlösung und zerkleinerten Gewürzen – ausgegossen und geschnitten auf die Maße 4,5 cm Länge, 1,2 cm Dicke und 1,5 cm Breite. Die Ursprünge gehen bis ins Mittelalter zurück, als dem teuren Zucker (Rohrzucker aus Zuckerrohr) noch medizinische Eigenschaften zugeschrieben wurden.

Heutzutage beherrschen noch einige Apotheken die Kunst der Herstellung von Morsellen und produzieren diese als Weihnachtsgeschenk für Freunde und Kunden. Ein paar ausgewählte Rezepturen von Eugen Dieterich zeigt der Textkasten. Ein besonderer Morsellen-Kenner, der Hamburger Apotheker Paul-Anton Runge, gab folgende modernisierte Herstellungsanweisung für das pharmazeutische Konfekt:

"Zucker und Wasser werden in einem Kupferkessel erhitzt, bis die Lösung auf dem Zuckerthermometer 116 – 123 °C anzeigt. Wer mag, kann auch die so genannte und sehr klebrige Federprobe machen: Eine Probe der Zuckerlösung wird mit dem Spatel entnommen und in die Luft geschleudert, der Zucker muss dann federgleich durch die Luft zu Boden fallen. Dann wird die Masse vom Feuer genommen und gelegentlich umgerührt, wobei immer etwas Puderzucker aufgestreut wird. Sobald die Lösung eine honigähnliche Konsistenz hat und milchigtrübe bis grieskörnig wirkt, wird die Gewürzmischung zugegeben und die Masse in einem Morsellenbrett ausgegossen. Nach etwa fünf Minuten werden die Morsellen in Würfel geschnitten und erkalten gelassen."


Kommentar:

Wer keinen Kupferkessel besitzt, kann auch ein Gefäß aus Jenaer Glas verwenden. Und anstatt eines hölzernen Morsellenbretts kann man ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech nehmen. Da heutige Verbraucher dem Einsatz von künstlichen Farbstoffen eher ablehnend gegenüber stehen, sollte auf das früher übliche Färben der Mandeln verzichtet werden. Morsellen sollten kühl gelagert und frisch gegessen werden, da sie schnell austrocknen und sehr hart werden.

Drei Morsellen-Rezepte (aus [1])


Manna-Morsellen

500 g Zucker und 100 g Wasser kocht man zur Tafeldicke, setzt 100 g Kaliumnatriumtartrat-Pulver, 100 g Süßholzpulver und 500 g Manna in erbsengroßen Stücken zu und fügt 5 Tropfen Citronenöl zu.

Man hält die Masse auf dem Dampfapparat warm, schlägt sie noch so lange mit einem breiten Spatel, bis sie gleichmäßig ist, und gießt dann aus. Die Mannamasse darf nicht lange erhitzt werden, damit sie nicht zerschmilzt.


Ingwer-Morsellen

1000 g Zucker, 200 g Wasser, 50 g Citronat, 50 g kandierte Pomeranzenschalen, 50 g Ingwerpulver, 20 g gepulverter chinesischer Zimt, 5 g gepulverte Malabar-Kardamomen, 5 g Nelken, 1 Tropfen ätherisches Bittermandelöl.

Die groben Gewürzpulver müssen staubfrei sein.

Zubereitung wie Manna-Morsellen.


Kaffee-Morsellen

1000 g Zucker, 200 g Wasser, 50 g ungefärbte Mandeln, 50 g rotgefärbte Mandeln, 10 g Vanillezucker (10%), 30 g frisch geröstete und grob gemahlene Kaffeebohnen, welche man vorher mit 20 g Kognak nässte.

Der gemahlene Kaffee muss von feinem Pulver befreit sein.

Zubereitung wie Manna-Morsellen.

Marzipan und Persipan

Zu den typischen Weihnachtsleckereien zählt der Marzipan. Dieses Produkt aus gemahlenen Mandeln, Zucker und Rosenwasser kann heute ab September in jedem Supermarkt gekauft werden. Vor 500 Jahren zählten privilegierte Apotheken zu den Herstellern und Händlern der süßen Köstlichkeit, deren teure Ausgangsmaterialien offizinell waren. Mandelkerne und deren Produkte waren Bestandteile diverser Arzneimittel und Kosmetika. Die Herkunft des Marzipans wird in Persien, dem heutigen Iran, vermutet.

Zwei Beispiele aus der Fachliteratur machen deutlich, welche Bestandteile und Mengenverhältnisse Rezepturen zur Marzipanherstellung enthalten:


A Süße Mandeln 500 Teile
Bittere Mandeln 15 Teile
Puderzucker 350 Teile
Rosenwasser 20 Teile
Eiweiß 30 Teile


B Süße Mandeln 500 g
Bittere Mandeln 15 g
Puderzucker 500 g
Rosenwasser 5 – 7 Esslöffel


Kommentar:

Die Mandeln werden gebrüht, abgezogen und in kaltes Wasser gegeben, damit sie weiß bleiben. Nach mehrmaligem Waschen und vorsichtigem Trocknen folgen das feine Mahlen sowie das Mischen mit dem Puderzucker. Nach und nach, in kleinen Anteilen, ist das Rosenwasser (und ggf. das Eiweiß) hinzuzufügen und die Masse etwa eine Stunde lang kräftig durchzukneten. Danach kann eine Salbenmühle für die perfekte Verteilung sorgen. Nach 24-stündigem Kaltstellen kann, wie gewünscht, weiterverarbeitet werden, beispielsweise auf einem Backblech im Backofen bei Oberhitze.

