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Erst nach NRW-Wahl geht die Arbeit richtig los

BERLIN (lk). Erst nach der Landtagswahl am 9. Mai in Nordrhein-Westfalen steigt die Regierungskommission zum Umbau der GKV-Finanzierung richtig in die Arbeit ein: Am 12. Mai trifft sie sich zur politischen Bestandsaufnahme auf höchster Ministerebene. Dann steht fest, ob die schwarz-gelbe Bundesregierung im mitentscheidenden Bundesrat weiterhin über eine eigene Mehrheit verfügt oder Rücksicht auf eine veränderte politische Landschaft im größten Bundesland nehmen muss.

Die nächste Sitzung der Regierungskommission in der kommenden Woche am 21. April wird intern daher als "reine Arbeitssitzung" qualifiziert. Die acht der Kommission angehörenden Bundesminister lassen sich durch Staatssekretäre vertreten. Nach derzeitigem Planungsstand sind auch keine Experten zu Anhörungen geladen. Mit welchen Themen sich die Staatssekretäre befassen wollen, ist unklar.

Noch im Mai will die Bundesregierung hingegen den Preisstopp für Arzneimittel und die als "Zwangsrabatt" bezeichnete Änderung der Großhandelsspannen gesetzgeberisch auf den Weg bringen. Angestrebt wird das Inkrafttreten beider Maßnahmen bereits zum 1. August 2010. Beide Vorhaben sollen im sogenannten "Omnibusverfahren" an das bereits in der parlamentarischen Beratung laufende GKV-Änderungsgesetz angehängt werden. Dazu müssen die Fraktionen von CDU/CSU und FDP bis zur Sitzung des Gesundheitsausschusses am 19. Mai entsprechende Anträge mit den inhaltlichen Details vorlegen. Insbesondere an der Konkretisierung des Zwangsrabattes wird derzeit noch "gefeilt".

Aus Sorge um eine drohende Niederlage bei der Landtagswahl in NRW am 9. Mai haben CDU und FDP in ungewöhnlicher Form versucht, die Diskussion um die Einführung einer Kopfpauschale zu beruhigen. In einem gemeinsamen Gastbeitrag in der "Welt am Sonntag" lehnten Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) und CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe den radikalen Umbau der GKV-Finanzierung auf ein Prämienmodell ab: "Eine Prämienzahlung pro Kopf wird es nicht geben." Wer anderes behaupte, wolle Neid und Angst schüren.

Zur beabsichtigten Gesundheitsreform schrieben Gröhe und Rösler, beide Koalitionsparteien strebten nur eine teilweise Umstellung des Systems an, nicht jedoch ein reines Prämiensystem. Ungewöhnlich am Schreiben ist, dass sich die beiden Politiker von CDU und FDP gemeinsam äußern und dabei die übliche "politische Kleiderordnung" durchbrechen. Gröhe ist lediglich Generalsekretär der CDU, Rösler (FDP) jedoch Bundesminister. In Berlin hieß es dazu, die Initiative dazu sei vom Kanzleramt ausgegangen. Man wolle "verhindern, dass höhere Gesundheitskosten automatisch zu steigenden Lohnzusatzkosten führen und damit Arbeitsplätze gefährden", schrieben Gröhe und Rösler, ohne allerdings konkreter auf die eigenen Pläne einzugehen. Die Gesundheitskosten sollen zumindest teilweise von den Arbeitskosten abgekoppelt werden. Dazu sollten die Arbeitgeberbeiträge begrenzt werden. Erst kürzlich hatte sich jedoch Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) dagegen ausgesprochen, die Arbeitgeberbeiträge einzufrieren.

Ein Teil des einkommensbezogenen Arbeitnehmerbeitrags solle durch eine Gesundheitsprämie mit sozialem Ausgleich ersetzt werden, hießt es in diesem Beitrag. Über Höhe der Prämie und Konstruktion des erforderlichen Sozialausgleichs schwiegen sich Gröhe und Rösler weiterhin aus. Damit lässt sich noch nicht beurteilen, ob die FDP von ihren ehrgeizigeren Reformzielen beim Umbau der GKV-Finanzierung jetzt abgerückt ist, oder ob reine Wahltaktik beim gemeinsamen Gastbeitrag die Feder geführt hat.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles warf der Koalition vor, "mit leicht durchschaubaren Tricks die Kopfpauschale durch die Hintertür einführen zu wollen". Die Menschen wollten aber "kein System, in dem die Krankenschwester so viel zahlt wie der Chefarzt, und in dem bis zu 40 Millionen Menschen nach dem Arztbesuch als Bittsteller aufs Amt gehen müssen". Den SPD-Aufruf in NRW "Nein zur Kopfpauschale" hätten schon 45.000 Menschen unterstützt.

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