DAZ aktuell

Positionspapier Klinische Pharmazie

Die Fachgruppe Klinische Pharmazie der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) bittet um Veröffentlichung des nachfolgenden Positionspapiers Klinische Pharmazie:

Klinische Pharmazie ist die Wissenschaft und Praxis vom rationalen Arzneimitteleinsatz. In Zukunft wird der Apotheker – allein aus demografischen und gesundheitsökonomischen Gründen – immer mehr Verantwortung für die Arzneimitteltherapie übernehmen. Die Klinische Pharmazie liefert hierfür Schlüsselqualifikationen ergänzend zur Pharmazeutischen Chemie, Biologie, Technologie und Pharmakologie. Der Fokus erweitert sich durch die Klinische Pharmazie von der isolierten Betrachtung des Arzneimittels hin zum individuellen Patienten oder zur Bevölkerungsgruppe, die das Arzneimittel anwendet. Klinische Pharmazeuten sind in der Lage, wissenschaftlich fundierte Informationen zum sicheren, angemessenen und kosteneffektiven Einsatz von Arzneimitteln zu erheben, zu bewerten und den Beteiligten im Gesundheitswesen einschließlich dem Patienten und seiner Angehörigen zu vermitteln. Damit spielen Klinische Pharmazeuten eine wesentliche Rolle in der Arzneimitteltherapiesicherheit.

Forschung

Im Mittelpunkt der universitären Forschung der Klinischen Pharmazie stehen patientenorientierte Fragestellungen auf allen Ebenen der Arzneimittelversorgung von der Entwicklung bis zum Einsatz innerhalb und außerhalb der Klinik. Dabei verbindet die Klinische Pharmazie naturwissenschaftliche Grundlagen mit anwendungsorientierter Forschung. Dies schließt die Therapieindividualisierung und Pharmazeutische Betreuung für den einzelnen Patienten beispielsweise unter Nutzung analytischer Verfahren, Dosisberechnungen und Informationstechnologien ebenso ein wie pharmakoepidemiologische, pharmakoökonomische oder pharmakometrische Fragestellungen auf der Ebene von Populationsdaten. Ziel dieser Methoden ist es, Verordnung und Anwendung neuer und bereits etablierter Arzneimittel für den einzelnen Patienten oder ganze Patientengruppen wirksamer und sicherer zu machen. Damit ist ein unmittelbarer Nutzen für den Patienten aber auch die behandelnden und betreuenden Gesundheitsberufe verbunden. Der Kontakt des Klinischen Pharmazeuten zum Patienten bzw. zu Patientendaten ist dabei von großer Bedeutung. Nur dadurch kann sich der Klinische Pharmazeut ein eigenes Bild von den Stärken und Schwächen der Arzneimittelversorgung machen. Aufgrund des pharmazeutischen Blickwinkels haben sich auf diese Weise neue und innovative Fragestellungen und Forschungsfelder in der Arzneimitteltherapie ergeben, die wichtige Beiträge für eine sichere und effektive Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln leisten. Dies wird auch in der klinischen Forschung der Arzneimittelentwicklung deutlich, das heißt in der Planung und Durchführung von klinischen Studien in Phase 1 – 4 als einer der kostenintensivsten Bereiche in der Arzneimittelentwicklung. Klinische Pharmazeuten in der Pharmazeutischen Industrie leisten einen großen Beitrag, diese Kosten zu minimieren. Die Klinische Pharmazie ist in diesem interdisziplinären Umfeld durch die naturwissenschaftliche Expertise charakterisiert und kann somit eine strategische Vermittlerposition zur Integration cross-sektionaler Ergebnisse in einem multidisziplinären Forscherteam wahrnehmen. Damit bietet die Klinische Pharmazie in der Forschung eine optimale Ausgangssituation für eine interdisziplinäre Vernetzung. Dabei ist neben der Zusammenarbeit mit anderen pharmazeutischen Disziplinen insbesondere die Zusammenarbeit mit den medizinischen Fachrichtungen einschließlich gesundheits- und naturwissenschaftlicher Fächer wie Public Health, Versorgungsforschung und Biometrie von Bedeutung. Dies ermöglicht es der Pharmazie, auch Ressourcen und Fördermöglichkeiten außerhalb klassischer pharmazeutischer Bereiche zu nutzen.

