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"Rabattverträge – weniger Aufwand als früher?"

Der Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek) würde den Kassenabschlag gern per Gesetz auf 2,30 Euro festlegen lassen. Denn der Beratungsaufwand durch die Rabattverträge sei rückläufig und die Akzeptanz bei den Patienten groß, so vdek-Chef Thomas Ballast auf der Pressekonferenz zur Gesundheitspolitik am 24. Februar in Berlin [1, 2]. ADEXA hat unter den aktiven Mitgliedern eine Umfrage durchgeführt, die zu einer ganz anderen Bewertung kommt.

Der Aufwand ist nach wie vor sehr hoch, so die einhellige Meinung – dafür sorgen unter anderem laufende Änderungen und neue Verträge. Die Ärzte, so eine Approbierte aus Baden-Württemberg, würden von den Kassen bedrängt, keine Aut-idem-Kreuze zu setzen, und von den einzelnen Pharmafirmen, dies doch zu tun. "Die Folge: mal Kreuze, mal keine – und wir in der Apotheke müssen es erklären bzw. mit der Praxis telefonieren."

Bei Lieferschwierigkeiten reicht das Spektrum von "täglich" bis "zweimal wöchentlich". Vor Weihnachten gab es eine besondere Häufung.

Viele Rückfragen bei Ärzten

Rückfragen bei Ärzten erfolgen in manchen Apotheken im Schnitt zweimal wöchentlich, in anderen ist mehrmals täglich ein Anruf bei Arztpraxen nötig. Die Telefonate sind aber "leider zu selten erfolgreich, da die meisten Ärzte von ihrem Recht auf das Aut-idem-Kreuz keinen Gebrauch machen, weil sie irrtümlicherweise dadurch Komplikationen befürchten", so eine Approbierte aus Dortmund. Meistens werde gleich am Empfang versucht, den Anrufer "abzuwimmeln", oder gesagt, dass grundsätzlich kein Kreuz gemacht werde.

Rückfragen von Apothekenpersonal bei den Kassen sind selten. Allerdings würde etwa jeder zehnte Patient wegen der Austauschmedikation mit seiner Kasse telefonieren, so eine PTA aus Hessen.

Complianceprobleme

Der Beratungsaufwand ist deutlich erhöht, gerade bei älteren, multimorbiden Patienten. Nicht selten wechseln Ärzte das verschriebene Präparat, ohne dem Patienten etwas zu sagen. Die Aufklärung findet dann in der Apotheke statt.

Probleme mit der Compliance werden im Kundengespräch nach wie vor mehrmals täglich deutlich. "Patienten trauen den anderen Arzneimitteln nicht und nehmen sie oft nicht aus Angst vor Nebenwirkungen. Oder sie nehmen von der alten Schachtel und von der neuen, weil sie nicht mehr wissen, dass es das Gleiche ist. Teilweise sind die Namen auch sehr verschieden, da es inzwischen auch Rabattverträge mit Originalherstellern gibt."

Fazit einer Approbierten: "Die Belieferung eines Rezeptes dauert seit den Rabattverträgen deutlich länger. Die Diskussion über Firmen und Kreuze ist oft für die Patienten so lästig, dass sie für die Anwendungshinweise oder Dosierungen gar kein offenes Ohr mehr haben. Sie wollen dann nur noch weg."

In der Ausübung des Heilberufs eingeschränkt

Ein anderes Mitglied zieht folgendes Resümee: "Als Apothekerin fühle ich mich in der Ausübung meines Heilberufs eingeschränkt und diskriminiert."

"Man verbringt zu viel Zeit mit dem Computer, zu wenig mit dem Patienten", schreibt eine bayerische Approbierte.

"Der Personalbedarf muss endlich dem Mehraufwand angepasst werden. Mit einer Absenkung des Kassenabschlags wäre das möglich – zum Wohle der Patienten", heißt es aus der Landesgruppe Bremen.

Risiken durch Austausch

Entgegen der vdek-Meinung gibt es in den Apotheken also noch keine Entwarnung, was die Rabattverträge angeht. Sowohl die Patienten als auch die Apothekenangestellten sind nach wie vor genervt. Und für den Erfolg der Arzneimitteltherapie bedeutet der Austausch häufig ein Risiko. Das hat auch eine Studie des Marktforschungsunternehmens IMS Health im Auftrag des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) ergeben [3, 4].

 

Quellen 

[1] Lothar Klein: vdek warnt vor Zuspitzung der Finanznot. DAZ.online, 24.2.2010. www.deutsche-apotheker-zeitung.de.

[2] vdek fordert stabilen Apothekenabschlag von 2,30 Euro. Apotheker Zeitung Nr. 9 vom 1.3.2010, S. 2.

[3] BAH zu Rabattverträgen: Weitere Compliance-Probleme festgestellt. DAZ Nr. 9 vom 4.3.2010, S. 22

[4] Thomas Kron: Rabattverträge: Geld oder Leben? DocCheckNews, 4.3.2010. www.doccheck.com/de. 

 


Dr. Sigrid Joachimsthaler

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