Aus Kammern und Verbänden

Ehrensymposium für Prof. Dr. Hilke Winterhoff †

Am 7. Oktober 2010 erinnerte ein Ehrensymposium in Münster an die am 9. Mai verstorbene Frau Prof. Dr. Hilke Winterhoff, die jahrzehntelang an der Universität Münster gelehrt hat. Veranstalter waren die Kooperation Phytopharmaka, Bonn, und Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Fritz Kemper, Universität Münster.
Hilke Winterhoff (1941 – 2010)
Foto: privat

Einen Überblick über Winterhoffs umfassendes wissenschaftliches Lebenswerk gaben neben Kemper die Präsidentin der Gesellschaft für Phytotherapie, Prof. Dr. Karin Kraft, Rostock, sowie der Vizepräsident der Gesellschaft für Arzneipflanzen- und Naturstoff-Forschung, Prof. Dr. Wolfgang Blaschek, Kiel. Nach dem Studium der Biologie und Chemie an den Universitäten Hamburg und Münster fand Winterhoff ihren wissenschaftlichen Wirkort am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Münster, wo sie sich mehr als 40 Jahre lang intensiv mit der biologischen und pharmakologischen Aktivität von Pflanzeninhaltsstoffen befasste. Kraft hob hervor, dass Winterhoff Anfang der 1980er Jahre die damals "darnieder liegende" Phytotherapie mit ihren ersten pharmakologischen Publikationen "wieder zum Leben erweckt" habe.

Kämpferin für die rationale Phytotherapie

Im Fokus ihres Interesses stand die Erforschung von Johanniskraut, Hopfen und Baldrian an verschiedenen Rattenmodellen, jedoch widmete Winterhoff sich auch zum Teil völlig neuen Aspekten, die den Pflanzen bis dahin überhaupt nicht zugeordnet worden waren. Ihre wachsende wissenschaftliche Reputation führte nicht nur zur Verleihung des Rudolf Fritz Weiß-Preises im Jahr 1998, sondern auch zur Mitgliedschaft und Übernahme von verantwortlichen und koordinativen Positionen in wichtigen Fachgremien und Fachgesellschaften auf dem Gebiet der Phytotherapie.

Ihre langjährigen Wegbegleiter betonten einhellig die Geradlinigkeit und den ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit der kritischen Befürworterin der rationalen Phytotherapie, die nach den Aussagen der Grußredner mit einer großen persönlichen Bescheidenheit gepaart waren. In Diskussionen konnte sie hart sein, so beschrieb es Blaschek, aber gleichzeitig ausgleichend im Zwischenmenschlichen, kurz: "Die Zusammenarbeit mit ihr war stets ein nutzbringendes Vergnügen."

Der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Phytotherapie, Prof. Dr. Heribert Pittner, stellte heraus, dass Winterhoff zu dem leider sehr kleinen Kreis von Pharmakologen gehörte, die sich überhaupt mit Phytotherapie beschäftigen.

Die Schwester der Verstorbenen, Prof. Dr. Gesa Schwanitz vom Institut für Humangenetik der Universität Bonn, griff in ihrem Vortrag zurück auf die Arbeit zur Endoreduplikation beim Menschen, mit der Winterhoff ihre wissenschaftliche Karriere im Jahr 1964 am Institut für Humangenetik begonnen hatte, und schilderte die Weiterentwicklung der diesbezüglichen Forschung bis in die Gegenwart.


Projekt "Heilpflanzen im Biologieunterricht"


