Tierpharmazie

Wenn Haustiere alt werden

Verständnis ist das A und O

Von Rolf Vajna

Nicht nur Menschen leiden an Altersbeschwerden. Auch das Leben unserer Haustiere wird mit den Jahren mühsamer. Typisch sind abnehmende Leistungsfähigkeit und zunehmende gesundheitliche Probleme. Doch der menschliche Partner kann viel dafür tun, seinem Vierbeiner möglichst lange ein Maximum an Lebensqualität zu erhalten.

Auch wenn Haustiere ihr Alter oft besser verbergen können als wir Menschen – sie bleiben nicht ewig jung. Ihr Fell kaschiert die Alterungsprozesse des Körpers recht geschickt: Hunde und Katzen werden im Alter nicht kahl; grau wird (bei Hunden) allenfalls das Fell im Kopfbereich, vor allem um die Schnauze herum. Unsere Vierbeiner wirken im Alter fast so süß wie früher und genießen, wenn ihre Gelenke mitspielen, auch im hohen Alter ein Spiel mit Herrchen oder Frauchen. Von ausgiebigen Schmuseeinheiten ganz zu schweigen. Trotzdem geht das Alter auch an ihnen nicht spurlos vorüber.

Wann ist ein Tier alt?

Bei Hunden ist der Zeitpunkt des Alterns sehr stark rassen- und größenabhängig. Kleine Hunde werden in der Regel älter als große Hunde. Ist zum Beispiel ein Jack Russel Terrier mit zehn Jahren häufig noch fit und agil, lebt eine Dogge oft nur sieben bis acht Jahre. Zu den Rassen mit der höchsten Lebenserwartung gehören Zwerg- und Mittelpudel. In Relation zur Lebenserwartung und unter Berücksichtigung der Krankheitsanfälligkeit gelten große Hunde ab einem Alter von sechs Jahren als Senioren, mittelgroße Hunde ab sieben Jahren und Zwergrassen ab neun Jahren.

Insgesamt ist die Lebenserwartung von Hunden in den letzten zwei Jahrzehnten von durchschnittlich 9,5 auf 11,6 Jahre gestiegen. Auch Hunde profitieren also von verbesserten Haltungsbedingungen, verbesserter Ernährung und verbesserter medizinischer Betreuung.

Bei Katzen sind die rassenspezifischen Unterschiede weniger stark ausgeprägt, in gewissem Maße allerdings auch festzustellen. So gelten Siamkatzen als die Rasse mit der höchsten Lebenserwartung. Katzen erreichen nicht selten ein Alter von über zwanzig Jahren, das Alter beginnt dementsprechend mit etwa elf Jahren.

Wie altert ein Tier?

Alterungsprozesse vollziehen sich allmählich. Sowohl in einzelnen Zellen als auch in Geweben und Körperorganen findet ein zunehmender, nicht regenerativer Funktionsverlust statt. Von entscheidendem Einfluss auf dieses Geschehen sind die erbliche Veranlagung, die Haltungsbedingungen, Ernährung und Pflege sowie altersspezifische Erkrankungen. Selbst wenn das Tier im Großen und Ganzen gesund bleibt, treten altersbedingte Veränderungen auf – allerdings mit großen individuellen Unterschieden. Die meisten Tiere werden ruhiger und schlafen mehr. Nachlassende Aktivität und Spielfreude ist bei übergewichtigen Vierbeinern besonders stark ausgeprägt. Oft lassen Sehfähigkeit und Gehörsinn nach. Dies kann – muss aber nicht – die Ursache dafür sein, dass manche Tiersenioren auch ihr Verhalten ändern. Sie werden eigensinnig, stur und unfolgsam – als hätten sie früher erlerntes Verhalten vergessen. Viele alte Hunde und Katzen gehen nach längerem Liegen zunächst etwas stacksig, sie müssen sich "einlaufen".

