Deutscher Apothekertag 2010

Sparen durch Gestalten: das Zukunftskonzept

Deutscher Apothekertag, 7. bis 9. Oktober 2010 in München

Ein Bericht der DAZ-Redaktion

Obwohl der diesjährige Apothekertag in einer politisch schweren Zeit stattfand, ließ sich die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker durch die von der Politik geforderten massiven Einsparungen nicht beirren. Trotz düsterer politischer Entwicklungen (die sich in der dunklen Kongresshalle widerspiegelten), bemühte sich der Apothekertag, sachlich und konstruktiv auf eine neue Zukunft des Apothekerberufs hinzuarbeiten: Angestrebt wird eine stärkere Kooperation von Ärzten und Apothekern. Ungeachtet dessen machte man jedoch der Politik klar, dass die mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) vorgesehenen Einsparungen die Apotheker überproportional belasten, während sich Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser über ordentliche Zuwächse freuen können. Und so war die Botschaft des ABDA-Präsidenten Heinz-Günter Wolf in seinem Schlusswort: "Auf Apotheker ist Verlass, aber wir wollen fair behandelt werden."

Inhaltsverzeichnis: Deutscher Apothekertag 2010

  • Das Wichtigste in Kürze
  • Politische Grußworte
  • Lagebericht
  • ABDA-Geschäftsbericht
  • Arbeitskreis 1
  • Arbeitskreis 2
  • Arbeitskreis 3
  • Eröffnung der Expopharm
  • Anträge
  • Anti-Doping Agentur: Gemeinsam mit der NADA gegen Doping
  • Behinderten-Sportförderung: Paralympics-Star Verena Bentele auf dem Deutschen Apothekertag
  • Hans-Meyer-Medaille: Ehrung für Prof. Dr. Hartmut Morck
  • Katastrophenhilfe für Haiti: Dankeschön für Spendenbereitschaft
  • Beratungspraxis: Aktion: mitberaten – mitgewinnen!
  • Zitate vom Deutschen Apothekertag 2010


ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf "Wo bleibt das Geld?"
Foto: DAZ/Schelbert

ABDA-Vizepräsident Friedemann Schmidt bezeichnete es im DAZ.TV-Interview als "fast sensationell" und als "Revolution in der Arzneimittelversorgung": Die Verantwortung für Arzneimittelversorgung soll wieder zurückgelegt werden "in die Hände, in die sie gehört, nämlich von Ärzten und Apothekern". Der Deutsche Apothekertag bekannte sich einstimmig zu einem gemeinsamen Konzeptpapier der ABDA und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zur Weiterentwicklung einer patientengerechten Arzneimittelversorgung. Dieses Papier sieht eine stärkere Kooperation, eine Teilung der Verantwortung von Ärzten und Apothekern vor zum Nutzen der Versicherten. Kernelemente sind die ärztliche Wirkstoffverordnung auf Basis eines bundesweit einheitlichen Medikationskataloges, die konkrete Präparateauswahl und Abgabe in Apotheken mit entsprechender Beratung sowie die Kopplung dieser Regelungen an ein Garantiepreismodell im Generikabereich. Mit diesem Konzept lassen sich nach Auffassung der ABDA deutlich höhere Potenziale für die GKV heben als durch lineare Streichmaßnahmen. Das Konzept habe, so Wolf, Chancen auf Akzeptanz, weil es aus der Selbstverwaltung, aus den freien Berufen herauskomme. "Sparen durch Gestalten – darin liegt die Logik dieses Konzeptes", unterstrich Wolf. Man wolle keine Versorgungslotterie, jeder Versicherte habe einen Anspruch auf bestmögliche Therapie durch seinen Arzt und bestmögliche pharmazeutische Versorgung durch seinen Apotheker. Er sei stolz darauf, betonte Wolf, dass die Hauptversammlung der Deutschen Apothekerinnen und Apotheker das gemeinsame ABDA/KBV-Konzept einstimmig beschlossen habe. Im Bereich der Krankenkassen sei allerdings noch Aufklärungsarbeit hierzu nötig. Dennoch, so forderte Wolf die Politik auf, sei das gemeinsame Konzept von ABDA und KBV nicht nur zu prüfen, sondern anzunehmen und umzusetzen.

