Selbstmedikation

Bei Reizhusten für Ruhe sorgen

In den Herbst- und Wintermonaten rollt die Erkältungswelle mit Virusinfektionen der oberen Atemwege wieder an. Ein dabei auftretender Husten kann sehr quälend sein und sich über Wochen hinziehen. Der Apotheker kann mit der richtigen Auswahl des Wirkstoffs und einer geeigneten Arzneiform die Behandlung des Hustens wirkungsvoll unterstützen.

Husten ist das Hauptsymptom der meisten Atemwegserkrankungen, wobei man einen produktiven von einem trockenen Reizhusten unterscheidet. Der produktive Husten geht mit einer erhöhten Produktion von zähem Sekret einher und hat eine sinnvolle Reinigungsfunktion, indem er die Atemwege von zähem Hustenschleim befreit. Beim trockenem Reizhusten liegt hingegen ein ständiger Hustenreiz vor, bei dem kein Schleim abgehustet wird. Er ist für den Betroffenen sehr belästigend und kann das Allgemeinbefinden stark beeinträchtigen.

Typischer Erkältungshusten

Der Husten durchläuft im Verlauf einer Erkältungskrankheit drei verschiedene Phasen: Er beginnt in der Regel mit einem trockenen Reizhusten, der zwei bis drei Tage anhält. Darauf folgt ein etwa sieben Tage dauernder produktiver Husten als Ersatzreinigungsmechanismus, da die Atemwege ihre physiologische Selbstreinigungsfunktion (mukoziliäre Clearance) nicht mehr aufrechterhalten können. Zäher Schleim bringt die natürliche Reinigungsrolltreppe der Atemwege zum Stocken, da die Flimmerhärchen die Weiterbeförderung des Schleims in Richtung Rachen nicht mehr bewältigen können. Ist der Reinigungsmechanismus wieder in Gang und die Bronchien vom Schleim befreit, kann im Anschluss in der Abheilungsphase wieder ein trockener Reizhusten folgen und bis zu acht Wochen andauern.

Die richtige Arzneiform wählen


Eine optimale Behandlung des Reizhustens berücksichtigt, ob der trockene Husten primär im Rachen oder in den Bronchien seinen Ursprung hat. Zu Anfang einer Atemwegsinfektion sind oftmals vornehmlich die Hustenrezeptoren im Hals und Rachen und weniger die in den tiefer liegenden Atemwegen befindlichen Rezeptoren gereizt. Dieser Rachenhusten lässt sich prinzipiell mit allen hustenreizlindernden (systemische oder lokale periphere Antitussiva) und hustenstillenden (zentrale Antitussiva) Wirkstoffen sowie mit lokalanästhetischen Substanzen behandeln. Aber durch die richtige Auswahl einer geeigneten Arzneiform lässt sich zudem eine besonders effiziente Linderung erzielen. So sind beim Rachenhusten Lutschtabletten und Säfte anderen Darreichungsformen wie Tropfen, Tabletten, Dragees oder Kapseln in ihrer Hustenlinderung überlegen, da sie ihre Wirkung auch als Demulzenz entfalten. Eine besonders gute Wirkung lässt sich erzielen, wenn die Zubereitungen lange im Mund-Rachenraum verweilen. Daher sollte bei der Abgabe eines Saftes der Tipp gegeben werden, diesen nicht sofort hinunterzuschlucken.

Quälender Reiz

Der Anfang einer Atemwegsinfektion macht sich in der Regel durch eine Rachenentzündung bemerkbar. Die dadurch geröteten und geschwollenen Schleimhäute verursachen Halsschmerzen und Heiserkeit. Zudem irritieren ausgeschüttete Entzündungsmediatoren wie Prostaglandine, Histamine oder Zytokine die dort befindlichen Hustenrezeptoren. Deren Empfindlichkeit wird so gesteigert, dass schon bei niedrigen Reizen der Husten als Reflex ausgelöst wird. Dieser Husten bleibt in den ersten zwei bis drei Tagen zunächst ohne Schleimbildung und stellt sich als trockener Reizhusten dar. Da er ohne Auswurf ist, fehlt ihm die Reinigungsfunktion und er ist für den Betroffenen ohne Nutzen. Seine gewaltigen Stöße, die bis zu 1000 km/h erreichen können, reizen und schädigen hingegen die erkältungsbedingt bereits entzündeten Schleimhäute immer wieder aufs Neue und unterhalten einen Teufelskreis aus Gewebeschädigung, Entzündung und erneuter Sensibilisierung der Hustenrezeptoren. Diese reagieren mit noch heftigeren Hustenanfällen, die wiederum eine zunehmende Schleimhautirritation mit sich anschließenden verstärkten Reizhustenattacken und eine Verschlechterung des Allgemeinbefindens zur Folge haben.

