Prisma

Genkatalog der Darmbakterien

Bei Erkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa könnte ein Ungleichgewicht zwischen Darmbakterien und dem Immunsystem an der Pathogenese beteiligt sein. Ein internationales Forscherteam hat nun die wohl größte genetische "Volkszählung" im Darm gestartet und das Erbgut von mehr als 1100 verschiedenen Spezies katalogisiert.

Die Zahlen zu dieser umfangreichen Studie klingen gigantisch: aus Stuhlproben von 124 Probanden konnten Wissenschaftler in Peking etwa 3,3 Millionen verschiedene Gene analysieren. Das sind 150 Mal mehr als in menschlichen Zellen enthalten sind. Über 99 Prozent des registrierten Erbguts stammt von Darmbakterien. Die Forscher schätzen, dass davon zwischen 1000 und 1150 verschiedene Spezies existieren und jeder Mensch rund 160 unterschiedliche Vertretergruppen in seinem Darm beherbergt. Zahlenmäßig seien die etwa 100 Trillionen Keime den Zellen des gesamten menschlichen Organismus im Verhältnis eins zu zehn überlegen. Um sie in Schach zu halten, ist mehr als die Hälfte aller Abwehrzellen des Immunsystems in diesem Bereich aktiv.

Die Wissenschaftler vermuten bei verschiedenen Erkrankungen des Darms ein Ungleichgewicht zwischen Keimen und Immunabwehr. Zudem könnte auch an der Entstehung von Adipositas eine nicht ausbalancierte Zusammensetzung der Darmflora beteiligt sein, da einige Bakterien Nahrungsbestandteile für die Aufnahme ins Blut aufbereiten. Bislang sind die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen. Die Forscher erhoffen sich mit den endgültigen Resultaten weitere interessante Erkenntnisse, beispielsweise zu entzündlichen Darmerkrankungen oder Fettleibigkeit. war

Quelle: Qin, J. et al.: Nature: Online-Vorabpublikation, DOI: 10.1038/nature08821

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.