Recht

Reisereklamationen: Wer die "Regeln" einhält, gewinnt

Bei wesentlichen Mängeln Reisepreis zurück – plus "Schmerzensgeld"

(bü). Vorfreude ist die schönste, sagt der Volksmund. Die eigentliche Freude kann aber so mager ausfallen, dass sie in Ärger ausartet. Beispielsweise wenn der Urlaub statt Erholung oder der erwarteten Erlebnisse Aufregung und Pannen auf der Menükarte hatte.

Hier hat im Laufe der Jahre eine immer selbstbewusster auftretende Riege von Reisenden für Entscheidungen der Gerichte gesorgt, die zumindest im Nachhinein Genugtuung gebracht haben. Die aufgestellten Regeln können zwar nicht auf jeden Einzelfall übertragen werden. Sie bilden aber nützliche Anhaltspunkte für eigene Ansprüche. Denn: Hat eine Reise "wesentliche Mängel", so ist der Veranstalter schadenersatzpflichtig.

Die Reisenden müssen sich allerdings an Spielregeln halten, um nicht aus formalen Gründen abgewiesen zu werden.

So ist es unerlässlich, Reklamationen am "Ort des Geschehens" vorzubringen: gegenüber der Reiseleitung. Dies ist schon deshalb angebracht, weil nur so die Chance besteht, Beanstandungen aufzugreifen und die Probleme zu lösen, etwa wenn der zugesagte "Meerblick" sich allenfalls mit verrenktem Hals erhaschen lässt.

Und es empfiehlt sich, die Beanstandungen bei der Reiseleitung nicht nur "vorzubringen", sondern auf Abhilfe zu drängen oder sich, falls das nicht möglich sein sollte, zumindest eine Bestätigung für den Mangel geben zu lassen. Diese Bestätigung ist spätestens bei der Rückkehr wichtig, wenn es darum geht, den Reiseveranstalter nachträglich zur Kasse zu bitten. Und dafür kann es nützlich sein, Zeugen benennen zu können und Fotos parat zu haben, die das Bemängelte dokumentieren.

Der zweite Schritt muss spätestens einen Monat nach der Rückkehr folgen: Die Ansprüche müssen gegenüber dem Reiseveranstalter schriftlich geltend gemacht werden. Dabei genügt es nicht, seinem Ärger Luft zu machen. Es müssen schon Ross und Reiter genannt – und die dafür gewünschte Reisepreisminderung angegeben werden. Das Reisebüro ist im Regelfall dabei behilflich.

Der Reiseveranstalter ist nach dem Gesetz "verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist", so die Gesetzesfassung. Ist die Reiseleitung einer Aufforderung, für Abhilfe zu sorgen – beispielsweise ein Hotel der gebuchten Kategorie oder die angekündigte Zimmerqualität zu beschaffen – nicht in angemessener Frist nachgekommen, so kann der Reisende sich selbst darum kümmern und den Zusatzaufwand vom Veranstalter ersetzt verlangen.

In besonders schweren Fällen, etwa einem völlig überfüllten Hotel und der Zumutung, mit vier Personen ein kleines Zimmer teilen zu müssen, kann die Reise auch vorzeitig abgebrochen werden. Auch hier ist es aber auf jeden Fall ratsam, sich die Mängel vom Reiseleiter "offiziell" bestätigen zu lassen. Ein Schrieb des Hotelbesitzers reicht dafür nicht aus.

Statt der "Abhilfe" kann der Reisende – dies liegt in seinem Belieben – auch nachträglich eine Minderung des Reisepreises verlangen. Das heißt: Er nimmt die Unzulänglichkeiten hin (die er dennoch bei der Reiseleitung reklamieren muss), besteht aber nicht darauf, dass sie behoben werden – beziehungsweise er nimmt zur Kenntnis, dass im Augenblick nichts zu ändern ist. Nach der Rückkehr verlangt er eine Reisepreisminderung.

"Minderung" heißt Herabsetzung des Reisepreises. Da aber die Rechnung schon vorher beglichen wurde, kann der Kunde eine Rückzahlung verlangen. Dies geschieht im "zweiten Schritt" nach der Rückkehr. Im Brief an den Reiseveranstalter werden die Beanstandungen noch einmal aufgelistet (siehe oben).

Neben der Minderung, also dem Schadenersatz, kann der Reisende Entschädigung für "vertanen Urlaub" geltend machen, wenn das Ziel des Urlaubs (oder auch nur ein Teil dieses Ziels, etwa ein Tauchkurs, der ausgefallen ist) nicht erreicht wurde. Das heißt: Der Urlauber kann in solchen Fällen einen Teil des Reisepreises und außerdem Geld dafür verlangen, dass er Zeit dafür aufgewandt hat, die er an sich anders nutzen wollte. Das gilt allerdings nach Auffassung vieler Gerichte nur dann, wenn die Urlaubsreise insgesamt mindestens zu 50 Prozent "mangelhaft" war. Das Landgericht Duisburg hat jedoch schon Mängel von insgesamt 25 Prozent als "erheblich" angesehen, die bar zu entschädigen seien. (Az.: 12 S 89/05)

Dass die Berechnung solcher Entschädigungsansprüche (oft mit "Schmerzensgeld" bezeichnet) überaus kompliziert ist, versteht sich, da jeweils darauf abgestellt werden muss, ob beispielsweise ein Urlaub auf dem heimischen "Balkonien" nicht auch Erholungswert gehabt hätte. Andererseits können auch Nichterwerbstätige, also Schüler, Hausfrauen und Rentner, solche Ansprüche geltend machen, kleine Kinder aber kaum einmal.

Spätestens müssen die Ansprüche zwei Jahre nach der Rückkehr aus dem Urlaub per Klage geltend gemacht worden sein, falls sich der Reiseveranstalter bis dahin noch nicht dazu hat durchringen können, den Wünschen seines Kunden nachzukommen. Wer später vor Gericht zieht, dem kann "Verjährung" entgegengehalten werden. Allerdings: Die Zwei-Jahres-Frist ist von den Reiseveranstaltern – gesetzlich erlaubt – im Regelfall auf ein Jahr reduziert worden.

Zur Höhe solcher Zahlungen haben die Gerichte die unterschiedlichsten Theorien aufgestellt, die vom Ersatz des auf die Urlaubszeit entfallenden Nettoeinkommens (bei Nichterwerbstätigen: Höhe des Reisepreises) über die Anlehnung an den Reisepreis bis zu einer Pauschale von bis zu 65 Euro pro Tag reichen. Anwälte kennen die Gepflogenheiten der örtlichen Gerichte.

Eine Orientierung hinsichtlich der Beträge, die vom Reisepreis zurückverlangt werden können, bietet die "Frankfurter Tabelle", nach der sich viele Gerichte richten, wenn sie über Reisepreisminderungen zu entscheiden haben. Reisebüros haben die komplette Liste, die aber auch im Internet eingesehen werden kann.

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