Doch der Apothekertag befasste sich nicht nur mit der zukünftigen Ausrichtung des Apothekerberufs. Auch die gegenwärtige Bedrohung der Apotheken durch das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz war Thema in zahlreichen Statements und Debatten. Die politischen Grußworte und die gesundheitspolitische Diskussionsrunde offenbarten: "Statt eine intelligente Veränderung der Versorgungsstruktur vorzunehmen und damit zu sparen, bestimmt allein die Finanzlage der GKV die politische Diskussion", klagte Wolf. Er habe den Eindruck, die Politik sei getrieben von den Kassandra-Rufen des GKV-Spitzenverbands, der sich offenbar mit seinen Streichforderungen in der Politik durchgesetzt habe.

Wolf wies in diesem Zusammenhang auf einen interessanten Sachverhalt hin: Die Nettoverwaltungsausgaben der Krankenkassen belaufen sich auf 9 Milliarden Euro bei 137.000 Beschäftigten. Damit liegen sie doppelt so hoch wie die Einnahmen der Apotheken aus dem Apothekenentgelt, nämlich 4,5 Milliarden Euro. Die Apotheker beschäftigen aber rund 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr als die Krankenkassen – "wo bleibt das Geld?", fragte der ABDA-Präsident. Statt Wirtschaftlichkeitspotenziale bei den Krankenkassen zu heben, indem man die in der letzten Legislaturperiode beschlossenen Maßnahmen wirken lasse, gehe die Politik einen anderen Weg, so Wolf. Die Bundesregierung beschließe Beitragssatzerhöhungen für die Versicherten und fordere Sparbeiträge der Leistungserbringer in Höhe von 3,5 Milliarden Euro ein. Allein für die Apotheken bedeuten die geforderten Sparmaßnahmen jährlich, auch in den Folgejahren, rund 23.000 Euro weniger pro Apotheke. Ein Beschluss des Apothekertags machte deutlich, dass man sich dies nicht bieten lassen wolle.

So nebenbei unterbreitete die Politik den Apothekern ein neues Sparangebot auf dem Apothekertag. Der CDU-Politiker Jens Spahn schlug vor, 200 Millionen Euro beim Großhandel durch eine veränderte Marge (3,4% Aufschlag und 70 Cent als Fixum) hereinzuholen und 200 Millionen Euro bei den Apotheken abzuschöpfen. Wohlwissend, dass bei diesem Vorschlag die 200 Millionen, die der Großhandel tragen sollte, auch bei den Apotheken ankommen dürften, werden sich Politiker und Apotheker in den nächsten Tagen darüber austauschen müssen.

Wolf: "Wir fordern von der Bundesregierung nach wie vor: Eine Umstellung der Großhandelsvergütung muss sauber gerechnet werden. Es muss außerdem die Verhältnismäßigkeit in der Gesetzgebung bewahrt bleiben. Es kann nicht sein, dass Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser weitere Zuwächse erhalten und die Apotheker einseitig belastet werden." Außerdem sei die Finanzlage der GKV nicht so dramatisch wie sie sich vor einigen Wochen noch dargestellt habe. Immerhin habe die GKV Rücklagen von fünf Milliarden Euro.

Nachdem in den letzten Tagen bekannt wurde, dass eine Regelung zum Verbot von Pick-up-Stellen aller Wahrscheinlichkeit nun doch nicht mehr ins AMNOG aufgenommen wird, verabschiedete der Apothekertag eine Adhoc-Resolution: Gefahren für den Verbraucherschutz und Systemausfransungen durch Pick-up-Stellen müssen dringend verboten werden.

Wir berichten in dieser Ausgabe ausführlich über die Arbeitskreise des Apothekertags, über Lage- und Geschäftsbericht sowie über die Anträge und Diskussionen. In Kommentaren sagen wir unsere Meinung und geben Denkanstöße.

Für die schnelle Information haben wir auf den nächsten Seiten das Wichtigste in Kürze zusammengefasst.

diz

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