DAZ aktuell

BVKA kämpft für ortsnahe Versorgung aus einer Hand

STUTTGART (du). Die Genehmigung von Arzneimittelversorgungsverträgen über Distanzen von 180 Kilometern und mehr durch einige Behörden hat der Bundesverband klinik- und heimversorgender Apotheker (BVKA) zum Anlass genommen, eine öffentliche Diskussion über die unterschiedliche Verwaltungspraxis in den Ländern zu fordern. Er sieht die im § 14 Apothekengesetz vorgeschriebene ortsnahe Versorgung aus einer Hand in Gefahr. Auf Anfrage der DAZ machte die ABDA deutlich, dass es hilfreich wäre, wenn die obersten Landesbehörden, orientiert an einem aus der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung resultierenden Näheprinzip, Maßstäbe vereinbaren würden, die in der Regel nicht überschritten werden sollten.

Schon im Rahmen seiner Jahrestagung im Mai 2010 hatte der Bundesverband der klinik- und heimversorgenden Apotheker (BVKA) öffentlich die Genehmigungspraxis der Regierung von Oberbayern angeprangert. Diese hatte nach Auffassung des BVKA in rechtswidriger Weise die Versorgung einer 180 km entfernten Klinik in Bad Tölz durch die Apotheke des Universitätsklinikums Regensburg genehmigt. In einem Schreiben hatte der BVKA den Bayerischen Staatsminister für Umwelt und Gesundheit, Dr. Markus Söder, um Stellungnahme gebeten.

Staatsministerium rechtfertigt Entscheidung

Daraufhin hatte das Staatsministerium das Vorgehen der Regierung Oberbayern verteidigt. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Genehmigung seien gegeben (s. a. AZ 2010, Nr. 25 vom 21. Juni 2010). Die Schlussfolgerung, die Versorgung der Klinik erfolge unverzüglich, bedarfsgerecht und daher gesetzeskonform, konnte der BVKA jedoch nicht nachvollziehen. Deshalb hat er sich jetzt erneut an das Bayerische Staatsministerium mit der dringenden Bitte gewandt, die Rechtslage zu überprüfen. Für den BVKA sind die in dem Schreiben des Staatsministeriums genannten Lieferzeiten von rund 2 Stunden unter normalen Bedingungen, eine Lieferung mittels Kurier innerhalb von 2,5 Stunden und ein Eiltransport in Notfällen mit einer Lieferzeit von 1,5 Stunden völlig inakzeptabel. Zudem kann er nicht nachvollziehen, wie in Notfällen die Lieferzeit von 2 Stunden auf 1,5 Stunden reduziert werden soll. Ein besonderes Problem sieht der BVKA jedoch darin, wie die persönliche Anwesenheit des Apothekers bei Eilbedürftigkeit gegeben sein soll, insbesondere vor dem Hintergrund der von Krankenhausapothekern immer wieder beklagten Situation, dass zu wenig Apotheker vor Ort auf Station sind.

BVKA spricht von rechtswidrigen Genehmigungen

Das Bayerische Staatsministerium hatte in seinem Schreiben auch auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom September 2008 verwiesen, der eine starre Entfernungsregelung abgelehnt und anstelle dessen eine Einzelfallentscheidung gefordert hat. Auf der Grundlage der aktuellen Rechtslage hätten auch andere Länder in Einzelfällen Versorgungsverträge über weitere Distanzen genehmigt. Dem Ministerium seien mehrere Verträge über Distanzen von mehr als 200 km und sogar ein Fall von über 400 km bekannt. Solche Genehmigungen hält der BVKA für rechtswidrig, sich auf solche gesetzwidrigen Einzelfallentscheidungen zu berufen ist nach Auffassung des BVKA rechtlich irrelevant und sowohl versorgungs- als auch rechtspolitisch indiskutabel.

