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Celesio und Medco gründen Joint Venture

BERLIN (ks). Der Stuttgarter Pharmahändler Celesio und der US-Gesundheitsdienstleister Medco haben am 21. Juni die Gründung eines Joint Ventures bekannt gegeben. Das Ziel ist hoch gesteckt: Die Unternehmen wollen ihre Kompetenzen vereinen, um mit "sektorübergreifenden Lösungen" langfristig die Qualität der Gesundheitsversorgung von Patienten zu erhöhen und zur Reduzierung der finanziellen Belastung von Kostenträgern im Gesundheitswesen in Europa beizutragen. Mit im Boot sind die Versandapotheken der beiden Unternehmen: DocMorris und die Europa Apotheek Venlo.
Auf gute Zusammenarbeit David B. Snow, Jr. (Medco), und Dr. Fritz Oesterle (Celesio) nach der Vertragsunterzeichnung des Joint Ventures von Medco und Celesio.
Foto: Celesio

Das "Joint Venture Medco Celesio B.V" mit Sitz in Amsterdam gehört den beiden Muttergesellschaften zu gleichen Teilen und soll 2010 zunächst in Deutschland operativ tätig werden. Es soll sich auf "innovative, sektorübergreifende pharmazeutische Dienstleistungen für Patienten mit chronischen oder komplexen Erkrankungen wie Diabetes, Asthma, hohen Cholesterinwerten und Herzerkrankungen" konzentrieren. Ziel ist, die Therapietreue zu erhöhen, geschulte Leistungserbringer einzubinden und damit zu mehr Effizienz im Gesundheitswesen beizutragen. Während Medco derartige Leistungen in den USA bereits seit einigen Jahren anbietet, haben sie sich in Europa noch nicht etabliert. Das wollen die Partner nun ändern.

Kernbereich "ACS"

Kernbereich des Dienstleistungsangebots ist der Geschäftsbereich "Advanced Clinical Solutions". Konkret soll den Krankenkassen zunächst eine Analyse von – anonymisierten – Verordnungsdaten ihrer Versicherten angeboten werden. Dabei soll insbesondere Unter- und Fehlversorgung aufgedeckt werden. In einem zweiten Schritt können Krankenkassen auf die betroffenen Versicherten zugehen und fragen, ob sie an einem Aktionsprogramm teilnehmen wollen. Stimmt der Patient zu, soll ihm ein breites, individuelles Informationsangebot – etwa über das Internet oder per Telefon – zur Verfügung gestellt werden. Damit soll der Patient in die Lage versetzt werden, selbst einen größeren Beitrag für seine Gesundheit zu leisten. Bei Celesio ist man sehr optimistisch, was die Bereitschaft der Krankenkassen angeht, die Dienstleistung des Joint Ventures in Anspruch zu nehmen und dafür auch zu zahlen – selbst bei der derzeit klammen Finanzsituation. Dies hätten Vorgespräche mit den Kassen gezeigt. Schließlich wolle jeder Kassenmanager für jeden ausgegebenen Euro auch einen Gegenwert erhalten. Auch ein günstiges Rabattarzneimittel könne zu teuer sein, wenn es nicht richtig eingenommen wird. Langfristig setzen die Unternehmen zudem darauf, dass zukünftige neue Vergütungssysteme derartige Modell unterstützen werden.

Pick-up-Verbot wird akzeptiert

Ein weiterer Teil des Planes ist die Lieferung von Wiederholungsverordnungen per Kurier oder Post nach Hause – gerne durch DocMorris oder die Europa Apotheek Venlo. Bei schwierig zu verabreichenden oder sehr teuren Arzneimitteln soll geschultes Pflegepersonal auch eine Versorgung zu Hause sicherstellen können. Allerdings sollen die eigenen Versandapotheken in dem ganzen Geschehen "keine dominante" Rolle spielen. Der Patient soll auch weiterhin selbst bestimmen, welche Apotheke ihn mit Arzneimitteln versorgt. Ist es die Apotheke vor Ort, will sich das Joint Venture darum kümmern, dass diese zureichend einbezogen wird. So soll etwa das Personal entsprechend gecoacht werden. "Für das Joint Venture steht nicht der Versandhandel, sondern die Gesamtlösung einer besseren Patientenversorgung im Vordergrund", betonte Oesterle. In diesem Zusammenhang erklärte der Celesio-Chef auch, dass das Joint Venture und seine Unternehmen nicht gegen das vom Gesetzgeber geplante Verbot von Pick-up-Stellen für Arzneimittel klagen werden. Es entspreche dem Selbstverständnis des Joint Ventures, Lösungen für das Gesundheitssystem an die Rahmenbedingungen innerhalb der einzelnen europäischen Märkte anzupassen – dazu gehöre auch das Akzeptieren dieser Rahmenbedingungen, so Oesterle.

Details noch offen

Bis das Projekt tatsächlich anlaufen kann, wird allerdings etwas Zeit vergehen. Daher sind die Details, wie die Patientenbetreuung in Deutschland ablaufen soll, noch offen. Zunächst ist die kartellrechtliche Freigabe abzuwarten – Celesio rechnet damit in ein bis drei Monaten. Dann müssen die Kassen für das Projekt gewonnen und mit der ersten Datenanlyse begonnen werden.

Ganz Europa im Visier

Das Joint Venture soll nach dem Start in Deutschland schrittweise in weiteren europäischen Märkten aktiv werden – so etwa in Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien. Insgesamt zielt es auf die 27 EU-Mitgliedsstaaten sowie die Schweiz und Norwegen ab. Dies sei ein "wichtiger strategischer Schritt für Celesio und Medco für einen beschleunigten Eintritt in neue Märkte und Marktsegmente mit hohem Wachstumspotenzial". Wie die Unternehmen erklärten, werde man eng mit gesundheitspolitischen Entscheidungsträgern, Kostenträgern, Apotheken, medizinischen Leistungserbringern und deren Dachorganisationen, Pharmaherstellern, Patientenverbänden und führenden Forschungsinstituten zusammenarbeiten.

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