Deutscher Apothekertag 2010

Loblied auf die inhabergeführte Apotheke

Das AMNOG lastet schwer auf den Apotheken: Zusammen mit dem Großhandel sollen sie insgesamt einen Sparbeitrag von 400 Mio. Euro erbringen – daran will die Regierungskoalition nicht rütteln. Dennoch, oder gerade deshalb, gab es zur Eröffnung des Deutschen Apothekertages aus der Politik viele wohlwollende Worte für die Apothekerinnen und Apotheker.

Inhaltsverzeichnis: Deutscher Apothekertag 2010


Stefan Kapferer "Wir wollen den Dialog mit den Apothekern."
Foto: DAZ/Schelbert

Stefan Kapferer (FDP), Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, betonte die Bereitschaft zum Dialog mit den Apothekern. Das gemeinsame Gespräch sei besser als in Kampagnen übereinander zu reden, sagte er mit Blick auf das großflächige "Stoppt den Raubbau"-Plakat im Versammlungsraum. Der Staatssekretär verwies darauf, dass es ein gemeinsames Ziel von Ministerium und Apothekern sei, die gesundheitliche Versorgung auf hohem Niveau sicherzustellen. Man stehe jedoch vor der Herausforderung, ein Defizit von 9 Mrd. Euro in der Gesetzlichen Krankenversicherung zu decken. Versicherte und Arbeitgeber leisteten hier bereits einen Hauptbeitrag – der restliche Fehlbetrag müsse über ein Sparpaket erwirtschaftet werden, das alle gemeinsam schultern. Elf Prozent dieser Einsparungen in Höhe von insgesamt 3,5 Mrd. Euro sollten dabei auch Apotheker und Großhändler übernehmen. Kapferer bestätigte, dass man nach einem gemeinsamen Gespräch mit Großhandel und Apothekern neue Zahlen bei der Berechnung bemühe. Noch diesen Monat wolle man die Feinjustierung des Gesamtpaketes abschließen.


Dr. Wolfgang Heubisch "Für die inhabergeführte Apotheke gibt es keine Alternative."
Foto: DAZ/Schelbert

Pick up und ApBetrO

Kapferer zeigte überdies sein Bedauern, dass das im schwarz-gelben Koalitionsvertrag zugesicherte Pick-up-Verbot nicht umgesetzt werden könne. Man habe sehr wohl den Versuch unternommen – doch Gesetze könnten nun einmal nur einvernehmlich beschlossen werden, so Kapferer. Bekanntlich hatte das Justiz- und das Innenministerium den Koalitionären einen Strich durch die Rechnung gemacht. Kapferer sagte weiter, er sei mit den Apothekern der Auffassung, dass es keinen Sinn mache, als Alternative ein Lizensierungsverfahren für Pick-up-Stellen einzuführen. Am Ende erhalte derjenige, der dieses erfolgreich durchläuft, ein Prädikat – doch diesen Eindruck einer "Apotheke light" wolle man gerade vermeiden. Dafür kündigte der Staatssekretär noch für dieses Jahr einen Referentenentwurf für die Apothekenbetriebsordnung an. Ziel sei es, mit der Novellierung die Patientensicherheit zu verbessern und die Apotheken dabei nicht zu sehr zu belasten. "Wir haben auch die Möglichkeit zu deregulieren" betonte Kapferer. Er sei "guter Dinge, dass wir hier vorwärts kommen".


