Management

Welche Kunden haben wir eigentlich?

So erhält der Apotheker Aufschluss über seine Kundenstruktur

Wird die Apotheke eher von Kunden aufgesucht, die traditionell denken? Oder handelt es sich um ein vorwiegend jüngeres Publikum, das auch empfänglich ist für alternative Angebote? Welche Kundenstruktur also weist die Apotheke auf? Apotheker, die diese Fragen beantworten, sind in der Lage, ihr Beratungsverhalten und das aktive Verkaufen im Frei- und Sichtwahlbereich zu verbessern.

Strukturanalyse Wer seine Kunden kennt – ob eher älter oder jünger – weiß, welches Sortiment ankommt. Kundenwünsche lassen sich auch über Fragebogenaktionen ermitteln.
Foto: AZ/ekr

Wahrscheinlich können die meisten Apotheker einschätzen, mit welchen Kunden sie es in der Mehrzahl zu tun haben. Aber ob sie auch über verlässliche und aussagekräftige Daten verfügen?

Die Wahrnehmung des Kunden
ist entscheidend

Diese Frage stellt sich spätestens dann, wenn der Apotheker die Kundenorientierung erhöhen möchte. Nehmen wir an, er will mehr Zusatzverkäufe erreichen. Allein schon die Frage, welche Produkte er ins Sortiment aufnehmen soll, hängt davon ab, ob sein Publikum eher ein jüngeres oder ein älteres ist. Je detaillierter seine Kenntnisse zur Kundenstruktur, desto kundenbezogener kann er vorgehen. Wenn er weiß, dass – aufgrund des Viertels, in dem sich die Apotheke befindet – viele junge und fitnessbewusste Menschen seine Apotheke aufsuchen, wird er mit einem anderen Sortiment aufwarten als der Kollege, dessen Apotheke in der Nähe des Villenviertels liegt und vorwiegend von älteren Menschen aufgesucht wird.

Beide Apotheker können nun mit kreativen Ideen Kunden begeistern: Während der eine für sein "fittes" Publikum ein Trimm-Dich-Rad in der Apotheke aufbaut und so die Funktion und den Nutzen eines Pulsmessers demonstrieren kann, konzentriert sich der andere darauf, seine Apotheke etwa als "Gesundheitshaus für die Generation 60plus" zu positionieren.

Durch eine Befragung rückt automatisch die Wahrnehmung des Kunden in den Mittelpunkt. Apotheker und Team können noch so überzeugt sein von ihrer Beratungskompetenz und Servicequalität – wenn sich der Kunde nicht ausreichend beraten fühlt und den Service als nur befriedigend einstuft, droht Unzufriedenheit.

Die Erkenntnisse, die durch eine Befragung zutage gefördert werden, sind vielfältig. Dabei geht es nicht um die Bewertung der Qualität der pharmazeutischen Dienstleistung. Hier ist der Apotheker selbst die kompetenteste Beurteilungsinstanz, nicht der Kunde. Der Fokus richtet sich auf andere Themen.

Anonyme Befragungen führen zu aussagekräftigen Ergebnissen

Oftmals spielen die Freundlichkeit des Teams und des Apothekers eine Rolle. Weil dieser Aspekt nicht in den pharmazeutischen Bereich gehört, wird er von vielen Apotheken nicht hinreichend hinterfragt. Für die Kundenzufriedenheit jedoch ist es entscheidend, ob sich der Kunde gleich beim Betreten der Apotheke gut aufgehoben fühlt.

Darum ist zu empfehlen, die Befragungen anonym durchzuführen. Dann geben die Kunden meistens authentischere und ehrlichere Antworten. Wer gebeten wird, auf dem Fragebogen seinen Namen zu nennen, will nicht unbedingt mitteilen, dass ihn die Unfreundlichkeit der Mitarbeiterin nervt und er der Apotheke nur die Treue hält, weil man von der Kompetenz des Apothekers überzeugt ist – und sie "gleich um die Ecke" liegt und gut erreichbar ist.

Teilnahme an Befragung erleichtern

Der Fragebogen sollte vor Ort, also in den Räumlichkeiten der Apotheke ausgefüllt werden. Der Apotheker, der dem Kunden den Bogen mit der Bitte übergibt, ihn zu Hause in Ruhe auszufüllen und "beim nächsten Mal mitzubringen", wartet unter Umständen bis zum Sankt Nimmerleinstag auf die so wichtigen Informationen.

