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Oesterle, Bahr und Klusen streiten über Wettbewerb

BERLIN (ks). Der parlamentarische Staatssekretär im Gesundheitsministerium, Daniel Bahr (FDP), Celesio-Chef Fritz Oesterle und der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse, Norbert Klusen, lieferten sich vergangene Woche in der Tageszeitung "Die Welt" (Ausgabe vom 2. Juli) ein Streitgespräch zu der Frage, wie das Gesundheitswesen künftig bezahlbar ist. Angesprochen wurde dabei auch das Thema Wettbewerb im Apothekenmarkt.
Weniger Apotheken durch mehr Wettbewerb? Die Anzahl der Apotheken sind nach Ansicht des TK-Chefs Klusen nicht das Problem, es sind nicht die Apotheker, sondern die Ärzte, die Arzneimittel verschreiben.
Foto: Sket

Das Schlüsselwort für die Zukunft des Gesundheitswesens ist "Effizienz". Sie muss erhöht werden, um die Mehrausgaben durch den medizinischen Fortschritt schultern zu können – darin ist man sich einig. Auch der Ruf nach mehr Wettbewerb ist allgegenwärtig. Für den Fragesteller der "Welt" ist es daher offenbar nicht verständlich, warum ein Apotheker in Deutschland nur vier Apotheken besitzen darf. Die Frage nach dem "Warum" beantwortet Oesterle etwas kryptisch: "Wir erlauben uns eine zu kleinteilige Struktur im Gesundheitswesen. Skaleneffekte gibt es nicht und deshalb auch keine Produktivitätsfortschritte."

Bahr: Apothekenketten sind nicht billiger

Staatssekretär Bahr erklärt das Mehrbesitzverbot damit, dass der Apotheker vor Ort in seinen Apotheken sein solle. "Risiko und Verantwortung sollen beieinander bleiben. Das hat man in der Finanzkrise gesehen." Diese Antwort ist dem fragenden Journalisten nicht eingängig: "Was haben Apotheker mit der Finanzkrise zu tun?" Bahr erläutert: Die Krise habe gezeigt, was passiere, wenn nur Rendite im Mittelpunkt steht. "Gerade beim hohen Gut Gesundheit müssen Risiko und Haftung zusammengehören", betont er daher nochmals. Zudem weist er darauf hin, dass es im Apothekenmarkt auch heute "sehr wohl Wettbewerb" gebe. Auch seien Apothekenketten nicht billiger. "Wir setzen auf die Qualität der vom Inhaber geführten Apotheke", so Bahr.

Klusen: Zahl der Apotheken "nicht so wichtig"

Klusen weist seinerseits darauf hin, dass es in Amerika Apotheken in Supermärkten gibt, "und da sind natürlich Apotheker mit Qualifikation". Rezeptpflichtiges bekomme man auch dort nicht ohne Rezept. Der TK-Chef erklärt zudem, dass für ihn die Anzahl der Apotheken nicht so wichtig sei, "weil sie allein für uns als Versicherung kein Ausgabentreiber sind". Es seien nicht die Apotheker, sondern die Ärzte, die Medikamente verschreiben. Damit hebt sich Klusen von der Auffassung im GKV-Spitzenverband ab, dessen Chefin Doris Pfeiffer verschiedentlich die hohe Apothekendichte in Deutschland kritisiert hatte.

Oesterle: Mehr Apotheken lassen Ärzte mehr verordnen

Daraufhin wird Oesterle gefragt, "wie viel effizienter" eine Apothekenkette sei. "Sagen Sie uns Ihre Daten!", wirft Bahr an dieser Stelle des Interviews ein. Oesterle widerspricht zunächst Klusen. Es sei festzustellen, "dass zu viele Apotheken das System sehr wohl belasten". Es sei nachgewiesen, dass zwei Apotheken vor Ort zusammen mehr umsetzen als eine – auch bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. "Die Nachfrage des Patienten beim Arzt wird größer, wenn mehr Apotheken da sind. Das Verschreibungsverhalten des Arztes verändert sich dann", so Oesterle.

Klusen entgegnet, es sei bewiesen, dass dort, wo es einen Allgemeinarzt gibt, wenn ein zweiter hinzukommt, diese zusammen doppelt so viel Umsatz machen. Bei Apotheken sei das nicht möglich. "Die könnten einen bestimmten Umsatz mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln nur durch illegale Machenschaften erhöhen, und davon gehe ich nicht aus". Eine Apotheke könne ihren Umsatz nur mit rezeptfreien Mitteln und Kosmetika erhöhen, so Klusen.

Die ursprüngliche Frage nach der zusätzlichen Effizienz, die Apothekenketten bringen könnten, bleibt letztlich unbeantwortet. Klar wird aus dem Gespräch jedoch, dass das liberal geführte Gesundheitsministerium weiterhin zur inhabergeführten Apotheke steht.

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