Feuilleton

Otto Dornblüth – der Begründer des Pschyrembel

Den meisten Apothekern kein unbekannter ist "der Pschyrembel", gegenwärtig lieferbar in der 262. Auflage des Jahres 2010. Allerdings war der Berliner Universitätsprofessor Willibald Pschyrembel (1901 – 1987) nicht der Begründer, sondern lediglich der langjährige Bearbeiter (von 1931 bis 1982) des unentbehrlichen "Klinischen Wörterbuchs" schlechthin.
Klinisches Wörterbuch Noch in der 31. bis 34. Auflage aus dem Jahre 1939 stand der Name Dornblüth neben Pschyrembel auf dem Umschlag.
Bildnachweis: Foto AAH

Im Jahre 1894 brachte Otto Dornblüth ein gerade mal 148 Seiten zählendes Buch mit dem Titel "Wörterbuch der Klinischen Kunstausdrücke" heraus. Sein Ziel war es, "die gebräuchlichsten Fremdwörter mit kurzer Angabe der Ableitungen und der Bedeutung, die wichtigsten Kunstausdrücke und aus den modernen Sprachen eine Anzahl von Wörtern zusammen [zustellen], die in ihrer medizinischen Bedeutung in den allgemeinen Wörterbüchern nicht vertreten sind".

Im Jahre 1901 war eine zweite vermehrte Auflage notwendig geworden, und kurz bevor er am 29. Dezember 1922 in Wiesbaden starb, konnte Dornblüth die 11. vermehrte Auflage mit 458 Seiten Umfang vollenden.

Dornblüth war am 19. März 1860 in Rostock zur Welt gekommen und hatte die Vornamen Otto Wilhelm Albert Julius erhalten. Er war der Abkömmling einer angesehenen mecklenburgischen Ärztefamilie. Bereits sein Großvater Albert Ludwig Dornblüth, geboren in Ludwigslust am 14. April 1784, war Hofrat und Kreisphysikus in Plau und daneben noch als medizinischer Schriftsteller tätig gewesen. Er erlebte allerdings nicht mehr die Geburt seines Enkels, weil er am 13. März 1857 in Plau starb. Dort erblickte am 31. Juli 1825 sein Sohn Friedrich Carl Johann Dornblüth das Licht der Welt. Dieser nahm als junger Student am badischen Aufstand 1848 teil, wurde 1849 in Rostock promoviert und ließ sich dort als Arzt nieder. Er setzte sich vor allem für die öffentliche wie private Gesundheitspflege und Hygiene ein, die er in gemeinverständlicher Form durch seine Schriften (u. a. "Gesundheitslehre für Schule und Haus" und "Die chronische Tabakvergiftung") in weiten Kreisen bekannt machte. Am 29. März 1853 wurde er – wie auch andere Rostocker Demokraten – verhaftet und in Bützow eingesperrt. Der Prozess wegen "Hochverrats" folgte erst 1856; Dornblüth wurde zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. 1857 aus der Haft entlassen, nahm er seine ärztliche Praxis in Rostock wieder auf. Drei Jahre später brachte seine Frau Sophie geb. Wetzel den lang ersehnten Sohn Otto zur Welt.

Medizinischer Lebenslauf

Am 4. März 1879 erhielt Otto Dornblüth das Abschlusszeugnis des Gymnasiums der Großen Stadtschule, und im folgenden Sommersemester begann er das Medizinstudium an der Universität Rostock. Nach Studienaufenthalten in München und Tübingen kehrte er nach Rostock zurück und bestand dort am 19. Januar 1884 die ärztliche Prüfung mit "sehr gut".
Es folgte am 3. Juni 1884 die Promotion zum Doktor der Medizin mit einer Dissertation "Zur Praxis und Theorie der Arzneibehandlung des Diabetes mellitus".

Daraufhin wurde Dornblüth Assistenzarzt an der medizinischen Klinik der Universität Rostock. Nach einem kurzen Zwischenspiel in München übernahm er 1886 eine Stelle als Irrenarzt im psychiatrischen Provinzialdienst von Schlesien. 1892 wurde er Direktor der Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Freiburg in Schlesien (heute Swiebodzice). Als solcher veröffentlichte er 1894 nicht nur die erste Auflage des "Klinischen Wörterbuchs", sondern auch ein "Kompendium der Psychiatrie für Studierende und Ärzte", in dem er besonders auf die erblichen und körperlichen Ursachen "geistiger Erkrankungen" hinwies. 1895 eröffnete er in Rostock eine "Privatklinik für Nervenkranke", die er 1900 nach Frankfurt am Main verlegte. Zwei Jahre später besuchte ihn dort sein Vater und starb am 15. November.

Im Jahre 1908 verlegte Otto Dornblüth seinen Wohnsitz von Frankfurt nach Wiesbaden, um dort eine "Kuranstalt für Innere Medizin, Nervenkranke und Erholungsbedürftige" zu eröffnen. Das von ihm geleitete Sanatorium erwies sich bald mit seinen Räumlichkeiten als zu klein, weshalb ein Neubau erforderlich wurde. Kurz vor dem Ausbruch des 1. Weltkriegs konnte Dornblüth ein völlig neues, großes Gebäude im neoklassizistischen Stil eröffnen, welches den höchsten Ansprüchen von Komfort in der damaligen Zeit entsprach. Es gab Warm- und Kaltwasserleitungen, elektrisches Licht, eine Zentralheizung, Bäder, Personen- und Speisenaufzüge, Klingelanlagen, zahlreiche Balkons und Anlagen, die das Sonnenbaden ermöglichten. Nach dem 1. Weltkrieg geriet dieses große Luxussanatorium in eine finanzielle Notlage, und kurze Zeit nach dem Tod von Otto Dornblüth wurde es geschlossen.

Publizistisches Werk

Der Nachwelt erhalten blieben Dornblüths zahlreiche Publikationen, die sich durch eine allgemeinverständliche Darstellung auszeichnen. So veröffentlichte Dornblüth neben den elf Auflagen des "Klinischen Wörterbuchs" unter anderem "Ärztliche Belehrungen für Nervenkranke und Nervenschwache" mit dem Titel "Gesunde Nerven" (1896), ein "Kochbuch für Kranke" (1897), ein "Gesundheits-Brevier" für die Volkswohlfahrt (1908), Bücher über "Psychoneureosen" (1911) und die "Schlaflosigkeit und ihre Behandlung" (1912) sowie das mehrfach aufgelegte Werk "Wollen und Können. Der Weg zum Erfolg. Populäre Gesundheitspflege des Geistes und der Nerven" (1911).


Andreas Hentschel

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