Der BVKA ist sich bewusst, dass Fragen der Arzneimittelversorgung von Krankenhäusern nur eine Minderheit von öffentlichen Apotheken betreffen, aber alle Krankenhausapotheken mit Versorgungsauftrag und in Analogie zur Klinikversorgung rund 10.000 öffentliche Apotheken, die Heime mit Arzneimitteln versorgen. Um zu verhindern, dass eine gesetzlich überzeugende Regelung in der Praxis durch rechtswidrige behördliche Genehmigungen von Versorgungsverträgen unterlaufen wird, hält er eine öffentliche Diskussion der Vorgänge für geboten. Deshalb hat er sich an alle Apothekerkammern und Verbände in den Bundesländern gewandt und die ABDA um eine Stellungnahme gebeten. Auf dem Deutschen Apothekertag soll ein Antrag eingebracht werden, der diesem Anliegen Rechnung trägt.

ABDA sieht Grenzen für Genehmigungsfähigkeit

Auf Anfrage der DAZ teilte die ABDA mit, dass sie die geltende Fassung des § 14 Apothekengesetz für eine sachgerechte Regelung der Arzneimittelversorgung von Krankenhäusern halte. Soweit ein Krankenhaus auf der Grundlage eines Versorgungsvertrages extern versorgt wird, sehe § 14 Absatz 5 Voraussetzungen für die Genehmigung entsprechender Verträge vor. Diese hätten insbesondere die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung zu gewährleisten. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, habe die zuständige Landesbehörde im Einzelfall zu beurteilen. Nicht zuletzt die Notwendigkeit, Arzneimittel, die das Krankenhaus zur akuten medizinischen Versorgung besonders dringlich benötigt, unverzüglich und bedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen, setzt der Genehmigungsfähigkeit entsprechender Versorgungsverträge Grenzen, so die ABDA. Das Erfordernis der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung dürfte hierbei eher für eine relative Nähe zwischen Krankenhaus und versorgender Apotheke sprechen, denn für weite Entfernungen.

ABDA plädiert für einheitliche Maßstäbe

Eine Entfernung von beispielsweise mehr als 200 km zwischen Krankenhaus und versorgender Apotheke bedürfte aus Sicht der ABDA schon einer besonderen Rechtfertigung, da hier auch der im Einzelfall gegebenenfalls konkret zu ermittelnde Zeitaufwand für eine akut erforderliche Belieferung erheblich sein dürfte. Allerdings ist der ABDA nicht bekannt, dass es Bundesländer gibt, in denen entsprechende Verträge regelhaft genehmigt würden. Der ABDA liegen keine umfassenden Erkenntnisse über die Genehmigungspraxis vor, allerdings besteht bisher der Eindruck, dass überwiegend die Versorgung über deutlich kürzere Entfernungen gewährleistet wird, die auch einen sachgerechten Zeitaufwand für die Belieferung erwarten lassen. Fälle, die diesen Rahmen sprengen und die Grundintention des § 14 Apothekengesetz infrage stellen, würden nicht im Interesse der ABDA liegen. Der Bundesgesetzgeber habe jedoch nicht den Weg einer schematischen Entfernungsgrenze gewählt, sondern die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung inhaltlich konkretisiert und zum Maßstab der Landesbehörden erhoben. Um allzu unterschiedlichen Maßstäben entgegenzuwirken, die dem Förderalismusprinzip geschuldet sein mögen, wäre es nach Ansicht der ABDA sicher hilfreich, wenn die obersten Landesbehörden, orientiert an einem aus der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung resultierenden Näheprinzip, Maßstäbe vereinbaren würden, die in der Regel nicht überschritten werden sollten. Nach Ansicht der ABDA erscheinen hierfür Entfernungen von über 200 km, vorbehaltlich extremer Besonderheiten im Einzelfall, weit über das Ziel hinauszuschießen, so auch VG Münster, Urteil vom 9. Dezember 2008 – 5K169/07 – (nicht rechtskräftig) für die Entfernung von 216 km zwischen Münster und Bremen.

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