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Rezeptur – eine Leistung mit Zukunft

Thomas Müller-Bohn

Die Arzneimittelherstellung war lange Zeit die wichtigste Aufgabe der Apotheken. Sie wurde zur Keimzelle vieler heute international tätiger Pharmakonzerne. Mit der wachsenden Bedeutung industriell hergestellter Fertigarzneimittel schwand der Stellenwert der Rezeptur innerhalb der Apotheke. Doch dieser Trend hat offenbar gedreht, die Rezeptur hat wieder Zukunft. Die Wende kam mit der individuellen Zubereitung von Spezialrezepturen. Zytostatika, Antibiotikainfusionen und die parenterale Ernährung werden nur in wenigen Apotheken mit spezieller Ausstattung hergestellt. Doch auch bei herkömmlichen Darreichungsformen zeichnet sich eine neue Entwicklung ab. Durch die exorbitanten Anforderungen an die Zulassung von Fertigarzneimitteln und die aufgeblähte Bürokratie lohnt sich die industrielle Produktion einfacher, nicht patentgeschützter Arzneimittel mit kleinem Anwenderkreis immer weniger. Solche Produkte können die Kosten klinischer Studien kaum noch amortisieren. Dann bietet sich die Rezeptur als Alternative an. Mittelfristig spricht eine weitere Entwicklung für die Rezeptur: Der Trend zur personalisierten Medizin wird mehr als bisher zu individuell angepassten Arzneimitteln führen. Wo anders als in der Apothekenrezeptur sollten solche künftigen Anforderungen umgesetzt werden?

Doch unter veränderten Bedingungen wandeln sich auch die Ansprüche an die Rezeptur. Die Produkte müssen sich den gleichen Qualitätsanforderungen wie Fertigarzneimittel stellen. Wir wissen noch nicht, wie die neue Apothekenbetriebsordnung aussehen wird, aber der kürzlich bekannt gewordene, nicht autorisierte Entwurf gibt die Richtung vor. Klarer definierte räumliche Bedingungen, Qualitätsmanagement und mehr Dokumentation – hoffentlich mit Augenmaß – werden von den Apotheken erwartet. Auch die Herstellung selbst wird mit modernen Arzneimitteln immer anspruchsvoller. Darum erfordert die Tätigkeit in der Rezeptur ebenso wie in der Patientenberatung und -betreuung laufende Fortbildung und immer wieder neue praxisbezogene Hilfsmittel.

Als eine solche Hilfe bieten wir Ihnen einen Beitrag über die Rezeptur ("Rezepturprobleme erkennen und lösen"). Dabei geht es vorrangig um die Konzeptionsqualität. Denn die beste Apothekenausstattung bringt nichts, wenn das Konzept der Verordnung nicht stimmt. Solche Konzeptionsfehler zu erkennen, ist aber nicht immer einfach. Dr. Gerd Wolf hat mit seinen Erfahrungen aus der eigenen Apothekenrezeptur und aus der Betreuung einer Rezepturhotline einen Leitfaden entwickelt, mit dem sich konzeptionelle Fehler erkennen und Lösungsansätze finden lassen. Das grundsätzliche Vorgehen beschreibt er in dieser DAZ-Ausgabe anhand eines Beispiels. Seine zahlreichen umfangreichen Tabellen zur Einordnung von Rezepturbestandteilen und zur Bewertung ihrer Kompatibilität finden Sie zum Herunterladen bei DAZ.online. Damit bietet Ihnen unser Online-Angebot einen zusätzlichen praxisorientierten Service.

Der Beitrag zur Rezeptur macht zugleich die großen Vorteile standardisierter Rezepturen deutlich. Das Neue Rezeptur-Formularium enthält eine große und praxisgerechte Auswahl von Rezepturen für die unterschiedlichsten Anwendungen. Viele davon schließen Lücken im Fertigarzneimittelangebot. Bei solchen standardisierten Vorschriften können Apotheker sicher sein, dass die Herstellung praktikabel und die Zubereitung stabil ist. Für Ärzte und Patienten sind dies hochwertige Angebote, die modernen Qualitätsanforderungen genügen. Bei frei komponierten Rezepturen ist dies leider nicht immer gewährleistet. Zudem kann es für Apotheker schwer sein, die Verordner von den galenischen Problemen ihrer Wunschrezeptur zu überzeugen. Daher sollten Apotheker bei den Ärzten noch stärker für standardisierte Rezepturen werben – zum Vorteil der Patienten und im Dienst der Sache. Denn die Rezeptur wird sich langfristig nur weiterentwickeln können, wenn sie zeitgemäße Qualitätsanforderungen erfüllt – und die beginnen bei der Konzeption der Verordnung.

Als weiteres praxisorientiertes Fortbildungsangebot bieten wir Ihnen einen Beitrag über Flohbefall bei Hund und Katze ("Flohbefall bei Tieren – ganzjährig aktuell"). Auch dies ist ein Dauerthema. Die Folgen treffen auch die Halter der Tiere. Da sich der größte Teil einer Flohpopulation nicht auf dem Haustier selbst, sondern in seiner Umgebung ansiedelt, ist eine komplexe Bekämpfungsstrategie angezeigt. Auch dabei ist guter Rat aus der Apotheke gefragt.


Thomas Müller-Bohn

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