Gesundheitspolitik

Herstellerrabatt wieder auf der Tagesordnung

Rechnungskürzungen drohen

BERLIN (tmb). Nach einigen Wochen Pause ist das Thema Herstellerrabatt wieder aktuell und könnte zu einer neuen finanziellen Belastung für die Apotheken werden. Die jüngsten Verhandlungen zwischen Krankenkassen und Industrie waren offenbar durchaus erfolgreich, denn die Liste der betroffenen Hersteller und Präparate ist deutlich kleiner geworden, aber vollständig gelöst ist das Problem damit nicht.

Der Streit währt bereits seit Jahren. Hintergrund ist der gestaffelte Herstellerrabatt gemäß § 130a Absätze 1 und 3b SGB V, der bisher sechs Prozent, aber zehn Prozent für patentfreie, wirkstoffgleiche Arzneimittel beträgt. Zu einigen Arzneimitteln vertreten Hersteller und Krankenkassen unterschiedliche Auffassungen, in welche Kategorie sie fallen. Für diese Präparate werden nur sechs Prozent Rabatt geleistet, die Krankenkassen fordern aber zehn Prozent. Nach jahrelangem Streit hatte der GKV-Spitzenverband im Mai eine Liste der nach seiner Auffassung säumigen Hersteller veröffentlicht. Außerdem hatte der Verband den Krankenkassen empfohlen, die Rechnungen der Apotheken um die strittigen Beträge zu kürzen, sodass diese sich mit den Herstellern auseinandersetzen müssten. Später schwenkte der GKV-Spitzenverband jedoch um und begann eine neue Verhandlungsrunde. Er empfahl den Kassen, bis zum 15. Juli "einmalig und unwiderruflich" die zunächst angeratenen Rechnungskürzungen auszusetzen.

Neue Liste

Dieses Datum ist nun verstrichen. Daraufhin veröffentlichte der GKV-Spitzenverband pünktlich am 16. Juli eine neue Liste mit den weiterhin strittigen Präparaten. In der Neuveröffentlichung sind 577 Produkte genannt, für die nach wie vor kein Einvernehmen über die Abschlagspflicht erzielt werden konnte. Sie stammen von 22 Herstellern, darunter Wörwag, Almirall Hermal, Baxter, Dolorgiet, Infectopharm und Pfizer. Ende Mai hatte man sich bereits unter anderem mit Novartis, Boehringer Ingelheim, Hexal, Kohlpharma und Emra-med einigen können. Weitere Einigungen mit den Herstellern sind auch jetzt noch möglich und im Interesse der Apotheker sehr zu erhoffen. Die Liste kann somit laufend weiter schrumpfen.

Wie geht es weiter?

Doch stellt sich die Frage, wie es bei den strittigen Artikeln weitergeht. Die Empfehlung des GKV-Spitzenverbandes an die Krankenkassen, die Apothekenrechnungen zu kürzen, steht wieder im Raum. Dies bleibt jedoch eine Entscheidung jeder einzelnen Krankenkasse. Über entsprechende Aktivitäten der Prüfzentren ist bisher nichts bekannt.

Falls Apotheken solche Kürzungen erhalten, könnten sie versuchen, ihre Forderungen gegen den Hersteller mit Unterstützung des Großhandels geltend zu machen. Denn gemäß § 130a Absatz 1 SGB V "sind pharmazeutische Unternehmer verpflichtet, den Abschlag den pharmazeutischen Großhändlern zu erstatten". Dies gilt allerdings gemäß § 130a Absatz 5 SGB V nur, wenn die Apotheke dies bis zum 31. Dezember 2003 mit dem Großhändler vereinbart hat, mit dem sie im ersten Halbjahr 2002 den größten Umsatz erzielt hatte.

Als letzte Option bliebe der Rechtsweg mit allen seinen Unwägbarkeiten und der zu erwartenden langen Prozessdauer. Da viele Apotheken und mehrere Hersteller in gleicher Weise betroffen wären, läge eine Musterklage einer Apotheke gegen einen Hersteller nahe. Letztlich würde dies für alle Beteiligten großen Aufwand bedeuten. Das größte Ärgernis aus Apothekersicht bleibt dabei aber die rechtliche Konstruktion, dass die Apotheker überhaupt für säumige Herstellerzahlungen in Anspruch genommen werden können. "Die Apotheker können nichts dafür," klagt Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, und doch würden sie mit Rechnungskürzungen bedroht.

Internet


Die Liste des GKV-Spitzenverbands vom 16. Juli 2010 finden Sie unter

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