Wer noch nie Rosenwasser hergestellt hat, findet die Anweisung im DAB 6: Vier Tropfen Rosenöl werden in 1 Liter Wasser von 35 – 40 °C einige Zeit lang geschüttelt. Die Mischung wird nach dem Erkalten filtriert.

Mit der Einführung des industriell hergestellten, deutlich billigeren Kristallzuckers wurden die Mandeln preisbestimmend für den Luxusartikel Marzipan. Die Suche der Konditoren nach einer Alternative für Mandeln führte zur Verwendung von geschälten Aprikosen- und Pfirsichkernen (lateinisch "persicus" = Pfirsich). Das damit erzeugte Produkt erhielt die Bezeichnung Persipan.

Bitteren Mandeln, Aprikosen- und Pfirsichkernen ist gemeinsam, dass sie das Glykosid Amygdalin enthalten, aus dem durch enzymatische Hydrolyse beim Kauen giftige Blausäure entsteht. Für Erwachsene können ca. 50 Bittermandeln (25 – 30 g), für Kinder 5 bis 10 Stück tödlich sein. Die Abgabe von Bittermandeln ist nicht gesetzlich geregelt. Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker hat vor einigen Jahren eine freiwillige Abgabegrenze von 20 g und die Kennzeichnung des Abgabebehältnisses mit dem Warnhinweis "Für Kinder unzugänglich aufbewahren" empfohlen. Beim Backen verringert sich der Blausäuregehalt um bis zu 30%. Fälle akuter Marzipanintoxikation sind unbekannt.

Silberkugeln

Für das Versilbern von Glaskugeln findet sich in Dieterichs Neuem Pharmazeutischem Manual folgende Vorschrift zur Herstellung eines geeigneten Tauchbades [1]:

5 g Silbernitrat löst man in 40 g destilliertem Wasser und vermischt mit einer Lösung aus 4 g Kaliumnatriumtartrat und 92 g destilliertem Wasser. Man setzt nun vorsichtig unter Umschwenken ca. 10 g Ammoniakflüssigkeit 10% bzw. so viel hinzu, bis sich der weiße Niederschlag gerade gelöst hat. Der Zusatz von Ammoniak muss sehr vorsichtig geschehen, da hiervon das Gelingen der Versilberung abhängt. Durch Verwendung von farbigen Glaskugeln lassen sich verschiedene Farben erzielen.


Kommentar:

Kaliumnatriumtartrat (= Seignette- oder Rochellesalz, Tartarus natronatus) findet sich auch als Monografie im aktuellen Europäischen Arzneibuch (Kalii natrii tartras tetrahydricus EuAB). Bei der Versilberungsprozedur empfiehlt sich das Tragen von Schutzhandschuhen, um vorzubeugen, dass man die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel mit schwarzen Fingern verbringen muss ...

Tannenduft

Zum Klischee eines perfekten Weihnachtsfestes gehört nicht zuletzt der Duft nach Nadelwald. Um nachzuhelfen, wenn die vertrocknete Zimmerfichte geruchsneutral ist, präsentierte der findige Eugen Dieterich in seinem Neuen Pharmazeutischen Manual folgende Rezeptur eines Koniferengeistes aus gängigen Ingredienzien der Apotheke [1].

Wer war Eugen Dieterich?


Der 1840 im thüringischen Waltershausen geborene Eugen Dieterich gründete nach seiner Apothekerausbildung 1869 eine chemische Fabrik in Helfenberg/Sachsen und gilt als einer der Väter der wissenschaftlichen und industriellen Galenik. Er verfasste ein viel beachtetes Pharmaceutisches Manual, das in vielen Auflagen im Verlag von Julius Springer in Berlin erschien. Nach seinem Tod 1904 führte sein Sohn Prof. Dr. Karl Dieterich (1869 – 1920) die Chemische Fabrik Helfenberg fort – und auch die Arbeit an dem praxisorientierten Nachschlagewerk für Apotheken [3].

Einen ähnlichen praktisch-pharmazeutischen Ansatz verfolgte Apotheker Hermann Hager (1816 – 1897), Fachschriftsteller, Übersetzer und Kommentator deutscher Arzneibücher sowie Schöpfer des legendären "Handbuchs der pharmazeutischen Praxis" (Erstauflage 1876 im Verlag von Julius Springer, Berlin).



