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Denkanstöße fürs BMG

Peter Ditzel

Festgelegt ist noch gar nichts, aber das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat in der "informellen Besprechung zur Novellierung der Apothekenbetriebsordnung" (ApBetrO) Mitte Juli viele Denk- und Prüfanstöße bekommen, wie sich die pharmazeutischen Verbände aller Couleur eine neue Apothekenbetriebsordnung vorstellen. Nachdem im Juni ein erstes internes Arbeitspapier an die Öffentlichkeit gelangt war, das eine neue ApBetrO skizzierte, war die Aufregung groß. Enthielt das Papier doch Vorstellungen, die zwar in die richtige Richtung zeigten, aber nach Einschätzung vieler Verbände und auch politischer Kreise zum Teil überzogen waren. Das Ministerium lud daher die Verbände Mitte Juli zu einer informellen Besprechung zur Novellierung der ApBetrO ein, um die Richtung auszuloten. Jetzt liegt das Protokoll vor. Es lässt erkennen, wie sich die Verbände eine Novellierung vorstellen. Ob das Ministerium den Wünschen und Vorstellungen folgt, bleibt abzuwarten. Immerhin, ein paar Hinweise sind dem Papier (mit aller Vorsicht und Vorläufigkeit) zu entnehmen:

  • Die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems wird vom BMG begrüßt, eine verpflichtende Zertifizierung des QMS ist derzeit aber nicht vorgesehen.

  • Eine vertrauliche Beratung in der Apotheke muss möglich sein, ohne dass die Apotheke den Charakter eines Arztzimmers bekommen muss. Einfache organisatorische Lösungen können oft ausreichend sein, vertraulich zu beraten, resümiert das BMG.

  • Das BGM ist außerdem der Auffassung, dass Videoboxen keine Rezeptsammelstellen, sondern Apothekenbetriebsräume seien.

  • Für unterschiedliche Herstellungstätigkeiten müssen nicht immer getrennte Räume vorhanden sein, es können dafür auch getrennte Bereiche innerhalb eines Raumes (zum Beispiel im Labor) vorgesehen sein.

  • Kosmetika sollen weiterhin apothekenüblich sein. Solche Waren sollen aber einen "untergeordneten Anteil" in der Apotheke haben, sonst würden Unterschiede zwischen Apotheken und Drogerien leicht verwischt.

  • Der Verordnungsgeber müsse nicht vorschreiben, welche Prüfmittel eine Apotheke für ihre pharmazeutischen Tätigkeiten benötige.

  • Und: Gegen die im Arbeitspapier enthaltene Regelung, dass die Apotheke gebrauchte Arzneimittel zurücknehmen und wiederverwenden solle, hatten sich alle Verbände ausgesprochen – das "BMG wird hier erneut prüfen".

Laut Staatssekretär Bahr dürfte es noch in diesem Jahr einen offiziellen Entwurf geben. Wir bleiben gespannt.

Fehlersuche

Entsetzen und Trauer in der Uniklinik Mainz: Elf Säuglinge haben eine mit Enterobakterien verun-reinigte Nährlösung bekommen, drei sind gestorben. Bei zwei der verstorbenen Säuglinge seien die Keime nachgewiesen worden. Der Verdacht: Die Keime könnten bei der Herstellung der Lösungen in der Klinikapotheke über das Schlauchsystem der Mischmaschine in die Lösungen eingebracht worden sein. Dies und ob die Keime die Todesursache sind, wird zu klären sein.

Eigentlich unfassbar: Es ist ein Routinevorgang für eine Klinikapotheke, der unter strengsten hygienischen Bedingungen in Reinräumen abläuft. Aus verschiedenen Komponenten werden individuell für den Patienten Nährlösungen hergestellt. 90.000 Infusionen habe die Apotheke des Mainzer Uniklinikums in den vergangenen zehn Jahren hergestellt, immer nach dem gleichen Verfahren. Auch dieses Mal sei die Mischung von zwei Mitarbeitern der Apotheke für die Kinderintensivstation hergestellt worden – es war alles wie immer, so wird die Leiterin der Klinikapotheke in der Presse zitiert. Jetzt läuft die Suche nach einem Systemfehler. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung.

Die drei verstorbenen Säuglinge litten an schwersten Vorerkrankungen. Laut Staatsanwaltschaft hätten diese Vorerkrankungen zumindest bei einem Säugling vermutlich ohnehin zum Tod geführt. Daher muss genau untersucht werden, ob die verunreinigte Infusion die Todesursache ist. Andererseits, ein Versagen des Systems darf eigentlich nicht vorkommen, die Umstände in Mainz sind tragisch.

So entsetzlich und traurig das Unglück ist, so erinnert es aber auch daran, dass in Deutschlands Krankenhausapotheken (und auch speziellen öffentlichen Apotheken) tagtäglich Tausende von Infusionslösungen aller Art mit größter Verant-wortung hergestellt werden, sicher, hygienisch einwandfrei zum Wohl der Patienten.

Das Unglück kann aber auch Krankenhaus- und Offizinapotheker sowie das pharmazeutische Personal daran erinnern, sich trotz täglicher Routine zu vergegenwärtigen, wie wichtig es ist, bei allen ihren Arbeiten, sei es die Arzneiabgabe oder die Arzneimittelherstellung dies mit größter Sorgfalt zu tun. Ein Fehler kann ein Fehler zu viel sein.


Peter Ditzel

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