Praxis aktuell

Schon eine kurze Beratung kann helfen

Über die Bedeutung der Leitlinie "Tabakentwöhnung bei COPD" sprachen wir mit dem federführenden Autor, Prof. Dr. Stefan Andreas, Leitender Arzt der Lungenfachklinik Immenhausen/Landkreis Kassel und im Verfahren zur Konsensbildung der Leitlinie einer der Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP).
Prof. Dr. Stefan Andreas

DAZ: In der Leitlinie "Tabakentwöhnung bei COPD" wird darauf verwiesen, dass es bisher zu Vareniclin keine Daten für COPD-Patienten gibt, jedoch eine entsprechende Studie gerade durchgeführt wird. Sind aus dieser Studie inzwischen Ergebnisse veröffentlicht bzw. werden sie demnächst erwartet?

Andreas: Diese neue Studie von Tashkin und Mitarbeitern ist noch nicht als Volltext, jedoch im vergangenen Jahr bereits als Kongress-Abstract publiziert worden. Es handelt sich dabei um eine große multizentrische placebokontrollierte randomisierte Studie mit folgendem Outcome: Unter Vareniclin war die Entwöhnungsrate (Odds ratio) nach einem Jahr viermal so hoch wie unter Placebo. Das ist schon sehr viel, wenn man bedenkt, dass die bisherigen Studien für die Nicotinersatztherapie eine Odds ratio von 1,8 bis 2 aufwiesen.


DAZ: Im Juli vergangenen Jahres wurde von der FDA für Vareniclin und Bupropion ein verschärfter Warnhinweis ("boxed warning") angeordnet. Anlass dafür waren Postmarketingberichte über neuropsychiatrische Komplikationen in Form von verändertem Verhalten, Feindseligkeit, Agitiertheit, depressiven Verstimmungen, Selbstmordgedanken bis hin zum Suizid. Hat dieser Warnhinweis in der Praxis Auswirkungen auf den Umgang mit den Empfehlungen in der Leitlinie bzw. ist geplant, die Leitlinie diesbezüglich zu ändern?

Andreas: Nein, es gibt keinen Grund, von den Empfehlungen der Leitlinie abzuweichen. Es ist ja darin erwähnt, dass Nebenwirkungen wie Übelkeit, lebhafte Träume, Schlafstörung etc. häufig auftreten. Aber diese sind vorübergehend, nicht sehr stark ausgeprägt, und auch nicht lebensbedrohlich. Auch aus Ergebnissen der vorliegenden fünf randomisierten Studien zu Vareniclin und der von der Cochrane Collaboration publizierten Metaanalyse lassen sich keine Hinweise ableiten, die Veränderungen der Leitlinie notwendig machen würden. Die routinemäßige Aktualisierung der Leitlinie ist für 2011 geplant.


DAZ: Zu den Adressaten der Leitlinie werden auch "Kooperationspartner der Ärzteschaft" wie z. B. Apotheker gezählt. Wo sehen Sie persönlich den Beitrag der öffentlichen Apotheke bei der Unterstützung der Tabakentwöhnung bei COPD-Patienten?

Andreas: Die Mitarbeiter in öffentlichen Apotheken können Patienten bei der Tabakentwöhnung wirksam unterstützen. Untersuchungen haben gezeigt, dass selbst eine kurze Beratung von drei Minuten Dauer in einigen Fällen zur Aufgabe des Rauchens führen kann. Da COPD-Patienten ja regelmäßig die Apotheke aufsuchen, sollte bei jedem Kontakt diese "Minimalberatung" durchgeführt werden. Die Leitlinie kann dabei sehr hilfreich sein, siehe z. B. die Übersicht "Die 5 R zur Motivationssteigerung".


DAZ: Professor Andreas, wir danken Ihnen für das Gespräch!

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