Gesundheitspolitik

PKV in der Kritik

Steigende Beiträge und neue Studie sorgen für Ärger

Berlin (lk). Deutlich steigende Beiträge bei den privaten Krankenkassen und eine neue Studie über die Vor- und Nachteile der PKV sorgen für immer mehr Ärger und Zweifel bei den Versicherten. Einer neuen, noch unveröffentlichten Studie des Berliner IGES- Instituts zufolge ist zweifelhaft, dass die PKV einen besseren Schutz gegen Beitragssteigerungen bietet als die gesetzliche Krankenversicherung. Zwischen 1997 und 2008 seien die Ausgaben je Privatversichertem um 49 Prozent gestiegen, heißt es in der Studie. Bei den gesetzlich Versicherten lag das Plus bei 31 Prozent.

Mangelnder Wettbewerb und deutlich stärker als bei den gesetzlichen Kassen steigende Ausgaben lassen offenbar bezweifeln, "dass die PKV ihren Ansprüchen gerecht werden kann, einen besseren Schutz gegen Beitragssteigerungen zu bieten", heißt es in der Studie. Besonders älteren Privatversicherten drohten trotz der Alterungsrückstellungen "sprunghafte" Beitragserhöhungen. Die Folge: Ihr verfügbares Alterseinkommen könnte zu einem erheblichen Teil aufgezehrt werden. Die IGES-Studie wurde vor der Bundestagswahl im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erstellt, aber vom neuen FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle noch nicht zur Veröffentlichung freigegeben.

Aus Sorge über steigende PKV-Tarife haben unterdessen Privatversicherte den Petitionsausschuss des Bundestages eingeschaltet. "Die Bundesregierung möge öffentlich und ausführlich zu der zukünftigen Beitragsentwicklung der PKV Stellung nehmen und darlegen, mit welchen Maßnahmen sie die zu erwartenden Beitragserhöhungen eindämmen möchte", heißt es in einer aktuellen Petition, die bereits 81 Privatversicherte unterzeichnet haben. Auch gegenüber den privaten Kassen machen immer mehr Versicherte ihrem Ärger Luft. "Vergangenes Jahr ist die Zahl der Beschwerden um zehn Prozent auf über 5000 gestiegen", sagte der Ombudsmann der privaten Kranken- und Pflegeversicherung, Helmut Müller, der "Süddeutschen Zeitung". Viele Versicherte beklagten sich über Prämienerhöhungen – in einzelnen Tarifen lag das Plus bei 20 bis 30 Prozent.

Der Antragsteller der Petition berichtet von einer persönlichen Beitragssteigerung von 130,13 Euro monatlich im Jahr 1995 auf 495,37 Euro in diesem Jahr (jeweils ohne Pflegeversicherung) und fordert von der Bundesregierung Aufklärung: Sie habe die Pflicht, "den Bürgern klar zu sagen, wie sich die PKV zukünftig entwickeln soll – um den Bürgern eine klare Entscheidungshilfe für ihr zukünftiges Handeln zu geben."

Der PKV-Verband wollte sich zur IGES-Studie im Detail nicht äußern. "Wir sagen nichts zu unveröffentlichten Studien", erklärte Sprecher Jens Wegner. Viele der erhobenen Vorwürfe seien bekannt und würden durch Wiederholung nicht wahrer. Die Gefahr sprunghafter Tarifsteigerung für ältere PKV-Versicherte weist er zurück: "Mit 134 Milliarden Euro Altersrückstellungen tut die PKV auf jeden Fall mehr, um die steigenden Gesundheitskosten in einer alternden Gesellschaft aufzufangen als die gesetzlichen Kassen mit ihrer Umlagefinanzierung", so Wegner.

Noch intensiver als die gesetzlichen Kassen leidet die PKV seit Jahren unter starkem Kostendruck. Seit 1995 wuchsen die Kosten für die privatärztliche Behandlung in Praxen um 90 Prozent, mehr als doppelt so stark wie in der GKV. Die Ausgaben für Arzneien stiegen seit 1995 um 127 Prozent – bei der GKV um 60 Prozent.

Daher tritt auch die PKV jetzt auf die Kostenbremse: Ärzte erhalten ab dem 1. April 2010 weniger Geld für Privatversicherte im Basistarif. Darauf haben sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der PKV-Verband geeinigt. Demnach dürfen Ärzte für Leistungen künftig nur noch den 0,9- bis 1,2-fachen Satz der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), statt dem üblichen 2,3-fachen Satz abrechnen.

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