Aus Kammern und Verbänden

Warum diese Belastung?

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am 30. September in Kiel verdeutlichten Vertreter des Apothekerverbandes und der Apothekerkammer Schleswig-Holstein die Leistungen der Apotheken. Im Mittelpunkt stand die Frage, warum die Apotheken durch das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) so sehr belastet werden sollen, obwohl sie wichtige Leistungen seit Jahren für ein langfristig konstantes Honorar erbringen.
Dr. Kai Christiansen, Kerstin Tomberger, Verbandsvorsitzender Dr. Peter Froese und Kammerpräsident Gerd Ehmen (von links) informierten die Presse.
Foto: DAZ/tmb

Der Verbandsvorsitzende Dr. Peter Froese äußerte große Sorgen, dass die geplanten Kürzungen den Großhandel und die Apotheken existenziell treffen würden. Eine zu erwartende Verringerung des Gewinns um durchschnittlich 23.000 Euro pro Apotheke sei "ganz eindeutig zu hoch". Das habe Auswirkungen auf die flächendeckende Versorgung und die Zahl der Arbeitsplätze.

Kammerpräsident Gerd Ehmen meinte, auch 10.000 Euro Einbuße könnten für eine kleine Apotheke bereits das Ende bedeuten. Manche Apothekenleiter würden schon jetzt weniger als ein angestellter Apotheker verdienen. Ähnlich wie bei den Ärzten befürchtet er, dass den Leistungserbringern die Lust an ihrem Beruf genommen werde. Daher sehe er die Gefahr, dass Lücken in der flächendeckenden Versorgung entstehen. Außerdem könne damit eine Systemveränderung eingeleitet werden, Kapitalgesellschaften könnten dann die Versorgung übernehmen.

Froese argumentierte, dass die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) seit Jahren etwa 4 Milliarden Euro jährlich für die Leistungen der Apotheken aufbringt. Neben der Versorgungsleistung würden die Apotheken dafür auch dem System helfen, Einsparungen zu realisieren, die sich auf etwa 5,8 Milliarden Euro jährlich summieren – vom Inkasso der Herstellerrabatte und Zuzahlungen bis zur Umsetzung der Rabattverträge (siehe AZ 40). Froese folgerte: "Wir helfen dem System zu sparen, und zwar massiv." Darum appellierte er an die Politik, die Apotheke als Systempartner zu sehen und nicht weiter zu belasten.

Sorgen eines Landapothekers

Dr. Kai Christiansen, zweiter stellvertretender Verbandsvorsitzender, zeigte die praktischen Leistungen und die Probleme der Apotheken aus seiner Perspektive als Landapotheker auf. "Die Politik erkennt die Leistungen der Apotheken an, aber sie handelt leider nicht danach", beklagte Christiansen. Das dünn besiedelte Einzugsgebiet seiner Apotheke entspreche etwa der Fläche von ganz Hamburg. Um die Menschen zu versorgen, sei ein kostenintensiver Botendienst nötig. Solche Landapotheken seien nötig für die flächendeckende Versorgung. Da sie einen hohen GKV-Anteil, aber keine Quersubventionierung aus dem OTC-Geschäft haben, seien sie darauf angewiesen, ihre Kosten aus dem Rezeptumsatz zu erwirtschaften, und werden von den Regelungen der GKV besonders stark getroffen. Die nun drohenden Einbußen seien durch Kosteneinsparungen nicht mehr zu kompensieren. "Wir fordern Verlässlichkeit, Langfristigkeit und Ehrlichkeit", erklärte Christiansen in Hinblick auf die Politik. Diese Werte müsse er als Landapotheker auch den Kunden bieten. Dazu erklärte Froese: "Landapotheken sind Basisversorger. Die Leute sind darauf angewiesen."

Alle Mitarbeiter von Christiansen sind Frauen, dies gilt auch für die Apotheke seiner Flensburger Kollegin im Verbandsvorstand, Kerstin Tomberger, die die Bedeutung der Arbeitsplätze für Frauen betonte. Für ihre typische Wohngebietsapotheke konstatierte sie einen besonders großen Beratungsbedarf. Sie veranschaulichte ein Dilemma der Apotheken: Es sei immer mehr Kommunikation nötig und "mehr Kommunikation erfordert mehr Personal, aber der Ertrag nimmt ab", so Tomberger. Darum würden manche Apotheken frei werdende Stellen nicht besetzen. Wenn Apotheken geschlossen werden, geschehe dies "ohne Peng". Im Gegensatz zu Großunternehmen sehe niemand hin, doch zusammengenommen hätten die Apotheken so viele Mitarbeiter wie ein großer Konzern.

Alternatives Konzept

Als Alternative zur geplanten Kürzung der Großhandelsspanne verwies Froese auf ein gemeinsames Versorgungskonzept der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der ABDA (siehe AZ 40), bei dem die Apotheker einen Medikationskatalog der Ärzte umsetzen. Damit seien Einsparungen in einer ganz anderen Dimension zu erzielen. Froese sieht das Modell auch als Möglichkeit, auf die Rabattverträge verzichten zu können. Zumindest müsse die Komplexität der Rabattverträge vermindert werden. Die Rabattverträge seien weiterhin sehr problematisch, weil sie dauerhaft bei etwa 30 Prozent der Patienten zu Problemen führen; "die Leute verwechseln die Arzneimittel", berichtete Froese aus eigenen Erfahrungen. Zugleich warnte er davor, dabei künftig das Kartellrecht anzuwenden. Die Einführung des Kartellrechts in ein solches System führe zum Versorgungschaos, wie es bei den Hilfsmitteln zu beobachten sei, befürchtet Froese.


tmb

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