DAZ aktuell

Senkung auf 1,75 Euro kann vorläufig umgesetzt werden

BERLIN (tmb). Beim Dauerthema Kassenabschlag gibt es eine neue Wendung – diesmal zugunsten der Apotheker. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat der Beschwerde des Deutschen Apothekerverbandes im Eilverfahren stattgegeben und die sofortige Vollziehung der Schiedsstellenentscheidung zum Kassenabschlag angeordnet. Damit kann die Entscheidung der Schiedsstelle, den Kassenabschlag auf 1,75 Euro zu senken, vorläufig umgesetzt werden. Die Rechenzentren können daraufhin die Rechnungen an die Krankenkassen stellen.

Die Schiedsstelle hatte im Dezember 2009 beschlossen, den Krankenkassenabschlag von 2,30 Euro auf 1,75 Euro zu senken. Dagegen hatte der GKV-Spitzenverband geklagt. Wegen der aufschiebenden Wirkung dieser Klage konnte die Senkung des Kassenabschlages bisher nicht umgesetzt werden. Gegen diese aufschiebende Wirkung hatte wiederum der Deutsche Apothekerverband (DAV) einen Eilantrag gestellt, der vom Sozialgericht Berlin abgewiesen worden war (Az.: S 73 KR 135/10 ER). Doch die Beschwerde des DAV gegen diese Entscheidung war nun vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg erfolgreich (Az.: L 1 KR 51/10 B ER). Das Gericht urteilte bereits am 5. Mai, doch wurde die Entscheidung erst am 10. Mai bekannt. Damit ist das Eilverfahren abgeschlossen, die Entscheidung ist rechtskräftig. Der gesenkte Kassenabschlag kann damit vorläufig umgesetzt werden. Das Hauptsacheverfahren bleibt hiervon unberührt, es kann sich über mehrere Instanzen und damit über Jahre hinziehen. Falls die Apotheker in diesem Verfahren unterliegen sollten, müsste die Differenz zwischen den Kassenabschlägen wieder an die Krankenkassen zurückerstattet werden.

Rückabwicklung unproblematisch

Das Landessozialgericht erklärte, die Abwägungsentscheidung folge keinem starren Schema. Die Folgen der Entscheidung seien in dem vorliegenden Fall rein finanzieller Natur und könnten durch eine Rückabwicklung ausgeglichen werden, die nicht schwieriger als eine normale Abrechnung sei. Außerdem heißt es, ein Obsiegen der Krankenkassenseite dürfte eher unwahrscheinlich sein. Daher dürfte das Vollzugsinteresse der antragstellenden Apotheker überwiegen.

Gute Aussichten ...

Der zuständige Senat des Landessozialgerichts vertritt die Auffassung, dass hinsichtlich der Schiedsstelle von ähnlichen Grundsätzen wie beim Schiedsamt in Kassenarztsachen auszugehen sei. Auch bei der Schiedsstelle wolle der Gesetzgeber offenbar, dass deren Beschlüsse regelmäßig bindend sind. "Dies ist Sinn und Zweck einer derartigen Einrichtung", heißt es in der Begründung des Gerichts. Das Gericht sieht auch eine Ähnlichkeit zu den Schiedsgerichten nach der Zivilprozessordnung und dem Parteiengesetz. Diese unterlägen nur in eingeschränktem Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Zu Entscheidungen der Schiedsämter habe das Bundessozialgericht dargelegt, dass Gerichte nur überprüfen, ob der vom Schiedsamt festgelegte Sachverhalt zutrifft und das Schiedsamt seinen Gestaltungsspielraum eingehalten hat. Vor diesem Hintergrund sehe das Landessozialgericht eher geringe Erfolgsaussichten für die Anfechtungsklage der Krankenkassenseite.

... aber keine Sicherheit

Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Norddeutschen Apothekenrechenzentrums und des Hamburger Apothekervereins, erklärte gegenüber der DAZ: "Die Rechenzentren können den Krankenkassen nun unverzüglich die Rechnungen stellen." Die Beträge würden den Apotheken nach dem Eingang der Zahlungen gutgeschrieben. Dies betreffe das Jahr 2009 und die Monate Januar bis April 2010. Graue zeigte sich erfreut über den Ausgang des Eilverfahrens, gab aber zu bedenken: "Dies ist keine endgültige Entscheidung. Das Hauptsacheverfahren kann sich über mehrere Jahre hinziehen." Die Apotheker sollten daher Rückstellungen für den Fall bilden, dass das Hauptsacheverfahren für sie ungünstig ausgeht.

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