Erwin Lotter "Wir wollen, dass sich Leistung für die Leistungserbringer unseres Gesundheitswesens wieder lohnt."
Foto: DAZ/Schelbert

FDP: Freiberuflichkeit erhalten

Neben Kapferer überbrachten gleich zwei weitere FDP-Politiker ihre Grußworte. Der bayerische Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Dr. Wolfgang Heubisch, erklärte, die Apotheker seien ein "Bollwerk" für die Freien Berufe: Wenn sie sich nicht gegen Angriffe gegen ihre inhabergeführte Organisationsform – die für Heubisch "ohne Alternative" ist – zu wehren wüssten, müssten auch andere Freiberufler Angriffe fürchten. Er betonte, dass das Verbot von Arzneimittel-Pick-up-Stellen unbedingt noch ins AMNOG-Gesetzgebungsverfahren aufgenommen werden müsse. "Sie werden mich an Ihrer Seite haben, wenn es darum geht, Sie zu schützen" betonte Heubisch. Als bayerischer Kunstminister dürfte sein Einfluss auf die Gesundheitspolitik des Bundes allerdings nicht allzu groß sein.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Erwin Lotter beteuerte, er kenne die Bedenken von Apothekern aus seinem Wahlkreis. Mit der geplanten Umstellung der Großhandelsspannen habe man das Sparziel "möglicherweise übererfüllt". Es fänden aber gute Gespräche mit Apothekern und Großhändlern statt. Lotter bemühte sich um Rechtfertigung: Das AMNOG sei unter bestimmten Bedingungen entstanden, die Union und FDP von der Vorgängerregierung überlassen wurden. Das gelte auch für das GKV-Finanzierungsgesetz, das ebenfalls "kein Schuss ins Schwarze" sei, aber ein "erster und wichtiger Schritt in Richtung eines Systemwandels". Lotter: "Wir wollen, dass sich Leistung für die Leistungserbringer unseres Gesundheitswesens wieder lohnt – auch finanziell." Nicht zuletzt betonte der FDP-Abgeordnete, der selbst Arzt ist, die Bedeutung der Freiberuflichkeit für das Gesundheitswesen. "Fremd und Mehrbesitz wollen wir nicht". Mit Blick auf die Apothekenbetriebsordnung sagte er zu, dass seine Fraktion die Novellierung "aufmerksam und kritisch" beobachten werde. "Es soll nicht bürokratischer für die Apotheker werden", so Lotter.


Johannes Singhammer "Wir haben das Ziel, Pick-up-Stellen zu verbieten, noch nicht aufgegeben."
Foto: DAZ/Schelbert

Singhammer:
Eine Apotheke ist keine Tankstelle

Auch Johannes Singhammer (CSU), Vize-Fraktionsvorsitzender der Unions-Bundestagsfraktion, bekräftigte die Bedeutung der inhabergeführten Apotheke für Deutschland. Jeder offene oder versteckte Angriff durch anonyme Kapitalgesellschaften oder Großketten sei "Gift für das System". Ebenso betonte er seine Ablehnung von Pick-up-Stellen für Arzneimittel: "Ein Medikament ist kein x-beliebiger Gegenstand." Es bedürfe der persönlichen Beratung durch den Apotheker. Singhammer: "Eine Apotheke ist eine Apotheke und eben keine Tankstelle." Er wolle keine amerikanischen Verhältnisse, sondern die hierzulande bislang bestehenden wahren. Er zeigte sich enttäuscht über die Gutachten, die die Umsetzung des Ziels, Pick-up-Stellen zu verbieten, hinderten. "Aber wir haben es noch nicht aufgegeben", betonte der CSU-Politiker.






Martina Bunge "Wir sprechen uns weiterhin gegen den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aus."
Foto: DAZ/Schelbert

Linke: Rx-Versandhandel verbieten

Aus den Oppositionsparteien war zur Eröffnung des Apothekertages nur eine Vertreterin erschienen: Martina Bunge, gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag. Sie betonte, dass sich die Die Linke seit Jahren für ein flächendeckendes Netz inhabergeführter Apotheken engagiere. Als einzige Fraktion spreche sie sich auch weiterhin gegen den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aus. "Wir halten ihn für eine Gefahr für den Bestand von Apotheken in der Fläche." Auch das Pick-up-Problem wäre gelöst, wenn man den Versandhandel auf OTC beschränken würde, betonte Bunge. Und dies sage sie, auch wenn sie wisse, dass Apotheker nicht unbedingt Wähler ihrer Partei seien.

ks













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