Das ist auch der Fall, wenn der Bogen zu ausführlich ausfällt. Ein Kunde ist selten motiviert, 20, 30 oder gar noch mehr Fragen zu beantworten. Es ist besser, fünf bis 15 prägnante Fragen zu formulieren, als einen Endlos-Fragebogen zu entwickeln, der zudem die Auswertung erschwert. Dem Kunden sollte es so leicht wie möglich gemacht werden, an der Befragung teilzunehmen.

Allerdings lohnt sich die Überlegung, wie sich das Engagement der Kunden erhöhen lässt, an der Befragung teilzunehmen. Hier wirkt eine kleine Verlosung oft Wunder.

Gute Fragen – gute Antworten

Welche Fragen sollten im Mittelpunkt stehen? Das will gut überlegt sein. Eher kontraproduktiv ist es, einen verdienten Mitarbeiter damit zu beauftragen, "sich ein paar Fragen zu überlegen". Die Erarbeitung des Bogens ist Teamsache – denn so fließen die Kundenerfahrungen des gesamten Teams in die Befragung ein. Und jeder Mitarbeiter kann Fragen zu den Bereichen vorschlagen, die ihn besonders interessieren, weil er glaubt, hier liege Verbesserungspotenzial brach.

Trotzdem: Bei Auswahl und Formulierung der Fragen kann eventuell professionelle und externe Hilfe hinzugezogen werden. Sinnvoll ist es, die Befragung einmal im Jahr oder alle anderthalb Jahre anzusetzen. Denn so kann der Apotheker auch Veränderungen in der Kundenstruktur feststellen und sofort reagieren, wenn er zum Beispiel analysiert, dass die Servicequalität besorgniserregend schlecht beurteilt wird. Wichtig ist dann die Fähigkeit, Querverbindungen zu erkennen: Vielleicht hat der Fortgang der Mitarbeiterin Schmitt damit zu tun, dass die Kunden bei der Freundlichkeit nicht mehr Bestnoten vergeben.

Die kontinuierliche Befragung hilft, Verbesserungen festzustellen und so einen Beitrag zum Qualitätsmanagement zu leisten. Wenn nach einem Jahr intensiver Schulung des Teams in Sachen "Freundlichkeit" die Beurteilung in dieser Kategorie nicht mehr "verbesserungswürdig", sondern "gut" lautet, waren die Fortbildungsmaßnahmen, die der Apotheker in Gang gesetzt hat, von Erfolg gekrönt.

Kriterium für die Festlegung der Fragen können die Apothekenziele sein: Der Apotheker überprüft seine Zielsetzungen und leitet daraus die Fragen ab, deren Antworten für ihn von Interesse sind.

Und wer die grundsätzlichen Kundenerwartungen einschätzen will, um sich vielleicht in eine bestimmte Richtung zu entwickeln oder ein bestimmtes Image aufzubauen, kann den Kunden die entsprechenden Fragen stellen.

Der Befragung Taten folgen lassen

Oft glauben Apotheker, mit dem Fragebogen sei die Arbeit erledigt. Nein, selbstverständlich nicht. Denn nach der Auswertung müssen Handlungsschlüsse aus den Ergebnissen abgeleitet werden. Danach geht es in die Umsetzung: Welche konkreten Maßnahmen helfen, in den Bereichen, in denen Kundenunzufriedenheit besteht, zu Verbesserungen zu gelangen?

Es nutzt wenig, wenn das Erscheinungsbild der Apotheke schlechte Noten erhält, dann aber keine Renovierungsmaßnahmen ergriffen werden. Oder wenn nun feststeht, dass der Kunde über die Öffnungszeiten schimpft, der Apotheker aber keinen Veränderungsbedarf sieht.

Kundenbefragungen sollten nicht nur unter dem Leitmotiv der Schwächen-Analyse gesehen werden. Sicherlich – sie bieten exakte Hinweise auf Verbesserungsbereiche. Sie zeigen aber überdies, welche Apothekenleistungen vom Kunden sehr gut aufgenommen werden. Und das sind diejenigen Bereiche, in denen es sich lohnt, noch stärker zu werden, um die Kundenbindung zu erhöhen und neue Kunden zu gewinnen.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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