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AMNOG passiert Bundestag im Schnelldurchgang

BERLIN (lk). Nur eine Stunde nahm sich der Deutsche Bundestag vor halb leeren Rängen Zeit, um die für die Apotheken schwerwiegenden Änderungen des Arneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) mit der Mehrheit der Regierungskoalition zu verabschieden. Damit ist es so gut wie amtlich: Der Apothekenabschlag steigt ab Januar 2011 auf 2,05 Euro – für die Apotheken eine Einbuße in Höhe von 200 Millionen Euro. Jetzt fehlt nur noch das Ja des Bundesrates am 17. Dezember.

Der Vize-Fraktionsvorsitzende der Union, Johannes Singhammer (CSU), rechtfertigte die Erhöhung des Apothekenabschlages auf 2,05 Euro: "Wir stehen zum Apotheker als selbstständigen Beruf, aber auch die Apotheker müssen einen Sparbeitrag leisten." Befürchtungen seien aber nicht berechtigt, dass der Großhandel seinen Sparbeitrag in Höhe von ebenfalls 200 Millionen Euro weiterreichen könne. Singhammer wiederholte das Versprechen der Koalition, dem Versandhandel Schranken zu setzen: "Pick-up-Stellen werden nicht zugelassen." Allerdings nannte der Fraktionsvize weder Zeitpunkt noch Einzelheiten für das bereits im AMNOG angestrebte Pick-up-Verbot.

Zuvor hatte in der Debatte Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) Kritik an seinem Gesetzeswerk zurückgewiesen: Die Koalition habe ihre drei wesentlichen Ziele erreicht. Die Pharmaindustrie werde beim Sparen in die Verantwortung genommen. Das Preismonopol der Arzneimittelhersteller werde gebrochen. Und der Zugang zu bestmöglichen Medikamenten werde für die Patienten sichergestellt. Rösler: "Wir haben alle drei Ziele zu 100 Prozent erreicht."

Im Jahr 2011 trügen die Arzneimittelhersteller mit zwei Milliarden Euro zur Konsolidierung der gesetzlichen Krankenversicherung bei. Die einseitige Preisfestlegung bei neuen Arzneimitteln werde beendet. Und die neue Kosten-Nutzen-Bewertung stelle sicher, dass es keine überhöhten Preisforderungen mehr gebe. Endlich gebe es dafür eine wissenschaftliche Grundlage. Rösler: "Keinen Zusatznutzen, keine zusätzliche Bezahlung, keine Scheininnovationen mehr. Wir machen Gesetze für Patienten."

Für die SPD bezeichnete Karl Lauterbach das AMNOG als "Mogelpackung". Weder die Kosten würden begrenzt, noch die Qualität verbessert. Das Gesetz mache die Therapie unsicherer. Nur der Zwangsrabatt für die Arzneihersteller sei brauchbar. "Sie haben nichts unternommen, um sicherzustellen, dass richtige Arzneimittel angewendet werden," sagte Lauterbach. Das AMNOG sei ein reines Kostensenkungsgesetz.

Durch die Öffnung der Integrierten Versorgung für Arzneimittelhersteller werde der Patient zum Absatzmarkt der Industrie, kritisierte Lauterbach: "Das ist die legalisierte Form der Korruption." Kritik übte der SPD-Gesundheitspolitiker an der Mehrkostenregelung. Damit holten sich die Hersteller den kleinen Zwangsrabatt wieder zurück. "Wir wollen keine Ausnutzerei und Abzockerei bei Patienten."

Kathrin Vogler (Die Linke) warf der Regierungskoalition vor, sie lasse die Versicherten mit hohen Kosten und die Patienten mit zweifelhaften Therapien im Regen stehen. Im ersten Jahr würden neue Arzneimittel teurer, weil die Hersteller Mondpreise fordern würden.

Als kleines positives Signal bewertete Birgitt Bender (Grüne) die neue Kosten-Nutzen-Bewertung: "Da hat sich etwas bewegt." Trotzdem: Das AMNOG und die anfänglichen Versprechen Röslers lägen weit auseinander. Das Preismonopol werde nicht gebrochen. Die Nutzenbewertung diene nur der Preisfindung und habe sonst keine echten Konsequenzen. Bender forderte, die Nutzenbewertung auf für bereits auf dem Markt befindliche Arzneimittel auszudehnen: "Dahinter bleiben sie weit zurück." Die Integrierte Versorgung öffne Tür und Tor für Missbrauch mit Patientendaten, warnte Bender. Benders Fazit: "Das AMNOG ist keine Neuordnung, sondern schafft vor allem Unordnung auf dem Arzneimittelmarkt."

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