DAZ aktuell

Notizen aus Haiti

(aog/ral). Apothekerin Petra Lange aus Essen war vom 7. bis zum 25. Februar 2010 im Einsatz in Haiti. Pharmazeutische Fachkompetenz ist rar – neben der Arbeit für das Team von LandsAid unterstützte die 27-Jährige nach Kräften andere Teams. Sie schreibt aus Port au Prince:
Ordnung schaffen Apothekerin Lange hat alle Hände voll zu tun, um die teilweise chaotischen Arzneimittelbestände zu sortieren.
Fotos: Apotheker ohne Grenzen

"Gestern bin ich mit meinem Team von LandsAid wieder nach Cite Soleil gefahren. Unsere mobile Klinik ist dort in einer Schule untergebracht. Kurz vor unserer Ankunft merkten wir schon, dass irgendetwas im Busch war. Auf der Straße vor unserer mobilen Klinik ist es immer wie ein kleiner Markt. Die Leute verkaufen da gerade das, was sie haben. Aber alle waren nervös und haben ihre Sachen zusammengepackt. Nach einer Minute wussten wir auch warum. Ein Soldat hat die Leute von der Straße vertrieben. Dabei hat er sogar Tomaten und die anderen Stände platt getreten. Da hat man mal wieder gemerkt, wie schnell hier die Stimmung kippen kann. In der Klinik war aber alles normal. Sabine, Gynäkologin von LandsAid und Dr. Onik, ein haitianischer Arzt, der das Team von Anfang an begleitet hat, haben die Patienten behandelt, Robert, unser Paramedic, hat die Wunden versorgt und ich habe die Apotheke übernommen. Wir waren ein eingespieltes Team und alles lief Hand in Hand.

Ein ganz anderes Bild hat sich mir heute geboten. Das slowakische Team hat mich um Hilfe gebeten. Sie haben festgestellt, dass zum Beispiel anstatt Antibiotika Blutdrucksenker abgegeben wurden. Ihre mobile Klinik ist an die Universität mit angegliedert und wird vor Ort von einheimischen Studenten unterstützt. Dabei wird die ‚Pharmacy‘ normalerweise von den Studenten und ihrer Professorin geleitet. Als ich an der Universität ankam, bot sich mir ein recht chaotisches Bild. Es hat heute Nacht geregnet und sie hatten das Zelt, in dem sich die Medikamente befinden, nicht richtig zugemacht, so dass alles unter Wasser stand. Daher wurden zunächst einmal die Medikamente in der Sonne getrocknet. Die Medikamente, die leider nicht mehr zu gebrauchen waren, habe ich entsorgt. Auch habe ich ganz viele unbeschriftete Tüten gefunden, oder Medikamentendosen, in denen sich drei unterschiedliche Tabletten befanden. Ich habe den Tag damit verbracht, die Medikamente nach ihren Indikationen zu ordnen und versucht, die geschaffene Ordnung so gut es geht den Helfern einzuprägen. Die Slowaken, ein Team aus Ärzten und Schwestern haben während ihres ‚Behandlungsbetriebes‘ mehrfach versucht, ein wenig Licht ins Chaos zu bringen, es war ihnen aber bisher leider nicht gelungen. Für Pharmazeuten gibt es hier echt genug zu tun. Eigentlich bräuchte jedes Team einen. Da ich aber vier Teams mit Arzneimitteln versorge und ein Team hauptsächlich begleite, kann ich bei den anderen Teams immer nur ab und zu nach dem Rechten schauen und versuchen einzugreifen, wenn sie mich um Hilfe bitten.

 

Belohnung für die harte Arbeit gibt ein Blick aus dunklen kleinen Augen.
Damit es rutscht Petra Lange bei der Versorgung mit Arzneimitteln und Wasser.

Dadurch, dass es hier vor Ort viele Volunteers gibt, hauptsächlich Amerikaner und Italiener, die kein Französisch oder Kreol sprechen, ist es wichtig, dass jemand weiß, welche Arzneimittel vor Ort sind, da es mit der Verständigung nicht immer so einfach ist. Auch stellen die Ärzte gerne Rezepte mit Handelsnamen aus, womit die Angestellten der Apotheke verständlicherweise nichts anfangen können. Sie brauchen die Wirkstoffnamen. Gerade bei einem Notfall ist dies besonders wichtig. Vorgestern wurde zum Beispiel aufgrund einer Überdosierung dringend ein Antidot benötigt. Ich war zum Glück gerade da und habe die Arzneimittel für die Teams für den nächsten Tag zusammengestellt, als ein amerikanischer Arzt kam. Er brauchte das Gegengift. Er hatte die Mitarbeiterin allerdings nur nach dem amerikanischen Handelsnamen gefragt. Ich habe dann den Arzt, der kein Französisch spricht, nach dem Wirkstoff gefragt und konnte das Antidot schnell besorgen. Alles in allem gibt es hier also genug zu tun. Ich freue mich, dass es eine Nachfolgerin für mich gibt, die meine Arbeit vorführt, denn es wird mir hier immer wieder vor Augen geführt, wie wichtig doch ein Pharmazeut ist."

Am 20. Februar 2010 startet Sabine Kerkau-Haberlandt in Zürich ihre Reise nach Haiti. Sie löst nach einer Übergabephase Petra Lange ab, die wiederum Mitte März von Dietlinde Kerber aus Frankfurt a. M. abgelöst wird.

Spendenkonto


Apotheker ohne Grenzen Deutschland e.V.

Konto 0 005 077 591

Dt. Apotheker- und Ärztebank

BLZ 300 606 01

Das könnte Sie auch interessieren

Einsatz von Apotheker ohne Grenzen

Die Lage in Haiti ist weiterhin katastrophal

Was es bedeutet, Filialleiter zu sein

Eine neue Zunft

Teil 5: Der Filialleiter als Coach

Filiale im Fokus

Naturheilkunde, ARMIN, Seminare, Teambildung – warum Sebastian Michael gerne Apotheker ist

Pharmazeutische Chancen

Existenzgründung mit Gendiagnostik

Apotheker Seibt weiß, was kommt

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.