Darüber hinaus können sich typische altersbedingte, meist chronisch verlaufende Organerkrankungen einstellen. Beispielsweise leidet nahezu die Hälfte aller Hunde über zwölf Jahren an Herzerkrankungen. Jede dritte Katze über zehn Jahren ist von einer chronischen Niereninsuffizienz betroffen. Häufig treten bei alten Tieren mehrere Erkrankungen gleichzeitig auf. Auch dauert die Genesung bei ihnen länger. Bei manchen Erkrankungen, wie Arthrosen, Herzerkrankungen und Niereninsuffizienz, ist eine Heilung gar nicht möglich. Hier gilt es, die Altersbeschwerden zu lindern, so dass die Lebensqualität erhalten bleibt.

Wann ist der Tierarzt gefragt?

Um Alterskrankheiten frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, sollte ein älteres Tier mindestens einmal im Jahr zur Vorsorgeuntersuchung beim Tierarzt vorgestellt werden.

Darüber hinaus ist der Besitzer gefordert, sein Tier gut zu beobachten und bei bestimmten Veränderungen tierärztlichen Rat einzuholen. So sind zwei häufige Alterskrankheiten, Diabetes mellitus und Niereninsuffizienz, mit einem erhöhten Wasserbedarf des Tieres verbunden. Trinkt ein Hund oder eine Katze plötzlich deutlich mehr als üblich, ist das ein eindeutiges Alarmzeichen. Auch wenn Niereninsuffizienz nicht heilbar ist, kann bei frühzeitiger Diagnose das Fortschreiten der Erkrankung deutlich verlangsamt und die Lebenserwartung des Tieres um Jahre verlängert werden. Neben der medikamentösen Behandlung spielen hier die Verabreichung von Phosphat-reduzierten Nierendiäten sowie der Einsatz von Phosphatbindern, die die Aufnahme von Phosphat aus dem Futter reduzieren, eine wichtige Rolle.

Während Hunde Gelenkschmerzen aufgrund einer Arthrose meist deutlich durch Lahmheit anzeigen, muss der Katzenbesitzer schon genauer hinsehen, um bei seinem Vierbeiner Anzeichen einer Gelenkerkrankung zu erkennen. Oft verhalten sich betroffene Katzen aufgrund der Schmerzen nur ruhiger und putzen sich weniger, vor allem im Rückenbereich. Verfilztes Fell am Rücken der Katze ist also wie das Humpeln des Hundes zu werten und ebenso Anlass für einen Tierarztbesuch.

Was braucht das alte Tier?

Manche Vitalfunktionen, darunter auch die Gelenk-Fitness, können durch Gabe von Ergänzungsfuttermitteln unterstützt werden. Inhaltsstoffe wie z. B. Teufelskralle, Neuseeländische Grüne Lippenmuschel und Brennnessel sind in der Apotheke aus der Humanmedizin bekannt und haben sich dort bewährt.

Generell gilt für die Ernährung alter Hunde und Katzen: Die Energiezufuhr muss dem Energiebedarf angepasst werden. Wird die reduzierte Aktivität bei der Fütterung nicht berücksichtigt, führt das zu Übergewicht und damit zu einer Reihe von gesundheitlichen Folgeproblemen, wie der Belastung des Kreislaufs und der Gelenke oder Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes. Empfehlenswert sind spezielle Seniorenfuttermittel, die energiearm, aber angereichert mit wichtigen Nährstoffen sind. Wird einfach die Menge des normalen Futters reduziert, drohen Mangelerscheinungen.