Zusatzhinweise


Folgende unterstützende Maßnahmen können Betroffenen zur Hustenlinderung und zum Lösen des zähen Schleims empfohlen werden:

  • dem Körper Ruhe und Schonung gönnen

  • nicht Rauchen

  • Raumluft feucht halten (z. B. mit Luftbefeuchtern, nassen Handtüchern über der Heizung)

  • Brustwickel anwenden (z. B. warme Kartoffelwickel)

  • Erkältungsbäder nehmen

  • Inhalieren (z. B. mit reinem Wasserdampf, Kamille oder ätherischen Ölen)

  • hustenstillende oder hustenlösende Teemischungen trinken

Reizhusten behandeln

Damit die Schleimhäute nicht immer weiter gereizt und geschädigt werden, ist es bereits in den ersten Tagen einer Erkältung sinnvoll, den Reizhusten mit peripher oder zentral wirksamen Antitussiva zu lindern, auch wenn er im Normalfall selbstlimitierend ist. Geht der trockene Husten aber nach zwei bis drei Tagen nicht in eine produktive Form über, ist ein Erkältungshusten unwahrscheinlich. Der Betroffene sollte zum Arzt geschickt werden, damit dieser die eigentliche Ursache für den persistierenden Reizhusten findet und eine adäquate Behandlung einleitet. Ebenso gehört ein Reizhusten in der Abheilungsphase in die Hand eines Arztes, wenn er sich über Wochen hinzieht. Antitussiva können in diesem Stadium zwar den quälenden Reiz wirkungsvoll lindern. Die Verordnung von verschreibungspflichtigen inhalativen Corticoiden oder Beta-2-Adrenergika beschleunigt jedoch ein schnelles Nachlassen des Hustenreizes.

Periphere Hustenreizlinderung

Man nimmt an, dass die peripher wirksamen hustenreizlindernden Wirkstoffe die Empfindlichkeit der Hustenrezeptoren in der Luftröhre und in den Bronchien herabsetzen können und die afferente Leitung der Hustensignale zum Hustenzentrum beeinflussen. Wichtige Vertreter unter den außerhalb des Hustenzentrums wirkenden chemisch definierten Antitussiva sind in der Selbstmedikation Dropropizin und Benproperin; Levodropropizin unterliegt der Verschreibungspflicht.

Hustenlöser


Wenn der Husten im natürlichen Verlauf einer Erkältung produktiv geworden ist, ist es sinnvoll, die bronchiale Sekretstörung zu normalisieren. Dafür werden Expektoranzien eingesetzt, die den zähen Hustenschleim verflüssigen und lösen sollen, damit die Bronchien wieder leichter vom Schleim befreit werden. Von den chemischen Hustenlösern werden in Deutschland am meisten Ambroxol und Acetylcystein eingesetzt. Insbesondere mit Ambroxol wurden in den letzten Jahren viele Studien durchgeführt, die zeigen konnten, dass der Wirkstoff in verschiedene Stellen des natürlichen Reinigungsmechanismus der Atemwege eingreift und in der Lage ist, den zähen Hustenschleim zu lösen, die Bronchien zu befreien und vor der Ansammlung von neuem Hustenschleim zu schützen. Da ein produktiver Husten auch eine Halsbeteiligung zeigen kann, ist eine Linderung des Hustens besonders effektiv mit Ambroxol-haltigen Säften oder Lutschpastillen zu erzielen. Für Acetylcystein wird ein regulierender Effekt auf die schleimproduzierenden Zellen und Drüsen diskutiert. Sehr beliebt sind auch pflanzliche Zubereitungen. Neue Untersuchungsergebnisse zu Wirkung und Wirkmechanismus wurden beispielsweise kürzlich für Präparate mit Myrtol, Efeu und einem Wurzelextrakt der südafrikanischen Kapland-Pelargonie vorgestellt. So soll Myrtol sekretolytisch, sekretomotorisch und entzündungshemmend wirken. Für einen Efeu-Trockenextrakt wird über einen indirekten β2-mimetischen Effekt eine sekretolytische und bronchospasmolytische Wirkung angenommen. Und der Pelargonium-Extrakt soll sekretomotorische, antibakterielle und antivirale Effekte aufweisen.

