Arzneimittel und Therapie

Stress kann zur Entstehung von Parkinson führen

Die Entstehung zahlreicher Erkrankungen lässt sich auf oxidativen Stress zurückführen. US-amerikanische Wissenschaftler konnten dies jetzt auch für den Morbus Parkinson zeigen. Bei dieser neurologischen degenerativen Erkrankung werden spezifische Neuronen im Gehirn zerstört, während andere relativ unbeschadet bleiben. Der Vorgang ließ sich im Tierversuch experimentell nachvollziehen, konnte aber durch das Antihypertonikum Isradipin eingeschränkt werden. Die Ergebnisse eröffnen neue Therapiemöglichkeiten zumindest für bestimmte Parkinson-Patienten.

Der Morbus Parkinson ist eine degenerative Erkrankung des extrapyramidalmotorischen Systems (EPS) bzw. der Basalganglien. Dabei kommt es zu einem Absterben von Dopamin freisetzenden Neuronen der Substantia nigra. Erste Symptome fallen auf, wenn etwa 70% dieser dopaminergen Zellen abgestorben sind. In Deutschland wird derzeit von 300.000 bis 400.000 Erkrankten ausgegangen.

Oxidativer Stress führt zum Tod der Neuronen

US-amerikanische Wissenschaftler haben jetzt gezeigt, warum gerade die dopaminergen Neuronen in der Substantia nigra empfindlich sind [1]. Sie waren davon ausgegangen, dass diese Zellen durch oxidativen Stress getötet werden. Durch Überbelastung der energieproduzierenden Mitochondrien werden toxische sauerstoffhaltige Moleküle gebildet. Die Neuronen zeigen eine besondere Aktivität: Über Calciumkanäle müssen Calciumionen aus und in die Zelle geschleust werden. Die Öffnung dieser Kanäle ist ein Vorgang, der Energie verbraucht, der die Neuronen offensichtlich bei Überbeanspruchung belastet. Um diese Hypothese zu belegen, untersuchten die Forscher Mäuse, die in den Mitochondrien der dopaminergen Neuronen ein fluoreszierendes Protein exprimierten. Das Eiweiß ist empfindlich gegen oxidativen Stress und die dopaminergen Neuronen der Substantia nigra waren tatsächlich deutlich empfindlicher als die der Nachbarregionen.

Die Wissenschaftler fanden aber auch einen Verteidigungsmechanismus der Neuronen. Die Zellen reagierten auf oxidativen Stress mit einer Öffnung weiterer Ionenkanäle in der Membran der Mitochondrien, die als Entkopplerproteine (uncoupling proteins) bezeichnet werden. Diese verhindern, dass in den Zellen Energie in Form von Adenosintriphosphat (ATP) produziert wird. Dadurch wird auch die Bildung von Sauerstoffradikalen reduziert. Mäuse mit einer Mutation im Gen DJ-1, das mit einem frühen Auftreten von Morbus Parkinson beim Menschen verbunden ist, exprimierten Entkopplerproteine in geringerem Ausmaß als "normale" Mäuse. Dies legt die Vermutung nahe, dass sie weniger widerstandsfähig gegen Stress sind. Auch benötigen die Zellen offensichtlich kein zusätzliches Calcium für ihre Aktivität. Durch die Blockade der Calciumkanäle kann somit möglicherweise ein therapeutischer Effekt erzielt werden. Eine frühere Studie hatte bereits eine mögliche Stress mindernde Wirkung des Antihypertonikums Isradipin, das als Calciumkanalblocker wirkt, auf betroffene Neuronen aufgezeigt [3]. Die Ergebnisse einer Phase II-Studie zur Verträglichkeit des Präparats bei Parkinson-Patienten sollen im nächsten Jahr vorliegen [2].

Auch wenn noch keine konkreten Daten vorliegen und der Wirkungsmechanismus noch nicht vollständig aufgeklärt ist, erwarten die Wissenschaftler dennoch eine Anwendung zumindest bei einem Teil der von Morbus Parkinson Betroffenen.

Quelle [1] Guzman, J. N. ; et al.: Oxidant stress evoked by pacemaking in dopaminergic neurons is attenuated by DJ-1. Nature 2010; doi:10.1038/nature09536 vom 10. November 2010. [2] Weaver, J.: Motor disorder could have stress-fighting solution. Nature News 2010; doi: 10.1038/news.2010.599 vom 10. November 2010. [3] Guzman, J. N. ; et al.: Robust Pacemaking in Substantia Nigra Dopaminergic Neurons. J. Neurosci. (2009) 29(35): 11011 – 11019.

 


 

Dr. Hans-Peter Hanssen



Neuartiger Hirnschrittmacher bei Parkinsonpatienten implantiert


Tiefe Hirnstimulation bei Morbus Parkinson

Ärzte und Wissenschaftler der Uniklinik Köln haben erstmals einen neuen Hirnschrittmacher bei einem Parkinsonpatienten implantiert. Im Gegensatz zu bisherigen Schrittmachern verfügt dieser über acht statt vier Elektroden und soll sich damit sehr viel genauer regulieren lassen.


Die Hirnschrittmachertherapie ist bei Morbus Parkinson inzwischen eine etablierte Therapieoption, von der tiefen Hirnstimulation profitierten vor allem Personen mit einem therapierefraktären Morbus Parkinson und einem starken Tremor.

Der neue Hirnschrittmacher ist ein Fortschritt in der Parkinsontherapie, da nun nicht mehr vier, sondern acht Kontakte auf jeder Hirnseite zur Verfügung stehen, wie die Forscher der Uni Köln betonen. So kann in die Erkrankung feiner dosiert eingegriffen werden, Nebenwirkungen, wie zum Beispiel Sprachstörungen, die bisher durch die Reizung von Nachbarregionen hervorgerufen wurden, könnten vermieden werden.

Mit dem neuen Hirnschrittmacher sei es außerdem möglich, an jedem der acht Kontakte unterschiedliche Stimulationsprogramme ablaufen zu lassen. Die verschiedenen Hirnregionen und nahe beieinander liegende Hirnareale können individuell angesteuert werden. Ein Tremor oder ein verlangsamter Bewegungsablauf kann so individuell therapiert werden. Dabei ist das neue System nur wenig größer als eine Streichholzschachtel. In Köln sollen in den nächsten Monaten sieben bis zwölf Patienten den neuen Hirnschrittmacher eingesetzt bekommen, weltweit werden in der Testphase des Gerätes 40 Menschen operiert.


[Quelle: Neuer Hirnschrittmacher bei Parkinson erstmals implantiert - Start internationaler Studie. Pressemitteilung der Uniklinik Köln vom 9. November 2010.]


ck

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