Fachmedien

Mit Bildern in längst vergangene Epochen der Medizin

Mit der jüngst bei Springer erschienenen "Illustrierten Geschichte der Medizin" des renommierten Medizingeschichteprofessors Wolfgang U. Eckart, wird die historiographische Literatur dieser jahrhundertealten Fachdisziplin um einen neuen Ansatz bereichert, bei dem historische Abbildungen eine zentrale Rolle spielen. Das umfangreiche Bildmaterial macht das Werk dabei nicht nur zu einem optischen Genuss, sondern veranschaulicht die Ausführungen des Autors auf mal amüsante, mal überraschende und mitunter auch schockierend realistische Weise.

An vielen Stellen ermöglichen es die Abbildungen dem Leser, seine retrospektiv betrachtende Position für einen Augenblick zu verlassen und einzutauchen in längst vergangene Zeiten. Wann immer das gelingt, spielt das Buch seine große Stärke aus und wird zu einem wirklich brillanten Werk der Medizinhistoriographie.

Dies ist im zweiten Teil des Buches noch wesentlich häufiger der Fall als im doch recht Porträt-lastigen ersten Teil, der vor allem durch Abbildungen von medizinhistorisch bedeutenden Persönlichkeiten geprägt ist, deren Köpfe einander irgendwann zunehmend gleichen. Der Mehrwert dieser Porträts ist daher auch ungleich geringer als der von Postkarten, Werbeplakaten, Karikaturen, zeitgenössischen Gemälden, Aufnahmen aus Krankenhäusern und von Kriegsschauplätzen, anhand derer die Interdependenz von Medizin- und Gesellschaftsgeschichte auf beeindruckende Weise deutlich werden.

Besonders hervorzuheben ist der äußerst angenehme und eingängige Schreibstil des Autors. Befreit vom Ballast einer allzu akademischen Sprache liest sich das Buch fast wie ein Werk aus der Belletristik. Es ist unterhaltsam, kurzweilig und bisweilen spannend wie ein Krimi.

Eine weitere Bereicherung des Buches sind die zahlreichen aussagekräftigen und mit großer Sorgfalt ausgewählten Zitate, die den Ausführungen des Autors die ihnen gebührende Authentizität verleihen sowie zahlreiche Kästen, die medizinische Konzepte wie "Homöo-pathie" oder "Zellularpathologie" und häufig gebrauchte Schlagwörter wie "Hirntod" oder "Golfkrieg-Syndrom" in wenigen Sätzen auf den Punkt bringen. Beeindruckend ist die Aktualität des Werkes, obgleich dieser Begriff in historiographischem Kontext auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich erscheint. Doch wenn der Autor von den Ergebnissen der erst vor wenigen Monaten stattgefundenen Welt-Aids-Konferenz berichtet, wird eindrucksvoll deutlich, dass Geschichte eben erst in der Gegenwart endet.

In seinem Vorwort schreibt der Autor: "Dieses Buch … erhebt keinen Anspruch auf Berücksichtigung aller Strömungen, Entwicklungen oder Einzelergebnisse in der Medizin der letzten 200 Jahre. Es will in historischer Perspektive lediglich in einfachen Linien die wesentlichen Züge einer Disziplin nachzeichnen …". Diese inhaltliche Reduktion ist dem Autor hervorragend gelungen und sie macht auch den großen Reiz dieses Werkes aus, denn es ist zweifelsohne eine nicht zu unterschätzende Herausforderung, das Wesentliche aus der Geschichte einer so komplexen, interdependenten Fachdisziplin zu kondensieren, ohne dabei den roten Faden zu verlieren.

Hier beweisen sich einmal mehr die unbestreitbaren Qualitäten des Autors. Allerdings birgt die Kürze der Darstellung zugleich die Gefahr, dass ein Zerrbild des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses entsteht, indem Wissenschaft nicht mehr als etwas prozessual Suchendes und unter Mühen zu Erwerbendes erscheint, sondern als allzu selbstverständlich logische Konsequenz von Vorerkenntnissen und zeitlichen wie personellen Rahmenbedingungen. Insbesondere pharmaziehistorisch interessierten Lesern muss daher das Kapitel zur Revolution der pharmakochemischen Therapie ab Mitte des 19. Jahrhunderts als etwas geradezu mühelos Selbstverständliches erscheinen, einige Seiten mehr wären in diesem Kapitel durchaus wünschenswert gewesen.

Alles in allem ist Wolfgang U. Eckart ein Glanzstück der modernen Medizinhistoriographie gelungen, das Empathie zu wecken vermag und ein Publikum auch weit jenseits der Fachkreise begeistern kann.


Wolfgang U. Eckart, Illustrierte Geschichte der Medizin, Von der französischen Revolution bis zur Gegenwart, 1. Auflage 2011, X, 374 Seiten, 325 Abbildungen in Farbe, 49,95 Euro. Springer Verlag, Heidelberg.

ISBN 978-3-642-12609-3


Dr. Andreas Ziegler, Großhabersdorf


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