Lehre

In der universitären Ausbildung zum Apotheker bereitet die Klinische Pharmazie den Apotheker wissenschaftlich fundiert auf seine gesellschaftlich erwartete und gesetzlich festgeschriebene Rolle als Experten für die Arzneimittelanwendung vor. Dies gilt sowohl in der Selbstmedikation als auch in Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt bei verordneten Arzneimitteln. Dafür können im Studium erste systematische Kenntnisse über Krankheiten, Krankheitsverläufe, Laborparameter und die für die klinischen Endpunkte einer Arzneimitteltherapie wichtigen Verlaufsuntersuchungen erworben werden. Aufbauend auf den Kenntnissen der Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie, Pathobiochemie und Pharmakologie erlangt der Pharmaziestudent in der Klinischen Pharmazie Grundkenntnisse darüber, wie sich erkrankte und gesunde Körperfunktionen unter einem Arzneimittel über die Zeit im Individuum oder einer Bevölkerungsgruppe verändern. Darüber hinaus werden systematische Techniken zur Erhebung arzneimittelbezogener Daten und eine adäquate Kommunikation mit Fachpersonal und medizinischen Laien über arzneimittelbezogene Probleme und Medikationsmanagement erlernt, um Patientendaten über erwünschte und unerwünschte Arzneimittelwirkungen zu beurteilen und später selbst erheben zu können. Im Fach Klinische Pharmazie erwirbt der Pharmaziestudent damit Schlüsselqualifikationen, um adäquat in die Diskussion über eine effektive und sichere Arzneimitteltherapie mit den anderen Berufsgruppen einzutreten. Die Grundlage einer konstruktiven Zusammenarbeit zwischen Pharmazeuten und anderen Gesundheitsberufen kann bereits in gemeinsamen Veranstaltungen während der Ausbildung gelegt werden. Die Patientenorientierung in der Klinischen Pharmazie eröffnet eine ideale Möglichkeit zu problemorientiertem Lernen und weiteren innovativen Lehrmethoden. Die Klinische Pharmazie vermittelt dabei auch praxisorientierte Fähigkeiten, die es den angehenden Apothekern im Dritten Ausbildungsabschnitt erlauben, ihre Fertigkeiten im Beruf effektiv zu erweitern. Anwendungs- und praxisbezogene Forschungsthemen bieten außerdem eine gute Möglichkeit, motivierte junge Kolleginnen und Kollegen bereits im Studium – zum Beispiel während des Wahlpflichtfachs – für die Forschungsarbeit zu begeistern. Die Ausbildung in der Klinischen Pharmazie legt dabei nicht nur die Grundlage für die Tätigkeitsbereiche im Krankenhaus und in der öffentlichen Apotheke, sondern auch für weitere in Zukunft immer wichtigere Aufgabenbereiche in Arzneimittelbehörden, Altersheimen, Krankenkassen, Home Care Organisationen, Arzneimittelkommissionen, Fachverlagen sowie der Pharmazeutischen Industrie.

Fazit und Ausblick

Zusammengefasst baut die Klinische Pharmazie hinsichtlich der Inhalte zwischen Universität und Apotheke, dem Krankenhaus, der Industrie, den Behörden und weiteren Gesundheitsinstitutionen, hinsichtlich der Anwendung eine Brücke zwischen dem Arzneimittel und dem Patienten. Die Tätigkeiten in allen Berufsfeldern des Apothekers können nur auf Basis einer universitären Ausbildung geleistet werden, die von hauptamtlichen Professoren in diesem Fach langfristig gestaltet und weiterentwickelt werden muss.

Verfasser des Positionspapiers in alphabetischer Reihenfolge:

Thilo Bertsche, Universität Leipzig

Hartmut Derendorf, University of Florida

Georg Hempel, Universität Münster

Petra Högger, Universität Würzburg

Ulrich Jaehde, Universität Bonn

Charlotte Kloft, Universität Halle-Wittenberg

Stephanie Läer, Universität Düsseldorf

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