Arzneimittel und Therapie

Nicht-medikamentöse Maßnahmen mehr einsetzen

Patienten mit Morbus Parkinson leiden nicht nur in den Off-Zeiten. Sie sind rund um die Uhr durch ihre Krankheit beeinträchtigt. Eine kontinuierlich wirksame medikamentöse Therapie ist deshalb unabdingbar. Sie sollte aber durch nicht-medikamentöse Maßnahmen ergänzt werden. Was Logopädie, Physiotherapie und Ergotherapie leisten können, zeigte ein Besuch des Zentrums für Parkinson-Therapie am St. Joseph-Krankenhaus in Berlin-Weißensee.
Das Leben leichter machen Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie sind wichtige Eckpfeiler einer Therapie von Parkinsonpatienten. Um die Beweglichkeit aufrecht zu erhalten sind gerade in frühen Stadien Tanz und Nordic Walking, später auch gezielte Physiotherapie sinnvoll. Falls es dem Patienten möglich ist, sollte in Gruppen trainiert werden, die physiotherapeutischen Übungen machen gemeinsam mehr Spaß.
Foto: St. Joseph-Krankenhaus, Berlin

Wer an einem Morbus Parkinson erkrankt ist, wird nicht nur durch Akinese, Tremor und Rigor beeinträchtigt. Auch nicht-motorische Beschwerden machen Parkinson-Patienten das Leben schwer. Dazu gehören Ess- und Trinkstörungen, Schlafstörungen mit der darauffolgenden Tagesmüdigkeit, Mikrographie, undeutliche Aussprache und Stimmungsschwankungen. Die Krankheit umfasst den ganzen Menschen, und das nicht nur während seiner Off-Phasen, sondern 24 Stunden am Tag, machte Prof. Dr. Thomas Müller vom St. Joseph-Krankenhaus in Berlin-Weißensee deutlich. Zwei Drittel haben aus seiner Sicht keine adäquate Lebensqualität über einen Gesamtzeitraum von 24 Stunden. Um die zu verbessern, sollte die medikamentöse Therapie optimiert, gleichzeitig aber auch nicht-medikamentöse Maßnahmen genutzt werden. Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie sind dabei wichtige Eckpfeiler. Um die Beweglichkeit aufrecht zu erhalten sind gerade in frühen Stadien Tanz und Nordic Walking, später auch gezielte Physiotherapie sinnvoll. Falls es dem Patienten möglich ist, sollte in Parkinson-Gruppen trainiert werden. Die physiotherapeutischen Übungen machen gemeinsam mehr Spaß und der Patient trifft Leidensgenossen, mit denen er sich austauschen kann. Viele finden dadurch auch einen Weg aus der zunehmenden Isolation. Da im Laufe der Erkrankung oft auch die Sprache leidet, kann eine begleitende Logopädie mit einer entsprechend geschulten Therapeutin sinnvoll sein. Sie übt gezielt lautes und verständliches Sprechen und gibt dem Patienten Übungen für das Training zu Hause an die Hand.

Mit Ergotherapie den Alltag erleichtern

Die Ergotherapie sorgt dafür, dass Feinmotorik und die Fähigkeit zu schreiben möglichst lange erhalten werden. Die Therapeutin bastelt, malt und schreibt mit den Patienten. Sie unterstützt sie bei Alltagsaktivitäten, indem sie beispielsweise den Umgang mit dem Rollator übt oder in der Therapieküche die Zubereitung von Mahlzeiten. Informiert wird der Patient dabei auch über Hilfsmittel, die ihm das Leben leichter machen. So gibt es Antirutschmatten, speziell für Parkinson-Patienten, adaptierte Bestecke, Knopfanziehhilfen sowie Socken- und Strumpfanziehhilfen.

Mehr Unabhängigkeit durch weniger Off-Zeiten

Eine wirksame medikamentöse Therapie von 0 bis 24 Uhr ist mit dem non-ergolinen Dopaminagonisten Ropinirol mit verzögerter Wirkstofffreisetzung (ReQuip-Modutab®) möglich. Bei täglicher Einmalgabe lassen sich im Vergleich zur dreimal täglichen Einnahme pro Tag gleichmäßigere Serumspiegel erreichen. Dabei scheint ReQuip-Modutab® aufgrund seiner Pharmakokinetik den physiologischen Verlauf der Dopaminserumspiegel zu imitieren mit höheren Serumspiegeln am Morgen und niedrigeren Serumspiegeln während der Nacht, erläuterte Müller. Auch die Off-Zeiten verkürzen sich unter der langwirksamen Medikation, es konnte eine deutliche Abnahme der Off-Zeiten im Vergleich zu Placebo erreicht werden (2,1 Stunden vs. 0,3 Stunden). Dieser Effekt war bereits nach zwei Wochen statistisch signifikant. Auch im direkten Vergleich mit schnell freisetzendem Ropinirol ist die retardierte Wirkform überlegen. Innerhalb von 24 Wochen erreichten mehr Patienten eine Verringerung der Off-Zeiten um mindestens 20% (66% vs. 51%). Das bedeutet mehr Unabhängigkeit für den Patienten und eine Entlastung der Betreuerinnen.

Einfach mehr Lebensqualität

Besonders quälend sind für Parkinson-Patienten Schlafstörungen, unter denen 67% bis 98% der Patienten leiden. Einer der Gründe sind fallende Dopaminspiegel während der Nacht, die zu nächtlichem Rigor und morgendlicher Dystonie mit dumpfen, ziehenden Schmerzen führen. Retardiertes Ropinirol als Kombinationspartner von L-Dopa sorgt auch nachts für ausreichend hohe Wirkstoffspiegel und verbessert so die Schlafqualität. Bei Patienten mit vorbestehender Schlafstörung konnte eine Zunahme auf der PDSS (Parkinson‘s Disease Sleep Scale) gezeigt werden mit einer signifikanten Verbesserung der Gesamtqualität des Schlafes und der motorischen Symptomatik am Morgen. Unter retardiertem Ropinirol verbessert sich auch die Lebensqualität insgesamt. Die Befragung von Parkinson-Patienten anhand des PDQ-39, einem krankheitsspezifischen Fragebogen für Parkinson-Patienten, konnte ein signifikanter Vorteil für retardiertes Ropinirol in der Add-on-Therapie gegenüber Placebo gezeigt werden. Die Patienten konnten sich besser bewegen, waren im Alltag aktiver und fühlten sich emotional besser. Signifikant positiv waren auch der Effekt auf die Kommunikation und nicht zuletzt auf das Gefühl der Stigmatisierung.

Quelle Prof. Dr. Thomas Müller, Berlin: Workshop "Morbus Parkinson: Aus der Praxis für die Praxis – Erkrankung und Therapie interaktiv erleben", Berlin, 4. Mai 2010, veranstaltet von der GlaxoSmithKline GmbH, München.

 


Apothekerin Dr. Beate Fessler

Zum Weiterlesen


Lennecke K.: Pharmazeutische Betreuung von Parkinson-Patienten.

Med Monatsschr Pharm 2005;28:228 – 236.

www.medmopharm.de

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.