Arzneimittel und Therapie

Antibiotika-Prophylaxe moderat wirksam

Einer australischen Studie zufolge senkt eine langfristige antibiotische Prophylaxe bei prädisponierten Kindern die Häufigkeit von Harnwegsinfekten. Der moderate Nutzen war in allen Subgruppen nachweisbar.

Harnwegsinfekte im Kindesalter sind keine Seltenheit und betreffen rund 2% der Jungen und 8% der Mädchen im Alter von sieben Jahren. Da Harnwegsinfekte und der sie häufig begleitende vesikoureteraler Reflux (VUR) zu renalen Spätkomplikationen führen können, erhalten die betroffenen Kinder oftmals eine langfristige, niedrig dosierte Antibiotikaprophylaxe. Allerdings wurde dieses im klinischen Alltag praktizierte Vorgehen bislang nie systematisch untersucht. Daher nahmen sich australische Forscher dieser Frage an und führten eine placebokontrollierte, multizentrische und randomisierte Untersuchung durch. Zur antibiotischen Prophylaxe wurde Cotrimoxazol (Trimethoprim und Sulfamethoxazol) eingesetzt, da diese Kombination weltweit als Firstline-Mittel zur Vorbeugung von Harnwegsinfekten im Kindesalter eingestuft wird.

Symptome

Symptome, die auf einen Harnwegsinfekt bei Kindern hinweisen:

  • jedes Fieber beim Säugling
  • jedes Fieber unklarer Ätiologie unabhängig vom Alter
  • unklare Gedeihstörung beim Säugling
  • unklare Abdominalbeschwerden oder Flankenschmerzen (auch bei Verdacht auf Appendizitis)
  • Pollakisurie, Drangsymptomatik, Dranginkontinenz
  • Miktionsbeschwerden
  • übelriechender Urin
  • Makrohämaturie


[Quelle: Beetz R., et al.: Harnwegsinfektionen im Säuglings- und Kindesalter. Chemother J 15, 164 (2006).]

Australische Studie

Die PRIVENT-Studie (PRIVENT = Prevention of Recurrent Urinary Tract Infection in Children with Vesicoureteric Reflux and Normal Renal Tracts) wurde zwischen Dezember 1998 und März 2007 an vier australischen Zentren durchgeführt. Die 576 ausgewählten Kinder – davon 64% Mädchen – waren zu Beginn der Studie durchschnittlich 14 Monate alt. Rund drei Viertel der Kinder wurden nach der ersten Diagnose einer mikrobiologisch bestätigten Harnwegsinfektion für die Studie rekrutiert. Bei knapp der Hälfte aller Studienteilnehmer war ein vesikoureteraler Reflux nachgewiesen worden. Die Kinder der Verumgruppe erhielten ein Jahr lang täglich 2 mg Trimethoprim plus 10 mg Sulfamethoxazol pro kg Körpergewicht, die Kinder der Vergleichsgruppe ein Placebo. Der primäre Studienendpunkt war das Auftreten einer mikrobiologisch bestätigten symptomatischen Harnwegsinfektion. Während der einjährigen Studie war bei 36 (13%) von 288 Kindern in der Verumgruppe und bei 55 (19%) von 288 Kindern in der Vergleichsgruppe ein Harnwegsinfekt aufgetreten (Hazard ratio 0,61; 95% Konfidenzintervall 0,40 bis 0,93; p = 0,02). Unter der antibakteriellen Prophylaxe lag die absolute Risikoreduktion in allen Subgruppen (stratifiziert nach Alter, Geschlecht, VUR-Status, Anzahl der Harnwegsinfekte, Erregerempfindlichkeit) durchgehend bei 6% (p = 0,20 für alle Vergleiche). Die Studienautoren stufen daher die Antibiotikagabe als moderat wirksame Methode zur Prophylaxe von Harnwegsinfekten ein.

Quelle Craig J., et al.: Antibiotic prophylaxis and recurrent urinary tract infection in children. N Engl J Med (2009) 361; 1748 –1759. Hoberman A., et al.: Antimicrobial prophylaxis for urinary tract infection in children. N Engl J Med (2009) 361; 1804 –1806.

 


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

 

Vesikoureteraler Reflux


Bei einem vesikoureteralen Reflux (VUR) fließt der Urin aufgrund eines defekten Verschlussmechanismus aus der Harnblase in den oberen Harntrakt (Harnleiter und Nierenbecken). Durch das Zurückfließen des Harns werden die Nieren geschädigt, da die Druckerhöhung im Nierenbecken zu einer Refluxnephropathie führt. Harnwegsinfekte begünstigen das Fortschreiten der Refluxnephropathie. Die Erkrankung tritt relativ häufig auf (bei rund 1% aller ansonsten gesunden Kinder) und betrifft häufiger Mädchen als Jungen. Bei einem Harnwegsinfekt im Kindesalter ist zu 30 bis 40% ein VUR die Ursache.

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