Deutscher Apothekertag 2010

Zukunftschance

Thomas Müller-Bohn

In der Diskussion im Arbeitskreis 2 über den "Zukunftsberuf Apotheker" spielten Nachwuchssorgen eine große Rolle. Da wäre mehr Vertrauen in den Markt angebracht. Wenn der Staat angemessene Rahmenbedingungen schafft, werden auch junge Leute den Beruf ergreifen. Wenn nicht, erkennen die Politiker hoffentlich rechtzeitig den Stellenwert der Pharmazie. Doch in der Diskussionsrunde sind über die vielen durchaus guten Gedanken zur Verbesserung der Ausbildung leider die weiteren wichtigen Folgen des demografischen Wandels etwas aus dem Blickfeld geraten: Es wird pro Apotheke viel mehr multimorbide geriatrische Patienten mit Bedarf an intensiver pharmazeutischer Betreuung geben als bisher. Außerdem wird die Bevölkerungsdichte mancherorts stark sinken. Letzteres betrifft nicht alle Apotheken, aber einige dafür drastisch. Lösungsansätze für diese Probleme gibt es. Managed-Care-Unternehmen bieten standardisierte Versorgungskonzepte, die durchaus funktionieren – mithilfe des Versandhandels auch in den bevölkerungsarmen Weiten der USA. Die Anbieter positionieren sich bereits in Europa, zumindest für spezielle Indikationen. Statt unabhängiger Heilberufler und freier Wahl des Patienten sind dort durchgehende Organisationsstrukturen, möglichst vom Arzneimittelhersteller bis zum Patienten gefragt. Für die Anbieter ist das sicher lukrativ. Politiker in Deutschland könnten unter dem Druck der Demografie mit solchen Konzepten liebäugeln. Doch dazu muss es nicht kommen. Die Demografie bietet auch den Apothekern eine gute Chance sich zu positionieren. Gefragt ist ein Medikationsmanagement mit wirtschaftlicher Präparateauswahl, Patientenschulungen und regelmäßigen Rückmeldungen über Einnahmetreue, Therapieergebnisse und mögliche arzneimittelbezogene Probleme. Hinzu kommt die Versorgung mit Hilfsmitteln als Paketlösung. Die Apotheke könnte dabei zum organisatorischen Zentrum eines Netzwerkes zwischen Patient, Arzt und weiteren Leistungsanbietern werden. Bisher werden solche Leistungen als besonderes persönliches Engagement erbracht, aber das wird künftig kaum mehr möglich sein, wenn die Zahl der Alten explodiert. Dann ist ein gewisses Maß an Standardisierung unverzichtbar. Solche Konzepte müssen betriebswirtschaftlich durchgerechnet sein. In der Diskussionsrunde am letzten Tag des Apothekertages ließen einzelne Politiker solche Forderungen an die Apotheker durchblicken. So könnte die Demografie zu einer großartigen Chance werden. Dazu passt das gemeinsame Konzept der ABDA und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Medikationsauswahl. Der pharmazeutische Leistungskatalog LeiKa könnte eine erste Struktur für die weiteren Angebote geben. Dabei müssen die Inhalte klar definiert und einer Qualitätssicherung zugänglich sein. Das wäre auch ein schöner Aspekt für den Arbeitskreis 2 gewesen. Dazu kam es leider nicht. Doch die Chance für die Apotheken ist da. Wenn die Apotheker jetzt aktiv werden, haben sie einen Zukunftsberuf ohne Nachwuchssorgen.

Thomas Müller-Bohn


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