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Mehr Krankenhausapotheker wünschenswert

MAINZ (diz). Um den Anforderungen an eine ständig komplexer werdende Arzneimitteltherapie gerecht zu werden, sollte es an Deutschlands Krankenhäusern mehr Krankenhausapotheker geben. Der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) hat auf seinem wissenschaftlichen Kongress Anfang Mai ein Zielepapier verabschiedet, das die Potenziale der pharmazeutischen Leistungen der Krankenhausapotheker beschreibt und politische Zielvorgaben formuliert. Wir sprachen mit der neu gewählten Präsidentin der ADKA, Frau Prof. Dr. Irene Krämer, welche Ziele vorrangig anzustreben sind.
ADKA-Präsidentin Professor Krämer Der Krankenhausapotheker am Krankenbett verbessert nachweislich die Ergebnisse der Arzneimitteltherapie.
Foto: ADKA
DAZ: Frau Professor Krämer, herzlichen Glückwunsch zur Wahl. Sie treten Ihr Amt in einer bewegten und sicher nicht einfachen gesundheitspolitischen Zeit an. In Deutschland gibt es rund 1700 Krankenhausapotheker, drei Apotheker auf 1000 Betten – gibt es zu wenige Krankenhausapotheker? Und wenn ja, wie sähe Ihre Wunschquote aus?

Krämer: Die wenigen Krankenhausapotheker pro 1000 Betten in Deutschland erbringen hervorragende klinisch-pharmazeutische Dienstleistungen und arbeiten überaus effizient. Sie etablieren die pharmazeutische Betreuung in Eigeninitiative mit dem Ziel, die Ergebnisse der Arzneimitteltherapie zu verbessern. Die Rahmenbedingungen im deutschen Gesundheitswesen unterstützen dieses Anliegen nicht ausreichend. Mit mehr Krankenhausapothekern könnte die pharmazeutische Betreuung bedarfsdeckender erbracht und die klinischen, sozialen und wirtschaftlichen Ergebnisse der Arzneimittel weiter verbessert werden. Im europäischen Vergleich hat Deutschland die niedrigste Quote von Krankenhausapothekern pro 100 Betten. Der europäische Durchschnitt liegt bei 1 Krankenhausapotheker pro 100 Betten. Doch ist die Zahl von Krankenhausapothekern pro 100 Betten immer auch in der Gesamtschau mit der Zahl und dem Ausbildungsstand der anderen Gesundheitsberufler im Krankenhaus zu sehen. In Deutschland können wir uns am ehesten mit den Niederlanden vergleichen. Dort gibt es wie in Deutschland gut ausgebildete Krankenschwestern und PTAs, die angeleitet von den Krankenhausapothekern, ihren Beitrag zu einer effektiven und sicheren Arzneimitteltherapie des Krankenhauspatienten leisten können. Wir müssen mit den Ärzten und Krankenschwestern über eine neue Aufgabenverteilung in Bezug auf die Arzneimitteltherapie im Krankenhaus nachdenken und aus dem Konsens wird sich der Bedarf an Krankenhausapothekern ergeben. Sicherlich hängt der Bedarf auch von der Art und Versorgungsstufe des Krankenhauses ab und dafür ist das Bett kein aussagekräftiger Bezugsparameter. Meine Wunschquote geht dahin, dass die konsentierten Aufgaben sicher und vorteilhaft für den Patienten erbracht werden können und da bildet der europäische Durchschnitt von einem Krankenhausapotheker pro 100 Betten einen guten Zielwert.

DAZ: Welche Aufgaben stehen heute bei der Tätigkeit eines Krankenhausapothekers im Vordergrund?

Krämer: Die Aufgaben des Krankenhausapothekers sind in der Regel drei Bereichen zuzuordnen. Das sind die pharmazeutische Logistik, die Arzneimittelherstellung und die klinisch-pharmazeutischen Dienstleistungen. Diese drei Bereiche unterstützen und bedingen sich gegenseitig. Das Verhältnis des Personaleinsatzes ist im Median derzeit etwa 35% für die pharmazeutische Logistik, 25% für die Arzneimittelherstellung und rund 20% für pharmazeutische Dienstleistungen. Dies bezieht sich auf das gesamte Apothekenpersonal und es ist davon auszugehen, dass im Bereich pharmazeutische Logistik überwiegend PKAs und im Bereich Arzneimittelherstellung überwiegend PTAs arbeiten. Die Krankenhausapotheker selbst übernehmen in diesen Bereichen überwiegend Monitoring- und Führungsaufgaben und haben ihren Schwerpunkt im Bereich klinisch-pharmazeutische Dienstleistungen. In der Arzneimittellogistik ist es wichtig, dass Krankenhausapotheker ihre Kenntnisse und Erfahrungen bezüglich des Arzneimittelmarkts, zu Arzneimitteldistributionssystemen, zur Kosten-Nutzen-Evaluation der Arzneimitteltherapie und Pharmakoökonomie einbringen. Die Arzneimittelherstellung ist die ureigenste Aufgabe des Apothekers und der Krankenhausapotheker hat heute seinen Schwerpunkt in der Etablierung und Leitung der patientenbezogenen Arzneimittelherstellung. Und wenn immer möglich erbringen die Krankenhausapotheker klinisch-pharmazeutische Dienstleistungen direkt am Patienten. Zu den am weitest verbreiteten Tätigkeiten gehören die Visitenteilnahme, die Arzneimittelanamnese bei Aufnahme in das Krankenhaus, das Therapiemonitoring durch einen Apotheker auf Station während des stationären Aufenthalts, Wundmanagement, Ernährungsmanagement, Patientenschulungen im Umgang mit erklärungsbedürftigen Arzneiformen und die Arzneimittelberatung bei der Entlassung aus dem Krankenhaus.