Man nehme:

80 g Fichtennadelöl

10 g Wacholderbeeröl

5 g französisches Rosmarinöl

3 g Lavendelöl

2 g Citronenöl

900 g Weingeist 90% (V/V)


Die Zutaten werden gemischt, filtriert und vor Licht geschützt aufbewahrt.

Auch an das "Marketing" wurde vor 90 Jahren gedacht, mit folgendem Hinweis: "Man gibt in Fläschchen von 50 g Inhalt an das Publikum ab und fügt folgende Gebrauchsanweisung bei: Um sich den Nadelwaldgeruch im Zimmer künstlich herzustellen, füllt man den Behälter eines Zerstäubers mit Wasser, setzt eine Kleinigkeit des Koniferengeistes zu und verstäubt diese Mischung. Geschmackvolle Etiketten sind zu empfehlen."


Kommentar:

Alle Bestandteile dieser Mischung sind als Monografien im gültigen Arzneibuch enthalten:

Fichtennadelöl – Piceae aetheroleum DAB

Wacholderöl – Juniperi aetheroleum EuAB

Rosmarinöl – Rosmarini aetheroleum EuAB

Lavendelöl – Lavandulae aetheroleum EuAB

Citronenöl – Limonis aetheroleum EuAB.


Die empfohlene geschmackvolle Gestaltung der Etiketten wird durch die heute vorgeschriebene gefahrstoffrechtliche Kennzeichnung erschwert.

Eine alternative Tannenduft-Mischung enthält Hagers Handbuch der Pharmaceutischen Praxis von 1907 [2]:


Man nehme:

0,5 g Tinctur. Vanillae

0,005 g Cumarini

0,25 g Aetheris acetici

2 g Olei Citri

5 g Olei Pini silvestris

0,5 g Olei Pini pumilionis

5 g Spiritus coloniensis

100 g Spiritus 90% (V/V)


Kommentar:

Cumarin, der angenehm nach Heu riechende Waldmeister-Inhaltsstoff, der bei innerlicher Anwendung in die Blutgerinnung eingreift und als leberschädigend gilt, ist im EuAB-Reagenziensatz zu finden. In der vorliegenden Anwendung und Dosierung besteht kein Risiko; die Lösung sollte allerdings geschützt vor dem Zugriff von Kindern aufbewahrt werden.

Aether aceticus oder Essigäther, Ethylacetat, kam früher innerlich als Stimulans (5 – 20 Tropfen in Wasser oder auf Zucker) sowie äußerlich als Riechmittel bei Ohnmacht zum Einsatz.

Waldkiefernnadelöl (Pini silvestris aetheroleum EuAB) und Latschenkiefernöl (Pini pumilionis aetheroleum DAC) sind noch heute gängige ätherische Öle.

Der auch als "Kölnisches Wasser" bezeichnete Spiritus coloniensis war Gegenstand einer Monografie im Ergänzungsbuch zum DAB 6 (EB 6), mit folgenden Bestandteilen:

Lavendelöl 5 Teile

Orangenblütenöl 7 Teile

Bergamottöl 10 Teile

Citronenöl 10 Teile

Weingeist 90% (V/V) 968 Teile

Weihrauch

Zu einer festlichen Weihnachtsmesse gehören traditionell neben Krippe, Orgelmusik, Blasorchester und Chorgesang auch dichte Schwaden von Weihrauch. Dass Apotheken zu den Weihrauchlieferanten der Kirchen zählten, zeigen zwei Weihrauchrezepturen in Hagers Handbuch der Pharmaceutischen Praxis [2]:


Rp. Benzoës 175,0
Styracis 175,0
Olibani 250,0
Myrrhae 250,0
Cortic. Cascarillae 144,0
Ol. Lavandulae 2,0
Ol. Bergamottae 2,0
Ol. Caryophyll. 1,0
Ol. Cinnamomi 1,0


Rp. Olibani 200,0
Styracis calam. 300,0
Benzoës 300,0
Succini 100,0
Flor. Lavandulae 100,0


Kommentar:

Olibanum in granis EB 6 (Weihrauch) kann heute über den gut sortierten Chemikalienhandel bezogen werden, ebenso Styrax-Balsam (Styrax liquidum depuratum verum), Siam-Benzoe (Benzoe Siam in lacrimis) und Cascarilla-Rinde (EB 6). Succinum ist Bernstein.


Literatur

[1] Dieterich, Eugen: Neues Pharmazeutisches Manual. J. Springer-Verlag, Berlin 1920.

[2] Hagers Handbuch der Pharmaceutischen Praxis, Bd. 2. J. Springer-Verlag, Berlin 1907.

[3] Dann, Georg Edmund: Eugen und Karl Dieterich, Begründer der wissenschaftlichen und industriellen Galenik. Karlsruhe 1969.

[4] Baum, Stephan: Rekonstruktion historischer Likörzubereitungen. Poster auf dem 29. ADKA-Kongress, München 2008.


Autor
Dr. Michael Schmidt, Pfeiferstr. 15, 72108 Rottenburg

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