Prof. Dr. Marcus Hammann vom Zentrum für Didaktik der Biologie der Universität Münster stellte auf dem Ehrensymposium das Projekt "Heilpflanzen im Biologieunterricht vor, das Winterhoff im Frühjahr 2010 initiiert hat und das von der Kooperation Phytopharmaka gefördert wird. Es wurde im September 2010 begonnen und hat eine Laufzeit von zwei Jahren. Das zentrale Ziel des Projekts ist die Entwicklung von Unterrichtsmaterialien für den Biologieunterricht, um die Vermittlung botanischer Grundkenntnisse mit dem Kontext der Arzneimittelherstellung zu verknüpfen. Es richtet sich an verschiedene Altersstufen von der Grundschule bis zur Sekundarstufe II. Durch die Erstellung kleiner, frei kombinierbarer Unterrichtsmodule soll ein flexibler Einsatz der Unterrichtsmaterialien gewährleistet werden. Ausleihbare Koffer, die in dem Projekt entwickelt werden sollen, enthalten Anschauungsmaterial, Unterrichtsmaterialien und Apparaturen zur Herstellung von pflanzlichen Arzneimitteln in der Schule.

Mithilfe einer Schülerbefragung an einer Realschule im Münsterland wurden bereits Erkenntnisse über mögliche Schwerpunkte bei der Entwicklung der Materialien in dem Projekt gewonnen. Demnach zeigen die Jugendlichen ein großes Interesse an der Heilwirkung der Pflanzen, an deren Besonderheiten wie auch an deren Weiterverarbeitung zu Arzneimitteln. Außerdem möchten sie selber Rezepte ausprobieren und auch selber Heilpflanzen säen oder Pflanzen sowie Zubereitungen daraus herstellen.

Es wurde ein Spendenkonto für das Projekt eingerichtet:

Kontoname: Phyto, Kontonummer: 135 442 002,
Sparkasse Münsterland Ost, BLZ 400 501 50.

Forschungsobjekt Johanniskraut

Einen Blick zurück in die frühe Erforschung der Inhaltsstoffe und des pharmakologischen Wirkprinzips von Johanniskraut warf Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Adolf Nahrstedt vom Institut für Pharmazeutische Biologie und Phytochemie, Universität Münster. Wie die Klärung des Wirkmechanismus von Johanniskraut derzeit mit hochmodernen DNA-Microarray-Analysen fortgesetzt wird, schilderte die erste Doktorandin von Winterhoff, Prof. Dr. Veronika Butterweck, die heute an der Universität von Gainesville, Florida, lehrt und forscht.

Einen weiteren Beitrag aus dem Leben Winterhoffs steuerte Prof. Dr. Andreas Hensel, ebenfalls Universität Münster, bei, der mit ihr unter anderem zwei Nachwuchs-Workshops "unter Ausschluss der etablierten Wissenschaftler" durchgeführt hat.

Dr. Olaf Kelber, Darmstadt, berichtete über das Genotoxizitäts-Projekt der Kooperation Phytopharmaka, an dem Winterhoff als Vorsitzende der Arbeitsgruppe Wirksamkeit der Koop Phyto ebenfalls maßgeblich beteiligt war.

Studienergebnisse aus der Phytopharmakaforschung, unter anderem zu Kürbissamen (G.R.A.N.U.-Studie), zur Weidenrinde und zu Phyto-Synergien, refererierten Dr. Christoph Theurer, Bühl, PD Dr. Gudrun Ulrich-Merzenich, Bonn, und Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hildebert Wagner, Universität München.

Abgerundet wurde das wissenschaftliche Programm mit einem Beitrag von Dr. Stefan Sandner, Münster, zur regulatorischen Situation pflanzlicher Arzneimittel, die von Problemen bei der Arzneimittelzulassung und ‑registrierung sowie Problemen aufgrund der unscharfen Grenze zum Lebensmittelbereich geprägt ist. Mit seiner Hoffnung auf eine weitgehende Rückführung pflanzlicher Zubereitungen aus dem Lebensmittel- in den Arzneimittelbereich wäre sicherlich auch Winterhoff konform gegangen, meinte Sandner.

Abschließend brachte die Leiterin der Geschäftsstelle der Kooperation Phytopharmaka, Cornelia Schwöppe, ihre persönlichen Erinnerungen an die verstorbene Wissenschaftlerin vor.


Dr. Helga Blasius, Remagen

Nachrufe


Nachrufe auf Prof. Dr. Hilke Winterhoff in DAZ 19, Seite 116 und DAZ 20, Seite 111.

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