DAZ aktuell

Bundesversicherungsamt: Keine Pleitewelle bei Kassen

BERLIN (lk). Trotz der explosionsartig gestiegenen Zahl von abwandernden Versicherten stehen vom Mitgliederschwund betroffene gesetzliche Krankenkassen nicht vor der Insolvenz. Das Bundesversicherungsamt hat entsprechende Spekulationen zurückgewiesen. Zwar sei es seit der jüngsten Gesundheitsreform rein formal möglich, dass auch Krankenkassen Insolvenz anmelden müssten. "Doch das wäre das allerletzte Mittel", sagte eine Sprecherin des Bundesversicherungsamts. "Bevor das passiert, würden die Kassen gezwungen, mit anderen Anbietern zu fusionieren."

Versicherte müssten sich in diesem Fall überhaupt keine Sorgen machen. "In Deutschland gibt es eine Versicherungspflicht. Zur Not müssten andere Kassen einspringen", erklärte ergänzend Rotraud Mahlo, Rechtsberaterin bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Verbraucher, die dann mit ihrer neuen Kasse nicht zufrieden seien, könnten spätestens nach 18 Monaten die Mitgliedschaft kündigen. Ein Sonderkündigungsrecht gibt es bei Kassenfusionen nicht. Doch die Zeit, die der Kunde bereits in der alten Kasse verbracht hat, wird angerechnet, sodass ein Wechsel – falls gewünscht – schnell möglich ist.

Seit der Erhebung von Zusatzbeiträgen durch inzwischen elf gesetzliche Krankenversicherer ist ein regelrechter Wechselboom eingetreten. Über 400.000 Mitglieder kehrten ihrer bisherigen Kasse den Rücken. Genaue Gesamtzahlen liegen nicht vor. Hinweise auf die Dimensionen liefern aber Krankenkassen, die besonders von der Entwicklung profitieren. So geht der AOK-Bundesverband von mehr als 150.000 Zugängen für die Ortskrankenkassen aus. Die Barmer-GEK verzeichnete im 1. Quartal 113.000 Aufnahmeanträge, die Techniker Krankenkasse (TK) freut sich über 151.000 zusätzliche Beitragszahler.

Nach Ansicht des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach wird sich der Trend noch beschleunigen. "Die Kassen, die heute noch den Pauschal-Zusatzbeitrag von acht Euro erheben, werden auch wegen des Mitgliederverlusts damit nicht auskommen. Sie werden dann auch ein Prozent des beitragspflichtigen Einkommens verlangen, also bis zu 37,50 Euro monatlich. Das wird Gutverdiener erst recht zum Wechsel veranlassen", prognostiziert der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. "Es ist nicht dramatisch, wenn Kassen mit schlechtem Management vom Markt verschwinden, aber unerträglich ist es, wenn sie insolvent gehen, weil sie die gesunden Gutverdiener verlieren."

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.