Gesundheitspolitik

vfa beklagt zu engen Nutzenbegriff

Berlin (ks). Zum neuen Jahr wird sich für neue Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen vieles ändern. Sie müssen, nachdem sie zugelassen und auf den Markt gebracht sind, zwar zunächst weiterhin von den gesetzlichen Kassen zum vom Hersteller festgelegten Preis bezahlt werden. Doch dann muss zügig ein Zusatznutzen belegt werden, soll das Präparat nicht mit vergleichbaren Arzneimitteln in eine Festbetragsgruppe eingeordnet werden. Die Beteiligten auf beiden Seiten haben ihre Zweifel, ob das Verfahren reibungslos ablaufen wird.

Zulassung belegt Nutzen

Bereits zur Markteinführung muss der pharmazeutische Hersteller den Zusatznutzen des Arzneimittels mittels eines beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) einzureichenden Dossiers nachweisen. Dass das Präparat überhaupt einen Nutzen hat, sei bereits durch die Zulassung belegt, meint der Gesetzgeber. G-BA-Chef Dr. Rainer Hess hält diese Einschätzung für "mutig" – schließlich lägen zu diesem Zeitpunkt oft nur Studien mit Surrogatparametern vor. In diesen Fällen müssten Hersteller verpflichtet werden, zu einem späteren Zeitpunkt Unterlagen für die Nutzenbewertung vorzulegen, so Hess.

Will der Hersteller nun aber den Zusatznutzen nachweisen, so prüft der G-BA die eingereichten Nachweise und entscheidet anhand einer von ihm selbst durchgeführten oder beauftragten Nutzenbewertung innerhalb von drei Monaten, ob und in welchem Umfang ein Zusatznutzen gegeben ist. Bei Arzneimitteln mit Zusatznutzen muss sodann innerhalb von sechs Monaten in Verhandlungen zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem pharmazeutischen Hersteller auf Basis der Nutzenbewertung ein Erstattungsbetrag als Rabatt auf den Abgabepreis des Herstellers ausgehandelt werden. Kommt eine Vereinbarung nicht innerhalb dieses Zeitraumes zustande, setzt eine Schiedsstelle den Vertragsinhalt innerhalb von drei Monaten fest.

Dossiers werden zudem erforderlich bei Arzneimitteln mit bekannten Wirkstoffen aber neuen Anwendungsgebieten, ebenso bei Medikamenten gegen seltene Erkrankungen – wenngleich hier der Zusatznutzen nicht gesondert belegt werden muss (jedenfalls so lange diese sog. "Orphan Drugs" keinen höheren Umsatz als 50 Mio. Euro im Jahr erzielen). Bei den forschenden Arzneimittelherstellern sieht man nicht zuletzt angesichts der ambitionierten Fristen, viel Arbeit auf sich zu kommen. Überschlägig schätzt man beim vfa, dass im kommenden Jahr rund 100 Dossiers erstellt werden müssen. Dennoch will man sich den neuen Ansätzen nicht verschließen: "Wir wollen keine langwierigen Methodendebatten mehr", sagt vfa-Hauptgeschäftsführerin Cornelia Yzer. "Wir machen das jetzt – das heißt nicht, dass es unproblematisch wird". Nötig seien klare Kriterien und Vorgaben sowie Rechtssicherheit.

Rechtsverordnung wird die Weichen stellen

Nun wird der vfa erst einmal aufmerksam die weitere Entwicklung der Rechtsverordnung zur Nutzenbewertung verfolgen – hierin würden die grundlegenden Weichen gestellt, betonte Yzer. Am 25. November wird im Bundesgesundheitsministerium eine Anhörung zum vorliegenden Entwurf (siehe DAZ 2010, Nr. 45, S. 33) stattfinden. Einige entscheidende "Strickfehler" hat der vfa bereits ausgemacht: Insbesondere sei die Definition des Nutzens zu eng gefasst, moniert Yzer. Hier ist nur vom "patientenrelevanten therapeutischen Effekt" die Rede. So bleibe beispielsweise die Perspektive der verschiedenen Sozialversicherungssysteme außen vor, ebenso Fehlzeiten am Arbeitsplatz, die Verringerung von Krankenhausaufenthalten oder sonstige Einsparungen von Ressourcen.

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