DAZ: … und welche Aufgaben sollten vermehrt an erster Stelle stehen?

Krämer: Wichtig erscheint mir, dass alle im Krankenhaus arbeitenden Apotheker der Krankenhausapotheke zugeordnet sind und gemeinsam an der Optimierung der Arzneimitteltherapie arbeiten. Erfahrungen und Kenntnisse aus allen Aufgabenbereichen müssen in der Krankenhausapotheke zusammenfließen und zur Optimierung der Arzneimitteltherapiesicherheit genutzt werden.

Die Prozessoptimierung der Arzneimitteltherapie und die Arzneimitteltherapieoptimierung für den individuellen Patienten müssen an erster Stelle stehen. Alle pharmazeutischen Tätigkeiten, die dazu beitragen, sind für mich gleichwertig.

DAZ: Die ADKA hat auf ihrer letzten Mitgliederversammlung Anfang Mai ein Zielepapier verabschiedet. Kurz zusammengefasst: Welche Ziele stehen für die Zukunft im Mittelpunkt? Und welche Ziele haben Sie sich in Ihrem Amt vorgenommen?

Krämer: Das ADKA Zielepapier steht unter dem Motto: "Wir Krankenhausapotheker schaffen den bestmöglichen Nutzen der Arzneimitteltherapie für unsere Patienten."

Unser Ziel ist es, die Arzneimitteltherapie so zu gestalten, dass der richtige Patient das richtige Arzneimittel in der richtigen Dosierung in der richtigen Zubereitung zum richtigen Zeitpunkt richtig dokumentiert und richtig informiert erhält. Die Arzneimitteltherapiesicherheit (sieben Ziele) und die Qualität der Arzneimitteltherapie (drei Ziele) und der Arzneimittelinformation, -beratung sowie die Wirtschaftlichkeit der Arzneimitteltherapie (vier Ziele) stehen im Mittelpunkt des Zielepapiers.

Mein Ziel ist es, jungen, gut ausgebildeten und engagierten Krankenhausapothekern die Möglichkeit zu geben, an der Optimierung der Arzneimitteltherapie im Krankenhaus aus der Krankenhausapotheke heraus mitwirken zu können. Ich möchte die Rahmenbedingungen dahingehend verbessern, dass die eigene Krankenhausapotheke und mit ausreichendem pharmazeutischem Personal für das Krankenhaus machbar ist.

DAZ: Aus Patientensicht gesehen: Der Krankenhausapotheker am Krankenbett ist wünschenswert. Inwieweit ist dies in Deutschland flächendeckend schon Realität? Was muss getan werden, um dieses Ziel zu forcieren?

Krämer: Der Krankenhausapotheker am Krankenbett ist wünschenswert, weil er nachweislich die Ergebnisse der Arzneimitteltherapie verbessert. Die Arzneimitteltherapie ist extrem komplex geworden und braucht einen Spezialisten zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit. Um eine flächendeckende und bedarfsdeckende Etablierung der pharmazeutischen Betreuung zu erreichen, muss das Bewusstsein in Deutschland für die Arzneimitteltherapiesicherheit geschaffen werden. In Vergleich zu anderen europäischen Ländern gibt es in Deutschland nur wenige Regularien zur Sicherheit der Arzneimitteltherapie, nur wenige Kommissionen für Arzneimitteltherapiesicherheit in den Krankenhäusern und keine Verpflichtung zum Reporting von Medikationsfehlern. Die Verantwortlichen im Gesundheitswesen müssen Pharmakovigilanz und Risikomanagement als ihr Anliegen erkennen und deren Finanzierung sicherstellen. Diese Bewusstseinsbildung will ich forcieren.

DAZ: Frau Professor Krämer, vielen Dank und viel Erfolg!

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