DAZ aktuell

Keine Verjährung ohne Kenntnis

AACHEN (tmb). Die sozialrechtliche Verjährungsfrist für Leistungserbringer beträgt vier Jahre. Nach einem Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 29. Juni beginnt diese Frist jedoch erst, wenn der Gläubiger Kenntnis von den relevanten Ansprüchen erhalten hat (Aktenzeichen S 13 KR 136/08). Angesichts der oft langwierigen Entscheidungen über sozialrechtliche Sachverhalte und speziell im Zusammenhang mit offenen Fragen zu Herstellerrabatten könnte dies zunehmend bedeutsam werden.

In dem verhandelten Fall hatte ein pharmazeutischer Unternehmer einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen eine niederländische Versandapotheke auf Rückzahlung bereits geleisteter Herstellerabschläge geltend gemacht. Der Hersteller hatte zuvor angenommen, zur Leistung dieser Herstellerrabatte verpflichtet gewesen zu sein. Später hatte sich jedoch aus den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 28. Juli 2008 und vom 17. Dezember 2009 ergeben, dass der Herstellerabschlag gemäß § 130a Absatz 1 SGB V nur für Fertigarzneimittel gilt, deren Apothekenabgabepreis aufgrund der Preisvorschriften nach dem Arzneimittelgesetz oder aufgrund des § 129 Absatz 5a SGB V bestimmt werden.

Damit stellte sich die Frage, ob der Unternehmer den Herstellerabschlag zurückfordern darf. Dazu urteilte das Sozialgericht Aachen, dass für den Beginn der Verjährung neben dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, zusätzlich erforderlich sei, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Diese Bestimmung gemäß § 199 Absatz 1 BGB beziehe sich auf die dreijährige Verjährung des BGB, doch gemäß § 69 Absatz 1 Satz 3 SGB V würden die Vorschriften des BGB hier "entsprechend" für die vierjährige Verjährung gemäß SGB gelten. Das erstinstanzliche Urteil ist nicht rechtskräftig. Im Zusammenhang mit dem Urteil gab Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, im Gespräch mit der DAZ zu bedenken, die Hersteller seien nicht gezwungen, einen Herstellerrabatt abzuführen, sofern die Preisregeln des deutschen Marktes nicht erfüllt seien. Dadurch sei das Verfahren vor dem Sozialgericht Aachen erst in Gang gekommen.

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