Lokale Linderung des Hustenreizes

Es werden auch pflanzliche Zubereitungen zur Hustenreizlinderung eingesetzt. Schleimdrogen wie beispielsweise Eibisch, Isländisch Moos oder Malve lindern als Saft oder Lutschpastille lokal im Mund und Rachen den Hustenreiz, indem sie einen beruhigenden Schutzfilm auf die Schleimhaut legen und so die Hustenrezeptoren quasi umhüllen, so dass deren Ansprechbarkeit gemindert wird. In den Bronchien und im Kehlkopf entfalten sie keine Wirkung, da sie in den unteren Atemwegen die Rezeptoren nicht mehr erreichen können. In der Volks- oder Erfahrungsmedizin werden schon seit Langem pflanzliche dickflüssige Zubereitungen in Form von Hustenbonbons, Honigzubereitungen, Lutschtabletten oder Hustensäften zur lokalen Linderung des Hustenreizes verwendet. Sie werden als Linderungsmittel oder Demulzenzien bezeichnet. Ihre Wirkung ist mit ca. 15 bis 20 Minuten allerdings recht kurz. Sie können nur so lange wirken, wie sie lokal auf der Schleimhaut haften bleiben.

Ebenso vermindern lokalanästhetische Wirkstoffe wie Lidocain oder Ambroxol direkt das Ansprechen der Hustenrezeptoren auf Hustenreize. So werden für das ursprünglich als Sekretolytikum bekannt gewordene Ambroxol neben schmerzlindernden Effekten, die man sich bei Halsschmerzen zunutze macht, auch hustenreizlindernde Eigenschaften im Rachenraum postuliert, wobei dafür die Lutschtablette oder der Hustensaft eingesetzt werden muss.

Zentrale Hustenstiller

Sehr viel häufiger kommen die zentral wirksamen Antitussiva zum Einsatz. Ihre Wirkung wird über eine Anhebung der Reizschwelle im Hustenzentrum erklärt, wodurch sie die Hustenfrequenz und die Hustenintensität senken. Dabei bleibt ein notwendiges Abhusten jederzeit erhalten. Das verschreibungspflichtige Codein gilt als Goldstandard. In der Selbstmedikation stehen nach der Marktrücknahme von Clobutinol als chemisch definierte Wirkstoffe Dextromethorphan und Pentoxyverin zur Verfügung. Die Wirkung von Dextromethorphan setzt innerhalb von 15 bis 30 Minuten rasch ein und hält drei bis sechs Stunden an. Die Wirksamkeit der Substanz ist mit der von Codein vergleichbar. Als Kontraindikationen gelten COPD und Asthma. Pentoxyverin kann hingegen bei diesen Atemwegserkrankungen eingesetzt werden, da es in therapeutischen Dosen nicht das Atemvolumen beeinflusst. Neben einer zentralen antitussiven Wirkung am Hustenzentrum können auch periphere Effekte an den Rezeptoren des Bronchialtrakts festgestellt werden. So besitzt es eine spasmolytische und leichte bronchodilatorische Komponente. Auch lokalanästhetische Effekte werden beschrieben. Sowohl im raschen Wirkungseintritt (nach ca. zehn Minuten) als auch in der lang anhaltenden Wirksamkeit (drei bis sechs Stunden) ähnelt der Wirkstoff dem Dextromethorphan.

Kein Sekretstau durch Antitussiva

Immer wieder wird in der Fachwelt diskutiert, ob Antitussiva gemeinsam mit Expektoranzien eingesetzt werden können. Bei einem infektbedingten Erkältungshusten wird in der Regel zwar nicht so viel Sekret produziert, als dass dieses durch die Gabe von Antitussiva nicht mehr abgehustet werden könnte. Dennoch sind Antitussiva bei produktivem Husten mit erheblicher Schleimproduktion sowie eine zeitgleiche Einnahme der verschiedenen Hustenmittel nicht sinnvoll. Möglich ist aber eine zeitlich versetzte Gabe. So können Antitussiva zur Nacht für einen hustenfreien Schlaf verabreicht werden, selbst wenn am Tag Expektoranzien zur Therapie des produktiven Hustens eingesetzt wurden.


Quelle

Dr. Markus Meis, Oldenburg; Prof. Dr. Wolfgang Kehrl, Hamburg: Boehringer Ingelheim Hustentage 2010: Reizhusten, Hamburg, 19. Oktober 2010, veranstaltet von der Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, Ingelheim am Rhein.


Apothekerin Gode Meyer-Chlond

Literaturtipp


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Jutta Lehnen

Beratungspraxis Atemwegserkrankungen

2010. XVI, 162 S., 16 farb. Abb., 65 farb. Tab. Kartoniert. 12,80 Euro

Deutscher Apotheker Verlag, ISBN 978-3-7692-5116-6


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