Einigen Altersproblemen kann durch entsprechende Pflege entgegengewirkt werden: Wichtig ist z. B. die Mundhygiene bei älteren Hunden und Katzen, denn deren Neigung zu Zahnbelägen nimmt mit den Jahren zu. Werden erste weiche Zahnbeläge nicht regelmäßig entfernt, verhärten sie sich zu Zahnstein. Und dieser kann schmerzhafte Zahnfleischentzündungen, Parodontose, Zahnfachvereiterungen, Lockerung oder sogar den Verlust von Zähnen verursachen. Deutliche Anzeichen dafür sind gelbe Zähne, stark gerötetes Zahnfleisch und Mundgeruch. Mit Zähneputzen, der Gabe spezieller zahnreinigender Kaustreifen oder Kauröllchen und dem Einsatz spezieller Trockenfuttermittel lässt sich das verhindern.

Zur Erhaltung der körperlichen und geistigen Fitness sind regelmäßige Bewegung im Freien und das aktive Spielen mit den Tiersenioren wichtig. Beides darf jedoch nicht zur Überforderung des Tieres führen. Da der Geruchssinn im Gegensatz zum Hör- oder Sehvermögen beim alten Hund noch gut funktioniert, eignen sich Suchspiele, die sowohl im Freien als auch in der Wohnung durchgeführt werden können, besonders gut. Unter Rücksichtnahme auf das erhöhte Ruhe- und Schlafbedürfnis alter Tiere sind mehrere kleine Beschäftigungseinheiten über den Tag verteilt besser als zu lange Übungseinheiten.

Prinzipiell erfordert der Umgang mit einem alten Tier viel Verständnis für Schrullen und Schwächen, Aufmerksamkeit für Beschwerden und Bedürfnisse sowie Extrazuwendung in vernünftigem Maße.

 

Anschrift des Verfassers
Dr. Rolf Vajna, 
Kasinostr. 27, 
65929 Frankfurt


 

Gisela Niebch
Foto: Privat

Interview: "Wir können die Lebensqualität oft lange erhalten"


Wir sprachen mit Gisela Niebch, Fachtierärztin an der Tierklinik im Tierzentrum Gelnhausen, über die gesundheitlichen Probleme alternder Haustiere.


DAZ: Frau Niebch, Sie betreiben eine Kleintierklinik mit rund 60 meist vierbeinigen Patienten pro Tag. Wie alt waren Ihre bisher ältesten Katzen- bzw. Hundepatienten und wie ging es ihnen im hohen Alter?

Niebch: Die älteste Katze unter unseren aktuellen Patienten ist 22 Jahre alt. Aber sie ist auch eine echte Ausnahme, quasi der Johannes Heesters unter den Katzen. Das Tier ist ziemlich hager, hat nur noch wenig Muskulatur und schläft sehr viel. Da sie aber organisch gesund ist, würde ich die Lebensqualität als gut bezeichnen. Der älteste Hund, den wir jemals in der Praxis hatten, war ein Pudel von 17 Jahren. Er war in seinen letzten Jahren aber schon sehr hinfällig: blind, wacklig auf den Beinen, und er roch sehr stark aus dem Maul.


DAZ: Welche Altersbeschwerden bzw. -krankheiten sehen Sie am häufigsten bei Hund und Katze? Gibt es da Unterschiede?

Niebch: Das Alter wirkt sich bei Hunden und Katzen tatsächlich unterschiedlich aus, vor allem in Hinblick auf die Krankheiten. Zu Beginn ihrer Seniorenzeit werden uns Hunde vor allem aus drei Gründen vorgestellt: wegen Arthrose-bedingten Lahmheiten, wegen Linsentrübung und wegen Zahnproblemen. Dies sind typische Erscheinungen des ersten Alterungsschubes. Später – so mit zehn bis elf Jahren – werden beim Hund oft Herz und Lunge auffällig. Parallel können Organausfälle auftreten, z. B. durch Tumore. Je älter das Tier, umso höher das Tumorrisiko. Nierenversagen und Diabetes gehören ebenfalls zu den klassischen Alterskrankheiten.


DAZ: Woran sterben diese Hunde schließlich?

