Fachmedien kurz rezensiert

Was die Ärzte zulasten der GKV verordnen und was es kostet

Hrsg. von Ulrich Schwabe und Dieter Paffrath

ArzneiverordnungsReport 2009

Aktuelle Daten, Kosten, Trends und Kommentare. 1093 Seiten, 83 Abb., 226 Tab., Softcover, 47,95 Euro.

Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2009.
ISBN 978-3-642-01079-8

Die Zahl dürfte mittlerweile allgemein bekannt sein, da sie im Vorfeld der aktuellen Gesundheitsreform wiederholt zitiert wurde: Um 5,3 Prozent stiegen im Jahr 2008 die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für Arzneimittel, Hilfsmittel und andere Rezepte. Insgesamt erstattete die GKV in diesem Sektor 29,2 Milliarden Euro, nicht eingerechnet weitere 1,5 Milliarden Euro für Impfungen.

Die GKV lässt Jahr für Jahr die Kostenentwicklung in den einzelnen Bereichen des Gesundheitswesens analysieren und veröffentlicht die wichtigsten Ergebnisse zu den Kosten der Pharmakotherapie im Arzneiverordnungs-Report. Herausgegeben von dem Heidelberger Pharmakologen Ulrich Schwabe und dem Schleswig-Holsteinischen AOK-Vorstandsvorsitzenden Dieter Paffrath, erschien er Ende letzten Jahres zum 25. Mal.

Im Jahr 2008 gingen 608 Millionen Arzneiverordnungen von über 730.000 Ärzten in die GKV-Statistik ein. Die Anzahl der Verordnungen hat seit 2004, als sie einen Tiefpunkt erreichte, weil zahlreiche Arzneimittel infolge des GMG den Status der Erstattungsfähigkeit verloren hatten, maßvoll um weniger als sieben Prozent zugenommen, während die dadurch verursachten Kosten seither um etwa 23 Prozent gestiegen sind.

Der größte Teil des Kostenanstiegs der Verordnungen ist auf die Strukturkomponente zurückzuführen, die den Wechsel von älteren zu neuen, patentgeschützten und deshalb teureren Arzneistoffen sowie den Wechsel zu teureren Darreichungsformen desselben Arzneistoffs beinhaltet. Die folgenden Indikationsgruppen sind besonders innovativ und weisen einen Kostenanstieg von über zehn Prozent auf: Immuntherapeutika, Tumortherapeutika, Antiparkinsonmittel, Antiepileptika.

Die umsatzstärkste Arzneimittelgruppe sind die Angiotensinhemmstoffe (ACE-Hemmer und AT-Rezeptorantagonisten) mit 1,9 Mrd. Euro, zugleich sind sie mit 6,2 Mrd. verordneten Tagesdosen mit großem Abstand die am häufigsten angewandten Mittel. Die Statistik der umsatzstärksten Präparate führen die peptidischen Antirheumatika Humira® (Adalimumab) und Enbrel® (Etanercept) mit 334 bzw. 304 Mio. Euro an.

Die Generika haben derzeit bei der Anzahl der Arzneiverordnungen einen Anteil von 85,1 Prozent und verursachen 76,3 Prozent der Arzneimittelkosten. Ulrich Schwabe kritisiert, dass die Preise für Generika im europäischen Vergleich sehr hoch sind, wofür er die hohen Herstellerabgabepreise, den vollen Mehrwertsteuersatz und den "Apothekenfestzuschlag" von 8,10 Euro pro Packung verantwortlich macht. Ihm zufolge könnten die Ausgaben der GKV für Generika jährlich um 3,4 Mrd. Euro gesenkt werden, "wenn bei uns englische Generikapreise gelten würden".

Der Kölner Pharmakologe Uwe Fricke hat eine kritische Bewertung der 29 Arzneimittel, die 2008 neu in den deutschen Markt kamen, vorgenommen. Nur zwölf Arzneistoffe besitzen einen neuen Wirkmechanismus, und von diesen sind fünf Arzneistoffe den in der jeweiligen Indikation bereits etablierten Präparaten nicht überlegen; ein Beispiel dafür ist das bei Schlafstörungen indizierte Melatonin. Zehn neue Arzneistoffe hat Fricke als "Analogpräparate" mit geringem oder fehlendem Zusatznutzen gegenüber etablierten Präparaten derselben Arzneistoffgruppe eingeordnet.

In der ökonomischen Analyse des Autorenteams Coca, Nink und Schröder findet sich eine erfreuliche Nachricht: Im Vergleich zum allgemeinen Preisniveau (Verbraucherpreise) haben die Arzneimittelpreise ihren niedrigsten Wert seit 1983 erreicht.

Die allgemeine Analyse des deutschen GKV-Arzneimittelmarktes macht etwa 200 Seiten des Buches aus. Auf knapp 700 Seiten folgen die Analysen zu den 40 Indikationsgruppen. Darin referieren 22 Autoren nicht nur die Zahlen von Verordnungen und Kosten, sondern sie stellen sie auch in einen größeren Zusammenhang und bewerten die Entwicklung.

Untersuchungen zu den Arzneiverordnungen nach Arztgruppen sowie nach Alter und Geschlecht, sieben umfangreiche Statistiken und ein Sachverzeichnis runden das Werk ab.

Man mag manches am Arzneiverordnungs-Report kritisieren – mit seiner Datenfülle und seinen kompakten Analysen ist er derzeit das wichtigste Nachschlagewerk zum deutschen Arzneimittelmarkt.

Dr. Wolfgang Caesar

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