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Cystus 052 in neuem Gewand kein Arzneimittel?

STUTTGART (du). Die Medizinprodukte Cystus 052 Infektblocker® Tabletten und Cystus 052 Gurgellösung® sind mit Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. März 2010 als zulassungspflichtige Arzneimittel eingestuft worden. Daraufhin hatte das betroffene Unternehmen, Dr. Pandalis Urheimische Medizin, den Vertrieb der Präparate eingestellt. Jetzt präsentiert es mit Cystus 052 Bio Halspastillen ein in der Rezeptur mit Cystus 052 Infektblocker Lutschtabletten identisches neues Produkt. Dieses ist allerdings schon seit Jahren als Lebensmittel im Markt und soll von der Einstufung als Arzneimittel nicht betroffen sein.
Nicht zugelassenes Arzneimittel in ­neuer Verpackung = Verkehrsfähiges Lebensmittel. Das Präparat Cystus 052 Infektblockerwird nicht mehr vertrieben, da es als zulassungspflichtiges Arzneimittel eingestuft worden ist. Als Nachfolgeprodukt bietet das Unternehmen Dr. Pandalis Urheimische Medizin nun den gleichen Inhalt in neuer Verpackung als Cystus 052 Bio Halspastillen an, allerdings nicht als Medizinprodukt, sondern als Lebensmittel.

Cystus 052® Infektblocker Tabletten und Cystus 052® Gurgellösung sollten unter anderem Schutz vor Erkältungen, insbesondere vor grippalen Infekten, bieten. Gerade in Zusammenhang mit der Neuen Grippe wurden die Präparate massiv beworben. Pressemitteilungen wie "Cystus 052 schützt auch vor Schweinegrippe" hatten dabei für Kritik gesorgt, denn mit den angeführten klinischen Studien, so die Kritiker, konnten solche Behauptungen nicht untermauert werden (s. DAZ 19/2009, S. 78 ff und DAZ 28/2009, S. 44 ff). Zudem kam die Frage auf, ob es sich bei den Präparaten tatsächlich um rein physikalisch wirksame Medizinprodukte oder doch um zulassungspflichtige, pharmakologisch wirksame Arzneimittel handelt. Der Hersteller ist von der rein physikalischen Wirksamkeit überzeugt.

Nur physikalisch wirksam?

Mit Bescheid vom 11. Februar 2008 waren die beiden Medizinprodukte vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als zulassungspflichtige Arzneimittel eingestuft worden. Das zuständige Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg hatte daraufhin das Inverkehrbringen untersagt. Gegen diesen Bescheid hatte der Hersteller geklagt, das Verfahren gegen den Untersagungsbescheid ist noch beim Verwaltungsgericht Osnabrück anhängig.

Vertriebsstopp, aber noch kein Verkaufsverbot

Am 14. Oktober 2009 hatte das Verwaltungsgericht Köln Cystus 052 Infektblocker® Tabletten und Cystus 052 Gurgellösung® als zulassungspflichtige Arzneimittel eingestuft und eine Berufung gegen das Urteil ausgeschlossen. Mit einem Antrag auf Zulassung der Berufung wollte das betroffene Unternehmen das Urteil anfechten. Dieser Antrag wurde am 15. März 2010 vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen abgelehnt, das Urteil wurde rechtskräftig. Es bietet die rechtliche Voraussetzung für eine Entscheidung in dem noch anhängigen Verfahren zur Untersagung des Inverkehrbringens der betroffenen Präparate beim Verwaltungsgericht Osnabrück. Mit Bekanntwerden der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen hatte der Hersteller den Vertrieb der umstrittenen Medizinprodukte zwar eingestellt, ein Verkaufsverbot liegt jedoch aufgrund der ausstehenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts Osnabrück noch nicht vor.

Präsentations- oder Funktionsarzneimittel?

In dem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln wurden die Cystus-Präparate als sogenannte Präsentationsarzneimittel eingestuft. Das Gericht ging der Frage nicht abschließend nach, ob es sich um Arzneimittel mit pharmakologischer Wirkung und damit um Funktionsarzneimittel handelt. Es stellte lediglich fest: "Wenn sowohl die Voraussetzungen für ein Medizinprodukt erfüllt sein können als auch Arzneimitteleigenschaften gegeben sind, ist gemäß der ‚Zweifelsfallregelung‘ (§ 2 Abs. 3a) eine klare Zuordnung zum Arzneimittel vorzunehmen."

Verkehrsfähig durch neue Präsentation ...

Jetzt hat Dr. Pandalis Urheimische Medizin mit Cystus 052 Bio Halspastillen nach eigenen Angaben ein neues Produkt in den Markt gebracht, dessen Rezeptur der von Cystus 052 Infektblocker® Tabletten entspricht. Das Unternehmen begründet diesen Schritt damit, dass Cystus 052 Infektblocker® aufgrund der werblichen Darstellung vom Verwaltungsgericht Köln als Präsentationsarzneimittel eingestuft worden ist. Man sei daher nicht gezwungen, die Rezeptur als solche, sondern die Präsentation auf dem Markt zu verändern. Das neue Produkt wird als das offizielle Nachfolgeprodukt von Cystus 052 Infektblocker® beworben, so beispielsweise unter www-apodiscounter.de.

... eines alten Produkts mit identischer Rezeptur

Die den Hersteller in dem Rechtsstreit vertretende Rechtsanwaltskanzlei teilte jedoch auf Anfrage der DAZ mit, dass mit Cystus 052 Bio Halspastillen kein neues Produkt auf den Markt gebracht worden sei. Die Bio Halspastillen seien schon seit Jahren als Lebensmittel im Verkehr. Auch dass die Rezeptur mit dem Medizinprodukt Cystus 052 Infektblocker® identisch ist, hätten die Bio-Halspastillen seit Jahren gemein. Dass die Bio-Halspastillen nicht von dem Urteil des Oberwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen umfasst seien, liege daran, dass die Klassifizierung des Medizinproduktes Cystus 052 Infektblocker® als zulassungspflichtiges Arzneimittel über die "Präsentation" definiert wurde. Da die Bio-Halspastillen seit Jahren keinerlei arzneiliche Präsentation besitzen würden, seien sie nie von dem Verfahren erfasst gewesen.

Bio-Halspastillen Funktionsarzneimittel?

Ungeachtet dessen prüft jedoch das zuständige Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg DAZ-Recherchen zufolge, ob es sich bei Cystus 052 Bio-Halspastillen um ein Funktionsarzneimittel handelt, dessen Inverkehrbringen als Lebensmittel zu untersagen wäre. Damit wird dann unter Umständen doch noch gerichtlich zu klären sein, ob der Cystus-052-Extrakt nur eine rein physikalische Wirkung oder doch eine pharmakologische Wirkung hat.

Das BfArM war in seiner Einstufung der Cystus-052-Medizinprodukte davon ausgegangen, dass eine pharmakologische Wirkung nicht auszuschließen sei.

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