Arzneimittel und Therapie

Blutplättchen vermehren sich selbst ohne Zellkern

Thrombozyten oder Blutplättchen sind essenziell für Blutgerinnung und Blutstillung. Ihre Aufgabe ist es, Wunden zu verschließen und somit einen Blutverlust und das Eindringen von potenziellen Krankheitserregern zu verhindern. Eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern entdeckte jetzt, dass sie sich vermehren können, obwohl sie keinen Zellkern mit Erbsubstanz besitzen.

Blutplättchen entstehen im Knochenmark durch Abschnürung von Megakaryozyten, großen Knochenmarkszellen. Sie haben einen Durchmesser von wenigen Mikrometern und sind scheibenartig flach geformt. Ihre durchschnittliche Lebensdauer beträgt etwa zehn Tage, dann erfolgt der Abbau vorwiegend in der Milz und der Lunge. Während der Blutgerinnung ändern die Thrombozyten ihre Form und zusammen mit anderen Blutplättchen kommt es zur Thrombozytenaggregation und Pfropfbildung. Es war bekannt, dass in Thrombozyten mRNA aus Megakaryozyten vorkommt und sie daher in der Lage sind, bestimmte Proteine neu zu synthetisieren. Sie besitzen jedoch keinen Zellkern und DNA lediglich in den Mitochondrien. Ein Team von kanadischen, amerikanischen und deutschen Wissenschaftlern zeigte jetzt, dass Blutplättchen sich dennoch vermehren können. Ein kleiner Teil von isolierten Thrombozyten bildete nach wenigen Stunden lange, fadenförmige Auswüchse, an denen perlenartig neue Zellen heranwuchsen. Weder in ihrer Größe noch hinsichtlich ihrer Funktionsfähigkeit unterschieden sie sich von den Ausgangszellen. Neue Blutplättchen bildeten sich aber auch in einer Vollblutkonserve und in länger gelagerten Proben. Noch ist unklar, ob die Vermehrung der Plättchen auch im Blutkreislauf stattfindet. Es würde jedoch das Verhältnis zwischen einer sehr begrenzten Zahl von blutbildenden Stammzellen im Knochenmark und einer doch recht großen Zahl von Thrombozyten erklären. Sollten sich Blutplättchen tatsächlich auch im Körper vermehren, würden sich neue Möglichkeiten zur Bekämpfung von Blutgerinnungsstörungen aller Art eröffnen, schreiben die Wissenschaftler.


Quelle

Schwertz, Hj.; et al.: Anucleate platelets generate progeny. Blood 2010; DOI 10.1182/blood-2009-08-239558, 19.01.2010.


Dr. Hans-Peter Hanssen

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