Gesundheitspolitik

Apotheken bluten auch für Sparpaket des Großhandels

Anzag-Chef Trümper kündigt Weitergabe der Belastungen an Apotheken an

FRANKFURT (diz). Deutliche Worte von Dr. Thomas Trümper, Chef des Pharmagroßhändlers Anzag: Der pharmazeutische Großhandel erwirtschaftet keine ausreichenden Erträge, um die im Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) geplanten Einsparungen von rund 200 Millionen Euro stemmen zu können. Es sei "unausweichlich", so Trümper auf der Anzag-Bilanzpressekonferenz am 1. Dezember in Frankfurt, "dass wir die Belastungen an die Apotheken durchreichen müssen".

Der Anzag-Vorstand zeigt sich gut gerüstet für die Zukunft (v.l.). Dr. Thomas Trümper, Vorstandsvorsitzender; Michael Mock, Vorstand Personal und Logistik; Dr. Ralf Lieb, Vorstand Finanzen; Wolfgang Traut, Vorstand Marketing, Vertrieb und Vivesco.
Foto: Anzag

Intention des Gesetzgebers sei es gewesen, den Rabatt bei den Apotheken abzuschöpfen, indem er die Spielräume bei den Großhandelskonditionen stark einschränkt. Der Großhandel erwirtschafte aber keine ausreichenden Erträge, um die im AMNOG geplanten Einsparungen in Höhe von 200 Mio. Euro stemmen zu können, führte Trümper aus. Die Belastungen müssten daher an die Apotheken durchgereicht werden, dies sei "unausweichlich".

Wie Trümper auf Nachfrage ausführte, werde man mit den Apotheken in den nächsten Tagen über die Konditionen und über Skonti reden müssen. Eine pauschale Rabattkürzung werde und könne es allerdings nicht geben, die Konditionen würden mit jeder Apotheke einzeln besprochen werden. "Jede Apotheke ist anders zu betrachten", so Trümper. In die Besprechungen mit den Apotheken dürften dabei auch die Lieferfrequenz, Lieferpauschalen und Serviceleistungen des Großhändlers mit einfließen. "Wir von der Anzag halten diese Entwicklung für bedauerlich, denn eines sollten wir trotz des wachsenden Kostendrucks nicht vergessen: Wir, der pharmazeutische Großhandel und die Apotheken, sitzen alle in einem Boot", so Trümper.

Anzag zieht Bilanz

Das Geschäftsjahr 2010 verlief für die Andreae-Noris Zahn AG erfolgreich. Der Konzern konnte seinen Umsatz um 7% auf 4,2 Mrd. Euro steigern. Das Großhandelsgeschäft der Anzag in Deutschland, das mehr als 90% des Konzernumsatzes ausmacht, lag laut Geschäftsbericht mit 3,8 Mrd. Euro um 5,4% über dem Vorjahr.

Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) konnte von 35 Mio. Euro auf 54,4 Mio. Euro erhöht werden. Zurückgeführt werden kann dieses Ergebnis auf die positive Entwick-lung im Auslandsgeschäft der Anzag neben dem Wachstum des deutschen Großhandelsmarkts. So zeigte sich Trümper überzeugt, dass sich die Internationalisierungsstrategie der Anzag als richtig erwiesen habe.

Die handelsrechtliche Gewinn- und Verlustrechnung im Einzelabschluss der Anzag AG weist einen Jahresüberschuss von 20,7 Mio. Euro aus. 10,4 Mio. Euro davon wurden in die Gewinnrücklagen eingestellt.

Wie der Geschäftsbericht weiter ausweist, gewann die Anzag-Aktie im Herbst 2009 an Wert. Bei einem Schlusskurs von 26,05 Euro am Ende des Geschäftsjahres am 31. August 2010 verbuchte die Aktie auf Jahresaussicht einen Anstieg um 15,8%.

Trümper betonte, dass das Ergebnis des Geschäftsjahres 2010 nicht auf Folgejahre übertragen werden könne. Fürs kommende Jahr rechne man nur mit einem moderaten Wachstum, Ziel sei ein Umsatzwachstum von 3%.

Die Anzag-Tochter Vivesco, die laut eigener Angabe mit rund 1100 angeschlossenen Apotheken zu den größten Apothekenkooperationen in Deutschland gehöre, habe ihr Ergebnis gegenüber dem Vorjahr weiter verbessern können. Ziel von Vivesco sei es auch weiterhin, so der Anzag-Vorstandsvorsitzende, "den Erfolg der selbstständigen Apotheke langfristig sicherzustellen. Die Markenkampagne der Kooperation solle weiter ausgebaut werden. Über eine Kommunikationsoffensive und eine höhere Medienpräsenz wolle man die Bekanntheit der Marke in der Bevölkerung weiter steigern.

Alliance Boots: "Auf jeden Fall positiv"

Den Eigentümerwechsel bei der Anzag, der Übergang der Mehrheitsanteile an Anzag auf den britischen Großhandelskonzern Alliance Boots, sieht der Anzag-Chef "auf jeden Fall positiv". Die Eckpunkte der Anzag-Unternehmenspolitik blieben bestehen, die Eigenständigkeit des deutschen Großhandelsunternehmens solle laut Ansage von Alliance Boots so weit wie möglich erhalten bleiben. Trümper wörtlich: "Durch das allseits anerkannte Know-how und die innovativen Services der Alliance Boots eröffnen sich neue Perspektiven für die Anzag, unsere Apothekenkooperationen Vivesco und damit letztendlich für unsere Kunden." Um welche innovativen Services es sich dabei genau handeln wird, wollte Trümper zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht konkretisieren. Denkbar seien aber beispielsweise auch Dienstleistungen des Apothekers, die von den Krankenkassen honoriert würden.

Mit Alliance Boots habe man bisher nur gute Erfahrungen gemacht, so Trümper weiter. Man sei überzeugt, dass der britische Konzern die Anzag-Strategie, die Zusammenarbeit mit der inhabergeführten, selbstständigen Apotheke, auch in Zukunft unterstützen werde. Statt Alliance Boots als Kettenbetreiber anzuprangern, sollte man sehen, dass dieses Unternehmen überwiegend selbstständige Apotheken beliefere und in vielen Ländern Apothekenkooperationen unterstütze. Kundenabwanderungen aufgrund des Eigentümerwechsels habe es bei der Anzag so gut wie nicht gegeben.

Netzausbau

Für die Zukunft sieht Trümper sein Unternehmen gut gerüstet. In Deutschland verfüge die Anzag mit 24 Niederlassungen über das dichteste Vertriebsnetz aller pharmazeutischen Großhändler. Man werde in Zukunft weiter in den Ausbau der Niederlassungen investieren. Eine weitere Verdichtung des Netzes sei angestrebt. Auch im Ausland sei die Anzag mit ihren Beteiligungen in Kroatien, Rumänien und Litauen gut aufgestellt.

Ob der Name Anzag in Zukunft erhalten bleibt, vermochte Trümper nicht zu sagen: "Die Philosophie des Unternehmens ist wichtig, der Name sekundär." Im nächsten Jahr wird das Unternehmen sein 170-jähriges Firmenjubiläum feiern.

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