Arzneimittel und Therapie

HPV-Infektion als günstiger prognostischer Parameter

Bei oropharyngealen Karzinomen scheint eine Infektion mit dem humanen Papillomvirus (HPV) einen günstigen Einfluss zu haben, da die Überlebensraten bei HPV-positiven Patienten deutlich höher liegen als bei HPV-negativen Patienten.

Patienten, die an Studien zur Therapie eines squamösen Zellkarzinoms im Kopf- und Nackenbereich teilnehmen, sind mehrheitlich an einem oropharyngealen Karzinom erkrankt. Bei einer Subgruppe dieser Patienten wurde das Karzinom durch eine Infektion mit dem humanen Papillomvirus (meist Hochrisikotyp HPV 16) verursacht. Einzelne Beobachtungen und Fallstudien haben gezeigt, dass HPV-assoziierte Karzinome im oropharyngealen Bereich eine bessere Prognose aufweisen als entsprechende Tumore ohne Virusbefall. Ob und in welchem Umfang diese Beobachtung zutrifft, wurde nun in einer größeren amerikanischen Studie untersucht.

Oropharyngeales Karzinom

Das oropharyngeale Karzinom kann den Zungengrund, die Tonsillen und die Gaumenbögen betreffen. Die Inzidenz liegt zwischen 0,5 und 2 pro 100.000 Einwohner und Jahr. Die Diagnose erfolgt mithilfe von Spiegeluntersuchungen, Biopsien und Computertomografie. Je nach Ausdehnung kommen ein chirurgischer Eingriff oder Radio- und Chemotherapien in Frage. Die Prognose wird im Wesentlichen vom Metastasierungsverhalten des Tumors bestimmt und liegt in frühen Stadien (I und II) bei 90% bzw. 75%. Im Stadium II zwischen 45% und 75% und im Stadium IV unter 35%.

Retrospektive Analyse

Dazu wurde in einer retrospektiven Analyse die Beziehung zwischen dem HPV-Status und dem Überleben bei Patienten mit einem fortgeschrittenen oropharyngealen squamösen Zellkarzinom (Stadium III oder IV) untersucht. Die erforderlichen Daten wurden einer randomisierten Studie entnommen, in der eine akzelerierte Radiochemotherapie mit einer standardisierten Radiochemotherapie verglichen worden war.

Die mediane Beobachtungszeit lag bei knapp fünf Jahren. Errechnet wurde das Gesamtüberleben nach drei Jahren. Bei 63,8% (206 von 323) der Patienten lag ein positiver HPV-Befund vor. Diese Patienten hatten höhere Überlebensraten als HPV-negative Patienten (82,4% vs. 57,1%; p < 0,001). Nach Berücksichtigung von Risikofaktoren wie Alter, Rasse, Rauchen, Nodalstatus und Therapieregime wiesen die HPV-positiven im Vergleich zu den HPV-negativen Patienten eine 58%ige Risikoreduktion auf (Hazard ratio 0,42; 95% Konfidenzintervall 0,27-0,66). Ferner zeigte sich – wenig überraschend – ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Anzahl gerauchter Zigaretten und dem Sterberisiko. Diese Ergebnisse könnten zu einer neuen Klassifikation führen, in der die unterschiedlichen Risikogruppen (gering, intermediär, hoch) auf der Basis von HPV-Status, Tumorstatus und Rauchverhalten eingestuft werden.

Ursache unklar

HPV-positive und HPV-negative oropharyngeale Tumore scheinen unterschiedliche Ursachen zu haben. Erstere sind – wie das Zervixkarzinom – mit der sexuellen Aktivität assoziiert, die Zweiten sind mit übermäßigem Alkohol- und Nicotinkonsum verknüpft. Warum eine HPV-Infektion bei oropharyngealen Tumoren das Gesamtüberleben erhöht, ist unklar. Möglicherweise sprechen diese Karzinome besser auf eine Radio- und Chemotherapie an als Tumore ohne Virusbefall.

Quelle Ang K., et al.: Human papillomavirus and survival of patients with oropharyngeal cancer. N Engl J Med 363, 24 – 35 (2010). Lowy D., et al.: Prognostic implications of HPV in oropharyngeal cancer. N Engl J Med 363, 82 – 84 (2010).


 

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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