Niebch: Tumorerkrankungen gehören beim Hund zu den Haupttodesursachen bzw. Euthanasiegründen. Auch extreme Formen von Arthrose oder Hüftgelenksdysplasie, die mit starken Schmerzen und neurologischen Ausfällen verbunden sind, führen nicht selten zum Einschläfern eines Hundes. Leider ist der natürliche Tod eher die Ausnahme. Wenn wir den Eindruck haben, dass das Tier leidet und nur noch dahinsiecht, erlösen wir es.


DAZ: Und bei der Katze?

Niebch: Bei der Katze sind die Nieren an allererster Stelle zu nennen. Es beginnt mit einer Niereninsuffizienz, die einen chronischen Verlauf nimmt und irgendwann zum Nierenversagen und damit zum Tod der Katze führt. Häufig sind bei Katzen zudem Tumore sowie eine Schilddrüsenüberfunktion im Alter. Viele ältere Katzen werden auch wegen Zahnproblemen vorgestellt. Sie haben oft noch schlechtere Zähne als Hunde. Herzerkrankungen treten deutlich seltener auf als bei Hunden, und Arthrose wird wahrscheinlich oft nicht erkannt, weil Katzen nicht lahmen. Hier ist eine Probeschmerzbehandlung die einzige Möglichkeit, zu erkennen, ob die Katze Schmerzen bei der Bewegung hat bzw. hatte.


DAZ: Inwieweit sind die genannten Alterskrankheiten therapierbar?

Niebch: Die meisten genannten Erkrankungen des Herzens, der Lunge oder der Nieren sowie Diabetes und Arthrose sind chronische Erkrankungen, die wir nicht heilen können, sondern – in Veterinärdeutsch – verwalten. Neben Arzneimitteln spielen hier auch spezifische Diäten sowie Ergänzungsfuttermittel eine Rolle. Wir können den Tieren damit in der Regel relativ lange eine gute Lebensqualität erhalten. Die Linsentrübung beim Hund ist dagegen ein Beispiel für eine Erkrankung, bei der wir normalerweise gar nichts tun. Der Hund ist lange nicht so Augen-fixiert wie wir Menschen und kompensiert sein schlechtes Sehvermögen ganz gut.


DAZ: Was kann der Tierbesitzer unterstützend bzw. vorbeugend tun?

Niebch: Der Tierbesitzer kann im Wesentlichen drei Dinge tun:

  • Das Tier aktiv halten. Dazu gehören die Verhinderung von Übergewicht durch angemessene Ernährung und ausreichend Bewegung. Das stärkt die Muskulatur, wirkt damit einer Arthrose entgegen und unterstützt das Herz-Kreislauf-System.
  • Die Zähne des Tieres pflegen, damit kein Zahnstein entsteht. Trockenfutter verhindert Zahnstein besser als Nassfutter. Der Einsatz von Zahnpflegemitteln und das Zähneputzen sind empfehlenswert.
  • Dem Tier reichlich zu trinken geben, um die Nieren zu entlasten. Wasser sollte für das Tier immer zugänglich sein. Da Katzen oft schlecht trinken, sollten sie neben Trocken- auch Nassfutter erhalten.

DAZ: Was bringen aus Ihrer Sicht Ergänzungsfuttermittel etwa für die Gelenke?

Niebch: Bestimmte Wirkstoffe, wie Vitamin E und andere Antioxidanzien, fördern nachweislich die Knorpelregeneration oder verlangsamen zumindest den Abbau. Auch der Gelenkschmerz lässt sich durch manche pflanzliche Substanz wie die Teufelskralle verringern. Das sagen zumindest Menschen, die entsprechende Präparate einnehmen. Ich denke, die Erfahrung lässt sich übertragen. Derartige Ergänzungsfuttermittel können bei Arthrose therapiebegleitend also durchaus Sinn machen. Der Einsatz sollte aber mit dem behandelnden Tierarzt abgestimmt werden.


DAZ: Frau Niebch, vielen Dank für das Gespräch!

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